Kritik am Wechselunterricht: "So fährt man die Schulen an die Wand!"

2.2.2021, 06:00 Uhr
Kritik am Wechselunterricht:

© Foto: Hans-Joachim Winckler

An vielen Schulen hat sich der Distanzunterricht gut eingespielt, gerade bei den älteren Jahrgängen. Lehrer halten über Lernplattformen, per Video, Telefon, WhatsApp und E-Mail Kontakt zu ihren Schützlingen, erklären Aufgaben, korrigieren Einträge in Arbeitsblättern und -heften. Man hätte den Distanzunterricht auch bei den Abschlussklassen gerne fortgesetzt. Hier eigne sich das Unterrichtsformat für die Prüfungsvorbereitung sehr gut, heißt es.


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Mit Kopfschütteln wurde deshalb die Anordnung des Kultusministeriums aufgenommen, dass die Abschlussklassen an Gymnasien, Fachober- (FOS) und Berufsoberschulen (BOS) sowie der beruflichen Schulen in dieser Woche wieder mit dem Wechselunterricht starten sollen. Manche Lehrer sprechen gar von einer "skandalösen Anweisung", die Schüler und Lehrer in den Präsenzunterricht zwingt, obwohl ein anderes Konzept ausgearbeitet war und funktioniert.

Die Q 12 des Oberasbacher Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums hat empört einen offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder und Kultusminister Michael Piazolo – inzwischen haben sich acht weitere Schulen damit solidarisiert; es gibt Medienanfragen und Instagram-Posts. Auch das Kollegium des Bonhoeffer-Gymnasiums hat sich mit einem Appell an die Staatsregierung gewandt. "Gerade häufen sich die Meldungen, dass die Mutationen des Coronavirus auch in Deutschland vermehrt auftreten", heißt es darin etwa. Die Regierung setze die Lehrerinnen und Lehrer nun einem erhöhten Ansteckungsrisiko aus.

Brief an das Gesundheitsamt

Am Fürther Hardenberg-Gymnasium ist die Stimmung ähnlich aufgewühlt. Laut Direktor Dietmar Jungkunz sehen es Eltern, Lehrer und Jugendliche mit Sorge, dass man die Schulen ausgerechnet jetzt teilweise öffnet. Am Wochenende gab es intensive Gespräche mit Schulleitern und dem Elternbeirat der Fürther Gymnasien. Sie mündeten in einen Brief ans Gesundheitsamt mit der Bitte, die Aufhebung des Distanzunterrichtes für Fürth in den Abschlussklassen für weitere 14 Tage auszusetzen, wie es ursprünglich geplant war.

Der Elternbeiratsvorsitzende des Hardenberg-Gymnasiums, Dr. Rainer Tischendorf, selbst Mediziner, verwies in dem Schreiben darauf, das man dann das Infektionsgeschehen weiter beobachten könne. Sollte man feststellen, dass man die Variante im Griff habe, stünde aus epidemiologischer, gesundheitspolitischer Sicht auch in Fürth nichts mehr gegen eine stufenweise Öffnung der Schulen.

"Besondere Gefährdungssituation"

Auf Grund der besonderen pandemischen Lage in Fürth mit nachgewiesenem Auftreten der mutierten Virusvariante sei eine besondere Gefährdungssituation gegeben. Vom Gesundheitsamt kam daraufhin der Hinweis, dass man angesichts fallender Infektionszahlen nicht selbst eine Entscheidung treffen könne, das Schreiben aber ans Gesundheitsministerium weiterleiten würde.

Verärgert ist Bürgermeister Markus Braun. "Wenn man die Schulen ohne Vorlauf mit immer neuen Anforderungen konfrontiert, fährt man sie an die Wand!"

Strategie statt Hauruck-Aktionen gefordert

Statt Hauruck-Aktionen brauche man einen kluge Gesamtstrategie, wie man die Einrichtungen wieder behutsam öffnen könne, wenn sich die Infektionslage beruhigt hat. Für eine ungute Entwicklung hält er es, wenn jetzt die Schulen selbst überlegen müssten, wie sie die neue Anordnung umsetzen, ob sie vollen Wechselunterricht anbieten, nur für kleine Gruppen oder zu bestimmten Zeiten. Braun: "Wie auch immer sie sich entscheiden, ich stehe hinter ihnen."

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