Klage für saubere Luft: Fürth traut Berechnungen nicht

2.10.2019, 21:46 Uhr
Klage für saubere Luft: Fürth traut Berechnungen nicht

© Foto: Horst Linke

Nun ist also auch Fürths dicke Luft ein Fall fürs Gericht: Wie zuvor schon bezogen auf viele andere Städte hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Klage gegen den Freistaat eingereicht, um im Fürther Stadtgebiet möglichst rasch die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid (NO2) durchzusetzen. Bundesweit ist die DUH bereits mit Blick auf 39 Kommunen juristisch aktiv, in Bayern hat sie schon für saubere Luft in München, Würzburg, Passau, Regensburg und, im Juni dieses Jahres, in Nürnberg geklagt.


Umwelthilfe-Klage ist die Folge inkonsequenter Politik


Dass die Stickstoffdioxid-Werte auch an einigen Stellen im Fürther Stadtgebiet problematisch sind, durfte man seit langem annehmen. Nur wie hoch sie genau sind, war bisher unklar.

Das Landesamt für Umwelt, das für die Überwachung der Luftreinheit im Freistaat zuständig ist, hat dem Wunsch der Stadt Fürth nach einer NO2-Messstation wiederholt eine Absage erteilt. Zur Begründung hieß es: Die Werte des Messgeräts in der Nürnberger Von-der-Tann-Straße ließen sich grob auf ähnliche – also vielbefahrene, dicht bebaute – Verkehrsadern in Fürth übertragen. Auf Bitten der Stadt aber führte das Landesamt 2018 Berechnungen für mehrere Straßenzüge durch. Das Ergebnis: In der Schwabacher Straße lag der NO2-Wert bei 46 Mikrogramm, in der Erlanger Straße gar bei 67 Mikrogramm – und damit deutlich über dem Grenzwert (40 Mikrogramm).

Radwegenetz wird stetig ausgebaut

Die Werte bilden nun die Grundlage für die Klage "für saubere Luft in Fürth" der Deutschen Umwelthilfe. Damit will man die Regierung von Mittelfranken dazu bringen, "Verantwortung zu übernehmen" und den sogenannten Luftreinhalteplan für den Großraum Nürnberg/Erlangen/Fürth so zu aktualisieren, dass er auch fürs Fürther Stadtgebiet Maßnahmen vorgibt, mit denen sich die Luft verbessern lässt. Die DUH fordert insbesondere ein Fahrverbot für bestimmte Diesel-Fahrzeuge.

Fürth hält dieses weiter nicht für nötig, wie Umweltamtsleiter Jürgen Tölk bestätigte. Man habe bereits einiges unternommen, um die NO2-Belastung zu reduzieren. So werde etwa das Radwegenetz stetig ausgebaut, bei Neuanschaffungen für den städtischen Fuhrpark wähle man Elektro- oder Hybridautos, im ÖPNV würden zunehmend Elektrobusse angeschafft. Und im Umweltamt wurde eine Stelle geschaffen, die sich ums Thema Luftreinheit kümmert.

Ministerium: Berechnungen sind keine Messungen

Zudem müssten die Berechnungen des Landesamts für Umwelt noch einmal überprüft werden, sagt Tölk. Man gehe davon aus, dass die Verkehrszahlen, die verwendet wurden, zu hoch angesetzt waren. Tölk verweist auf mobile Messungen, die die Deutsche Umwelthilfe selbst 2018 in Fürth durchgeführt hatte – danach wurde der NO2-Grenzwert in der Schwabacher Straße eingehalten. "Diese Diskrepanz wollen wir aufklären." Das Landesamt für Umwelt habe der Stadt bereits Messungen im Jahr 2020 zugesichert.

Auf Nachfrage dieser Zeitung heißt es dazu aus dem Bayerischen Umweltministerium: Die Berechnungen des Landesamts "können mit tatsächlichen Messungen nicht gleichgesetzt werden". Die Behörde werde deshalb in Fürth "sogenannte Passivsammler installieren, um tatsächliche Werte zu bekommen. Die Messwerte sollen anschließend veröffentlicht werden. Erst im Anschluss kann in Kooperation mit der Stadt Fürth über mögliche weitere Schritte entschieden werden." Umweltminister Thorsten Glauber (FW) wird mit den Worten zitiert: "Ich setze als Minister auf Messungen."

"Bürger werden im Dunkeln gelassen"

Unterdessen beklagt Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, dass der Freistaat die Bürger bezüglich der Luftreinheit "im Dunklen" lasse, relevante Daten "unter Verschluss" halte. Für Bürger und Organisationen sei es sehr schwer, an Messwerte oder Berechnungen aus Bayern zu gelangen, dabei seien die Bundesländer dazu verpflichtet, diese ans Umweltbundesamt weiterzugeben. Auch an die EU-Kommission übermittle der Freistaat die Werte nicht. Die DUH habe sich erst aufs Umweltinformationsgesetz berufen müssen, um Auskunft zu den Fürther NO2-Werten zu bekommen.

Zwar wurden die Berechnungen im Juli 2018 im Fürther Stadtrat durchaus öffentlich behandelt – doch der DUH sei es schlichtweg nicht möglich, sämtliche Unterlagen der Stadt- und Gemeinderäte im Land zu durchforsten, erklärt Resch.

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