Kulturhof Langenzenn: Gasthof wird zur Bühne

11.2.2017, 10:00 Uhr
Kulturhof Langenzenn: Gasthof wird zur Bühne

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Zugegeben, es braucht Fantasie, viel Fantasie. Nicht nur wegen der Bretter und Dielen, die in der alten Scheune überall auf dem rohen Holzboden verteilt herumliegen. Oder wegen der Fensteröffnungen im Mauerwerk, denen die Rahmen fehlen und durch die der frostige Wind pfeift. Allerdings ist da der wunderbare Blick auf die Stadtkirche.

Und noch etwas ganz anderes,
das lässt sich auf jeden Fall vorhersagen, wird den Blick der Zuschauer fesseln, die hier einmal Platz nehmen sollen: eine imposante, elf Meter hohe Fachwerkfassade. Warum diese sich hier als Innenwand findet, ist durch den nachträglichen Anbau des
zweiten Gebäudes zu erklären. Ihr unterer, aus Sandstein bestehender Teil soll geöffnet und mit einem Stahlträger verstärkt werden — in den Durchbruch wird dann die Bühne gebaut.

Saal für 400 Besucher

Klaus Roscher hat alles längst vor Augen. Der Vorsitzende der Hans-Sachs-Spielgruppe bildet mit seinen Vereinsmitgliedern die treibende Kraft. Vor rund acht Jahren hat die Stadt den Gebäudekomplex um den einstigen Vierkanthof erworben. Ehemals fanden sich hier die Brauerei und das Gasthaus „Zum Schwanen“ sowie ein Flaschenabfüllbetrieb. Das Kino, die „Schwanen-Lichtspiele“ nicht zu vergessen. Dessen Saal bot 400 Besuchern Platz und wurde, wie es in einem Zeitungsbericht nach dem Umbau und der Eröffnung am 1. Oktober 1954 hieß, selbst „großstädtischen Ansprüchen gerecht“.

Aus, vorbei: Anfang der 1980er Jahre endete der Kinobetrieb, allerdings stellten Roscher und die Hans-Sachser hier ab 2010 ein Kulturprogramm auf die Beine. Egal, ob Filmabend, Konzerte oder Kabarett — die Besucher strömten. Doch Probleme mit der Statik und dem Dach setzten diesem Engagement ein Ende. Künstler finden jetzt noch in der jeweils am Freitag geöffneten Kulturhofkneipe, die die Theaterspieler in Eigenregie betreiben, ein Podium. Außerdem wird im Innenhof unter freiem Himmel Theater gespielt. Bis es so weit war, floss der Schweiß der freiwilligen Helfer in 4500 Arbeitsstunden. Anstrengungen, die sich lohnten. Der „Brandner Kaspar“, das Premierenstück, zog vor fünf Jahren über 8000 Zuschauer an. Den „Geisterbräu“ im vergangenen Jahr sahen rund 5000 Menschen.

Stolze Zahlen, die nicht nur den Theaterspielern Geld in die Kassen spülen: Für die Gastronomen, die Geschäfte und damit letztlich auch für die Stadt fällt auch einiges ab. Doch die Hans-Sachser agieren in einem einzigen großen Provisorium. Rücksicht gebietet auch die Nachbarschaft, vor 22 Uhr muss der Schlussapplaus verklingen, ab 22.30 Uhr Ruhe herrschen. Könnten die Stücke vor der Fachwerkwand im geschlossenen Raum mit Schallschutzfenstern über die Bühne gehen, sähe die Sache anders aus.

Einen Bauvorbescheid, der die vorgesehene Nutzung auf dem Areal als möglich bescheinigt, gibt es, eine Kostenberechnung für das Gesamt-Projekt noch nicht. In der Vergangenheit war immer wieder einmal von geschätzten 4,5 Millionen Euro die Rede. Eine stolze Summe, deshalb plant die Stadt in vier sogenannten Modulen, die zwar aufeinander abgestimmt sind, aber unabhängig voneinander umzusetzen wären.

In Eigenregie ausgeräumt

In den ersten Bauabschnitt würden auch die ehemaligen Stallungen auf der Ostseite des Hofes fallen. In Eigenleistung haben Mitglieder der Hans-Sachs-Gruppe sie ausgeräumt, Dachstuhl und Dach erneuert. In den beiden Scheunen auf der Südseite fänden sich auf drei Etagen: ein Foyer mit Theke, Toiletten, Verkaufsraum, zwei Treppenhäuser, Zuschauerraum und Bühne, Schminke und Garderoben.

Klaus Roscher, 3. Bürgermeister und SPD-Stadtrat, hofft, dass seine Kolleginnen und Kollegen im Gremium im Zuge der Haushaltsberatungen den Finger für das Vorhaben heben werden. Schließlich stünde der Kulturhof nicht nur den Theaterspielern, sondern auch allen anderen Langenzenner Vereinen und Institutionen offen. Beispielsweise hat die Volkshochschule schon vorgefühlt. Die Stadt würde, so beschreibt es Roscher, den Hans-Sachsern die Gebäude sozusagen als „Ausbauhaus“ hinstellen, dann wären Eigenleistungen gefragt.

Geld würde der Verein ebenfalls einbringen. 200 000 Euro hat man auf der hohen Kante, eine Summe, die eigentlich für die Naturbühne in Horbach vorgesehen ist.

Doch da kann noch niemand absehen, wann das Vorhaben umgesetzt wird. Klar ist: „Beides ist auf die Schnelle nicht zu realisieren“, weiß Roscher. „Wir müssen schauen, wo geht was? Derzeit werden die Kosten für Modul 1 des Kulturhofes kalkuliert. Roscher braucht genaue Summen, bis November muss er den Innenausbau beim Kulturfonds des Freistaates anmelden. Die Unterstützung von dort ist unter anderem an eine 25-jährige Bindungsfrist des Vorhabens für kulturelle Zwecke gebunden.

Architekt Hermann Keim und sein Büro, der in Fürth unter anderem das Lochner’sche Gartenhaus und das Stadttheater saniert hat, betreuen das Projekt Kulturhof. Der Handlungsrahmen sei aufgespannt, das Nutzungskonzept entwickelt, die Entwurfsplanung — abgestimmt mit Statik, Haustechnik, Schall- und Brandschutz — erledigt, so beschreibt er den Stand der Dinge. Jetzt harrt das Gesamtkonzept der schrittweisen Umsetzung.

Ein Planer könne sich viel ausdenken, aber „es lebt alles von den Menschen, die das ausfüllen“, sagt Hermann Keim. Allein seitens der Hans-Sachser stecke „viel Power dahinter“. Den Kulturhof sieht er als „Glücksfall für Langenzenn. Die Wahrscheinlichkeit, dass er einschlägt ist hoch“.

 

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