Kritik: Mäht die Stadt Fürth Grünstreifen zu oft?

8.6.2019, 10:00 Uhr
Kritik: Mäht die Stadt Fürth Grünstreifen zu oft?

© Wolfgang Händel

Die Natur befand sich im Winterschlaf, als sich im Februar herausstellte, welch eine breite Unterstützung das Volksbegehren für Artenvielfalt hat. Bis es draußen keimte, spross und blühte, bis es summte und brummte, vergingen Wochen und Monate. Viele Bürger, scheint es, schauten heuer bewusster hin – und suchten besorgt den Kontakt zur Stadt.

"Viele, viele Anrufe" erhielt das Grünflächenamt seit dem Beginn der Vegetationsperiode, sagt Biologe Klaus Schneider. Oft baten die Leute darum, ihre Lieblingsgrünfläche unangetastet zu lassen. Tenor: "Es blüht grad so schön, lasst das doch bitte stehen!" Doch so einfach ist das nicht.

Es müsse "jede Fläche individuell betrachtet und bewertet werden", lautet nun auch die Antwort der Behörde auf eine Anfrage der CSU im Bauausschuss. Die Fraktion wollte wissen, warum seit Mitte Mai schon wieder Grünflächen und Straßenbegleitgrün in Fürth gemäht würden.

Das Grünflächenamt, heißt es weiter, erarbeite bis Herbst ein Konzept zur Ansaat von Blühflächen, bei dem auch die Frage eine Rolle spielt, in welchem Umfang sich Mähvorgänge reduzieren lassen. Klar sei bereits: Es wird "nicht vorschlagen können, grundsätzlich alle Rasenflächen im Stadtgebiet nicht mehr zu mähen."

Schneider, zuständig für das Sachgebiet Stadtökologie, erklärte auf Nachfrage, sein Amt tue schon seit Mitte der 90er Jahre viel für eine möglichst umweltschonende Pflege. So setze es auf geeigneten größeren Flächen den Balkenmäher ein. Anders als ein Sichelmäher, dessen schnell rotierendes Messer Flora und Fauna "kurz und klein" schlägt, schneiden die sich gegeneinander bewegenden Messer des Balkenmähers ganze Halme ab. Insekten können davonfliegen, Samen ausfallen. Nur: In weiteren Arbeitsschritten und mit weiterem Gerät muss das Heu in Reihen gelegt und abtransportiert werden.

Schneider betont, bei der Suche nach Lösungen gelte es, eine Balance zu finden im Spagat zwischen Artenschutz und Wirtschaftlichkeit. Für das Konzept gehe es nun darum, "zu dokumentieren, was wir ohnehin schon tun", und auszuloten, wo Potenziale noch sinnvollerweise ausgeschöpft werden können.

Der große Mähplan

Bei der Frage, wie oft eine Stelle gemäht werden sollte, spielen viele Faktoren eine Rolle: Wetter, Bodenbeschaffenheit, Funktion, auch Fragen der Verkehrssicherheit. Um keine Menschenleben zu gefährden, so Schneider, seien im Straßenbegleitgrün Sichtachsen freizuhalten. Wo Leute achtlos ihren Müll in die Landschaft werfen wie am Waldmannsweiher, müsse man mähen, damit eine regelmäßige Reinigung möglich ist. Und auf Sportflächen wie dem Bolzplatz am Pappelsteig sei der Rasenmäher bis zu 50 Mal pro Jahr im Einsatz.

Fürths öffentliche Grünflächen werden zum Teil vom Tiefbauamt gepflegt und zum Teil vom Grünflächenamt, das allein 280 Hektar betreut. Dafür gibt es einen "großen Mähplan", ein Gärtnermeister koordiniert verschiedene Mähtrupps. Eine aufwendige Logistik, meint Schneider, die es der Stadt nicht erlaube, auf alle Bitten zu reagieren, die Kleinstflächen betreffen.

Trotzdem sei man nach dem Volksbegehren dabei, den Blick für das Machbare einmal mehr zu schärfen, versichert der Biologe. Man denke etwa darüber nach, ob es bei mancher Verkehrsinsel genügen würde, nur den Randstreifen zu mähen statt der gesamten Fläche und ob es beispielsweise sinnvoll wäre, die Böschungsbereiche im Südstadtpark in Blühstreifen zu verwandeln.

Die zu mähenden öffentlichen Flächen in Fürth sind Schneider zufolge viel größer als diejenigen, die als Blühwiesen und -streifen infrage kommen. Die Folge: In Fürth profitiere die Insektenwelt deutlich mehr von einer selteneren Mahd als von zusätzlichen Blühflächen. "Das sind eher optische Bonbons."

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