Kunst im Visier

6.11.2010, 19:00 Uhr
Kunst im Visier

© Hans-Joachim Winckler

„Ein Skandal“ wäre die Schließung in den Augen des im September abgetretenen Kulturreferenten Karl Scharinger. Elisabeth Reichert, die wegen der halbjährigen Wiederbesetzungssperre erst im März seine Nachfolge antritt, hält sich hingegen bedeckt. Das Sagen habe derzeit Jung als kommissarischer Kulturreferent und sie wolle ihm nicht hineinreden.

Fürth, so Scharinger, wäre die einzige Großstadt ohne kommunale Galerie. Er hoffe nur, dass sich Bürger und Künstler gegen das Sparvorhaben zur Wehr setzen. Auch Reichert setzt auf die Bürger: Wenn Einzelsponsoren, Künstler und Bürgeraktionen jährlich 100000 Euro für die Galerie zusammenbringen, werde niemand mehr über eine Schließung nachdenken.

160000 Euro beträgt der jährliche Zuschussbedarf für den Galeriebetrieb. Der Ausstellungsetat ist seit der Eröffnung vor acht Jahren bereits von 75000 auf 47000 Euro gekürzt worden. Für Ausstellungen im kommenden Jahr hat Galerieleiter Hans-Peter Miksch bereits 18000 Euro von Sponsoren an Land gezogen. Reicherts Vorstellung von 100000 Euro hält er jedoch für illusorisch.

Auf den Weg gebracht hatte die Kunstgalerie Jungs Vorgänger Wilhelm Wenning (CSU). Im ehemaligen Kreissparkassengebäude, das durch die Fusion von Kreis- und Stadtsparkasse frei geworden war, verfügt sie über 180 Quadratmeter und gilt damit als kleinste Großstadtgalerie. Jung (SPD) hatte sich im Wahlkampf für ein mit 2000 Quadratmeter deutlich größeres Quartier im ehemaligen Vereinsbankhaus an der Freiheit stark gemacht.

Dass es Miksch mit bescheidenen Mitteln geschafft hat, zeitgenössische Kunst auf engem Raum in einer Weise zu präsentieren, die weit über die Stadtgrenzen hinaus ausstrahlt, steht für alle mit der Kunstgalerie befassten Kräfte außer Frage. „Die Stadt kann es sich gar nicht leisten, solch einen Imagefaktor zu verlieren“, meint Künstlerin Inge Gutbrod, die vom 17. November bis 15. Dezember die Gesprächsreihe „Stichwort Kunst“ in der Galerie organisiert.

Dass ernsthaft daran gedacht ist, „einen der wenigen überregional ausstrahlenden Leuchttürme Fürths zu schließen“ erschüttert die neue Nürnberger Förderpreisträgerin Ursula Kreutz aus Fürth. Ihr geht es dabei auch um die Kunstpädagogik, für die sie selbst ein Jahr lang tätig war. „Kinder, die sonst nur vor dem Rechner hocken, blühen richtig auf“, weiß sie.

Einsparpotenziale sieht Kreutz bei Fürther Großveranstaltungen zur Massenunterhaltung: „Man bräuchte nur eine einzige einsparen, um das Geld für die Galerie wieder drin zu haben.“ Das falsche Signal wäre auch für Gutbrod die Schließung gerade jetzt, da sich die wirtschaftlichen Perspektiven wieder aufhellen. Galerieleiter Miksch ist verzweifelt: „Wir waren die letzte Großstadt, die keine eigene Galerie hatte, und sollen nun die erste sein, die sie wieder abschafft.“

Entgegen der ursprünglichen Planung wird OB Jung am Sonntag selbst zur Eröffnung des Galeriefestes um 13 Uhr an den Königsplatz kommen. Längst werden Unterschriften für den Erhalt der kommunalen Ausstellungsstätte gesammelt. Neben heißen Diskussionen wartet bei freiem Eintritt ein anregendes Programm mit Livemusik, Bildender Kunst, Kurzlesungen und Papiertheater auf die Besucher. Dazu gehört die Begegnung mit namhaften Künstlern wie Oliver Boberg und Hanns Herpich.