Kunst im Pinder Park: Der Kitt der Welt

1.10.2016, 18:07 Uhr
Kunst im Pinder Park: Der Kitt der Welt

© Foto: Hubert Bösl

ja, was denn? Wer Elizabeth Thallauers neue Ausstellungsschöpfung in Zirndorf betritt, ahnt wohl, dass ihre Antwort auf die Ursprungsfrage nicht „das Wort“ lautet. Stattdessen nimmt sie die Besucher mit auf eine scharfsinnige Suche, die einen hohen ästhetischen Reiz mit wissenschaftlichen Methoden verbindet. Eine Herangehensweise, die die Künstlerin so beschreibt: „Ich will nicht sagen, ich spiele Gott, aber ich visualisiere Gedanken.“

Dabei behält sie stets das große Ganze im Blick. Anders als bei der raumgreifenden Installation, mit der sie im Januar in der Fürther Badstraße acht gastierte, hat sie diesmal nicht eine große Arbeit mitgebracht, sondern mehrere sehr unterschiedliche. Trotzdem handelt es sich dabei nicht um einzelne, abgegrenzte Objekte. Vielmehr reihen sich nun Werke aneinander, die immer wieder neue Blickwinkel auf ihr großes Thema eröffnen.

Reizvolle Brücke

Elisabeth Thallauer, die im bulgarischen Sofia geboren wurde und unter anderem an der Nürnberger Kunstakademie bei Ulla Mayer und Ottmar Hörl studiert hat, entschied sich zunächst für die Geologie. „Ich hatte Lust auf ein naturwissenschaftliches Studium, ich liebe das“, sagt sie zu ihrem Werdegang. Ihre Arbeiten bauen jetzt eine reizvolle Brücke zwischen den zunächst so unterschiedlich anmutenden Fächern. Indem sie Versuchsanordnungen ersinnt, die eher an ein Labor als an ein Atelier erinnern, gelingt es ihr, ein Fundament für ihre Ideen zu bauen.

Dazu gehören etwa 28 schwarz eingefärbte, handtellergroße Holzquadrate, auf die sie Kaliumalaun aufgebracht hat. Kristalline Strukturen entfalteten sich, unkontrolliert und doch gebändigt aus sich heraus, weil das Material seinen eigenen Gesetzen folgt. Ein perfekter Auftritt für das ewige Spannungsfeld zwischen Chaos und Ordnung.

Magie der Zahlen

Halteanker in der unendlichen Weite, die ihre Fragestellung eröffnet, bieten ihr die Mathematik und Zahlenmystik. Kein Zufall also, wenn sie ausgerechnet 28 Holzquadrate vorlegt – die Zahl beschrieb schon Euklid als vollkommen. Die drei Kunststoffobjekte, die sie zu einem Triptychon gruppiert, lenken beinahe schon automatisch die Gedanken auf spirituelle Bahnen.

Mehrere mit Goldlettern beschriftete Granittafeln könnten weiter in diese Gefilde verweisen – wäre da nicht der hintergründige Humor, den Elizabeth Thallauer plötzlich aufblitzen lässt. „Hier liegt der Hund begraben“, ist auf dem Gestein zum Beispiel zu lesen. Oder die Frage: Muss es wirklich so weit kommen? Da werden weihevolle Fantasien abrupt ausgebremst und listig in Frage gestellt.

Ausgelatschte Pfade sind für die Künstlerin ohnehin nicht verlockend. Sie nimmt die Besucher ihrer Ausstellung ganz zwanglos mit auf eine Entdeckungstour ins Ungewisse. Nichts ist festgeschrieben, keine handliche Deutung vorgegeben. In ihrer durchaus rational betonten Vorgehensweise dürfen Gefühle Einfluss nehmen. Das große Element, das sie aus heller Malerfolie zusammengeschweißt hat, kann so als Sperre erscheinen, die abgrenzt, einschließt.

Oder verspricht dieses wolkige Teil nicht doch eher Schutz? Zwei konträre Seiten, die Elizabeth Thallauer wieder und wieder lustvoll auslotet, weil nichts in unserer Welt so sicher ist, wie der Widerspruch, den jede scheinbare Erkenntnis mit sich bringt.

„Genesis“ von Elizabeth Thallauer ist bis 4. November in der Galerie in der Ladenpassage im Pinderpark 5, Zirndorf, zu sehen. Geöffnet donnerstags und freitags 15 bis 18 Uhr. Am 4. Oktober, 19 Uhr, gibt es in der Galerie ein Gespräch mit der Künstlerin, das Robert Neupert und Gisela Hoffmann führen werden.

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