Kirchfembach hört Flugzeuggeräusche, die keine sind

25.5.2017, 09:00 Uhr
Kirchfembach hört Flugzeuggeräusche, die keine sind

© Foto: Armin Leberzammer

"Hier wurde über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden." Reinhard Grasser kann sich jetzt noch echauffieren. Der 63-Jährige lebt mit seiner Familie in Sichtweite der Türme. Doch es ist weniger die Optik, an der er sich stößt, sondern die Geräuschkulisse.

Gerade jetzt, nach den ersten warmen Tagen des Jahres, beginnen Reinhard Grasser und seine Frau Annimarie zu spüren, was die neue Nachbarschaft bedeutet. "Je nach Windrichtung hört man die Räder wirklich manchmal massiv", erzählt er und blickt verdrossen aus dem Küchenfenster im ersten Stock seines Wohnhauses. Seine Erfahrungen kann er konkret beschreiben: "Es hört sich an wie ein Flugzeug. Dann schaut man nach oben, um zu sehen, wo es herkommt, aber da ist gar keines."

Sicherlich, einen Lärm wie ein durchstartender Airbus auf dem Rollfeld machen die Windräder nicht. Aber eben einen kontinuierlichen Ton, der an den Nerven zehrt. Den akustisch nicht wahrnehmbaren Infraschall könne er noch gar nicht abschätzen. Angeblich meide aber bereits das Wild den Bereich um die Anlagen. "Ich bin gespannt wie es im Sommer wird, wenn nachts die Fenster offen bleiben und man sich tagsüber auf die Terrasse setzen möchte", sagt Grasser, der sich natürlich bewusst ist, dass sich nun auf absehbare Zeit nichts mehr daran ändern lassen wird. Allerdings stößt dem Kirchfembacher nach wie vor die in seinen Augen mangelhafte Informationspolitik der Stadt Langenzenn auf. Entscheidendes hätten die Bürger lediglich über das städtische Mitteilungsblatt erfahren. "Die Planung fand doch ohne die Bürger statt", meint Grasser, der auch moniert, dass es keine Bürgerversammlung zu dem Thema gegeben habe.

Ein Vorwurf, den Langenzenns Bürgermeister Jürgen Habel ausdrücklich zurückweist. Auf Versammlungen in Kirchfembach in den Jahren 2013, 2015 und 2016 habe die Stadt wiederholt über die Pläne und deren Fortschritte bei der Umsetzung berichtet. Über ein Jahr vor dem Baubeginn 2016, also bevor der Stadtrat über die Änderung des Flächennutzungsplanes entschied und so bei Kirchfembach ein entsprechendes Sondergebiet auswies, "wurde von mir das Thema Windenergieanlagen angesprochen. Nachfragen dazu wurden keine gestellt", so Habel.

Die Ausweisung der Windenergiegebiete geschah laut dem Bürgermeister unter größtmöglicher Transparenz, ein großes in Laubendorf und ein kleines in Kirchfembach. "Auch um den Ortsteil Laubendorf herum wurden auf dem Gebiet der Stadt Langenzenn sechs Windkraftanlagen errichtet, vier weitere in nächster Nähe, Beschwerden sind dort ebenfalls nicht bekannt." Dies bestätigt auch Richard Brand, Geschäftsleiter bei der Stadt Langenzenn: "Beim Stadtbauamt sind meines Wissens seit der Inbetriebnahme keine Anfragen oder Beschwerden dazu eingegangen."

Wahrscheinlich haben sich die Anwohner mit den Umständen arrangiert. "Man hat sich in sein Schicksal gefügt", berichtet etwa Puschendorfs Bürgermeister Wolfgang Kistner. Die Nachbarkommune hatte sich im Genehmigungsverfahren einst vehement gegen die Anlagen unweit ihrer Gemeindegrenze ausgesprochen. Auch Kistner berichtet wie Grasser von Geräuschen, die einem vorbeifliegenden Flugzeug ähneln. Beschwerden seien aber auch im Puschendorfer Rathaus nicht mehr zu vernehmen, auch nicht über etwaigen Schattenwurf. Nun hofft er, dass nicht noch mehr Windräder rund um die Gemeinde gebaut werden. Je nach Standort könne man bereits jetzt gut 25 Anlagen sehen, die "nachts ein Rotlichtgewitter" erzeugen.

Dass die von der Staatsregierung erlassene 10h-Regelung, die einen Mindestabstand bei Windenergieanlagen vom 10-fachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden vorsieht, hier nicht zur Anwendung kam, können weder Kistner noch Grasser verstehen. "Jedes Gesetz hat offenbar eine Hintertür", schimpft der Kirchfembacher und fragt sich: "Was wiegt mehr? Die Interessen der Windlobby oder die Gesundheit der Bevölkerung?"

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