Kommt der Landwirt des Jahres aus Obermichelbach?

13.6.2021, 10:00 Uhr
Kommt der Landwirt des Jahres aus Obermichelbach?

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Der Ceres Award wird in zehn Sparten vergeben, in der Kategorie "Rinderhalter" steht der 37-jährige Landwirtschaftsmeister bei dem Wettbewerb, den die Fachzeitschrift Agrarheute jedes Jahr auslobt, in Konkurrenz mit nur zwei anderen Betrieben. Die Entscheidung soll voraussichtlich im Oktober fallen. Am 21. Juni schaut sich die Jury bei ihm am Hof um.

Der erste Eindruck trügt: Von der Straße am Pfannenfeld zwischen Ober- und Untermichelbach aus gesehen wirkt das landwirtschaftliche Anwesen von Familie Bauer fast wie ein Industriebetrieb. Hochsilos, Gärbehälter der Bioanlage und große Hallen versperren den Blick auf das Kernstück des Hofs: die 55 Milchkühe im offenen Laufstall.

Bauer hält seine Tiere auf Hackschnitzeln, das sieht zwar ziemlich dreckig aus, doch die Kühe fühlen sich pudelwohl auf der Holzstreu. "Wir haben keine Probleme mehr mit der Klauenpflege und die Milchleistung konnten wir bei gleicher Fütterung von 20 auf bis zu 28 Liter am Tag steigern."

Ein Plüschhase stand Pate

An einem der drei Hochsilos prangt großformatig das Logo des Betriebs: die rosa Kuh. Namensgeber war der Plüschhase von Tochter Louisa (6). Pate für die stilisierte Darstellung der Kuh stand das Foto eines Tiers im eigenen Stall. "Hofläden Müller, Huber oder Meier gibt es schon genug, da wollten wir uns absetzen", sagt Michael Bauer.

Kommt der Landwirt des Jahres aus Obermichelbach?

© Foto: Hans-Joachim Winckler

So bekannt wie die lila Milka-Kuh ist die rosa Kuh noch nicht, aber vielleicht klappt das ja noch, denn das Konzept des Ehepaars Bauer ist zukunftsträchtig, oder, neudeutsch gesagt: nachhaltig. "Wir denken und arbeiten in Kreisläufen", sagt Bauer. Der Mist der Tiere wandert in die Biogasanlage, die Gärreste landen als Dünger auf den Feldern. Strom und Abwärme der Biogasanlage befeuern die Molkerei. Darüber hinaus versorgen die Bauers 500 bis 600 Haushalte mit regenerativ erzeugtem Strom. Basis aller Betriebszweige sind die Kühe am Hof.

2015 stiegen die Bauers in den Markt der Direktvermarkter ein und setzten dabei auf Verkaufsautomaten. Uropa Johann kümmert sich am Hof ums "Milchhäusle", wie es Stefanie Bauer nennt: Dabei handelt es sich um einen Unterstand im Format eines ausgewachsenen Carports, in dem sieben Verkaufsautomaten stehen, Parkplätze für die Kundschaft finden sich direkt daneben.

Hier sind 24 Stunden am Tag die Produkte des Bauer-Hofs zu haben: Allen voran die Milch, aktuell zig verschiedene Sorten Eis, Jogurt, Eier, Wurst- und Fleischwaren und darüber hinaus noch Nudeln oder Müsli von anderen Anbietern. An vier weiteren Standorten in der Region, unter anderem an den Bahnhöfen von Fürth und Nürnberg, stehen Automaten der rosa Kuh.


Rosa Kuh im Höhenflug: Boom der Hofautomaten in Franken


Rohmilch darf, so ist es Gesetz, nur direkt an der Hofstätte des Erzeugers verkauft werden. "Um die Milch in der Fläche vertreiben zu dürfen, muss sie zumindest pasteurisiert sein", erklärt Stefanie Bauer. So keimte der Plan für die eigene Hofmolkerei. Jeder Liter Milch zählt, "da geht es wie in der kompletten Lebensmittelproduktion um Pfennigfuchserei", sagt ihr Gatte. Die Molkerei ging im Frühjahr 2020 an den Start. "Als andere Unternehmen mit dem ersten Corona-Lockdown in die Kurzarbeit gingen, haben wir Leute eingestellt", erinnert sich Michael Bauer.

Wertigkeit für alle

Darunter ein gelernter Drucker, der ein Händchen hat für die Maschinen im automatisierten Ablauf der Molkerei, oder eine Lebensmitteltechnikerin, die, so Stefanie Bauer, "jeden Cent wert ist: Denn die Milchverarbeitung ist hochsensibel". Zusätzlich beschäftigen die Bauers bis zu 14 Minijobber, die nicht nur den Mindestlohn bekämen. "Unser Betrieb soll für alle Beteiligten wertig sein", sagt Michael Bauer.

Was ihn etwas fuchst am Ceres Award, ist, dass er personenbezogen ist. Er sieht die Akteure am Hof als Team. Mittlerweile beschäftigen die Bauers sieben fest angestellte Mitarbeiter, trotzdem bezeichnet der Chef sein Unternehmen als Familienbetrieb. Seine Eltern Friedrich und Karin Bauer arbeiten mit, auch Uropa Johann werkelt mit seinen 90 Jahren beharrlich am Hof herum. Und als Beleg, dass vier Generationen zugange sind, präsentiert Bauer ein Video am Smartphone, das seinen dreijährigen Sohn Erik mit Haarnetz am Abfüllband zeigt, wo er eifrig die vollen Eisbecher in Kisten packt.

Seit Mai kommt kein Milchauto mehr vorbei, seitdem setzen die Bauers darauf, ihre komplette Milch – bis zu 1300 Liter am Tag – und die Produkte daraus selbst zu vermarkten. "Wir sind jetzt also vogelfrei", meint Stefanie Bauer schmunzelnd. Und ihr Mann ergänzt: "Das Wachstum beginnt da, wo die Komfortzone aufhört".

Potenzial dafür sieht er genug. Neben dem Verkauf über insgesamt 15 Automaten zählen Unternehmens-Kantinen, darunter die von Siemens und Puma, oder Großküchen karitativer Einrichtungen und Caterer zur Kundschaft. Der Absatz kann nach dem Ende der Pandemie nur besser werden, glauben die Bauers. Außerdem ist die Ausweitung der Produktpalette angepeilt. Künftig soll es von der rosa Kuh auch Käse geben.

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