Klinikum: Menschenwürde bis zum letzten Atemzug

8.11.2016, 21:00 Uhr
Klinikum: Menschenwürde bis zum letzten Atemzug

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Es sind lediglich acht Betten, und die Station arbeitet auch schon seit über einem Jahr, dennoch herrscht bei der Einweihungsfeier Hochbetrieb. Zahlreiche Gäste drängen sich im zweiten Stock der Frauenklinik. Gut so, finden die Redner, vom Oberbürgermeister bis zur Gesundheitsministerin. Das Sterben und der Tod dürften von der Gesellschaft nicht verdrängt oder gar tabuisiert werden. „Alles Leben ist endlich“, ruft Rathauschef Thomas Jung den geladenen Gästen ins Gedächtnis.

Die Palliativstation des Klinikums versorgt Menschen, die keine Chance auf Heilung haben, deren Lebensuhr abläuft. Um sie kümmert sich ein zwölfköpfiges Team aus Pflegern, Ärzten, Therapeuten und Seelsorgern. Es gibt vier Einzel- und zwei Doppelzimmer (für Besucher), ein Wohnzimmer, in dem Patienten und Angehörige Zeit verbringen können, sowie den „Raum der Stille“, ein Rückzugsort für vertrauliche Gespräche, aber auch für Gedenkfeiern.

„Es geht darum, Leid zu lindern“, sagt Oberarzt Ulf Prudlo über seine Arbeit. Darum, Schmerzen und Ängste zu nehmen, aber auch die Angehörigen zu begleiten. Josef Rauch, Teamleiter der Station ergänzt: „Wir können dem Leben nicht mehr Tage, aber den verbliebenen Tagen mehr Leben geben.“ Dazu gehört es immer wieder, Herzenswünsche zu erfüllen. Einem Berufsmusiker ermöglichte das Team ein letztes Konzert mit einem Akkordeon, ein Naturfreund konnte noch einmal seine Obstplantage besuchen, und ein sterbenskranker 79-Jähriger heiratete auf der Station seine zwei Jahre ältere Partnerin.

Palliative Arbeit wird am Klinikum schon seit einigen Jahren geleistet. Ulf Prudlo hat den Palliativ-Medizinischen Dienst – nicht zu verwechseln mit dem Fürther Palliativ-Care-Team, das sich ambulant um Sterbenskranke kümmert – aufgebaut. Seit 2011 gehört der Dienst offiziell zum Leistungsspektrum des Klinikums. Zunächst übernahm Prudlo die Aufgabe allein, ab 2013 unterstützte ihn eine Pflegerin. Das Ziel blieb immer eine eigene Station. Nachdem ein Bereich auf der zweiten Etage der Frauenklinik eigens dafür umgebaut worden war, nahm die Station im Juni 2015 den Betrieb auf. Seit Februar dieses Jahres ist sie im Bayerischen Krankenhausplan anerkannt.

Laut Gesundheitsministerin Melanie Huml gibt es im Freistaat nun 49 Palliativstationen an Krankenhäusern mit insgesamt 457 Betten. „Das Gebot der Menschlichkeit verlangt nach einem menschenwürdigen Leben von Anfang bis Ende“, sagt Huml. Sie will die Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen im Freistaat weiter ausbauen.

Am Fürther Klinikum soll die Palliativstation keine Insel sein, sagt Oberarzt Prudlo, sie soll ausstrahlen. Schon jetzt habe sie die „Sterbekultur“ im Haus nachhaltig verändert. Ärzte und Pfleger würden bewusster mit dem Thema umgehen. Gut so, findet Prudlo, denn: „Wir müssen den Tod als Teil des Lebens annehmen.“

Keine Kommentare