Kunstfrevel bleibt ohne Folgen

1.4.2011, 09:00 Uhr
Kunstfrevel bleibt ohne Folgen

© Mark Johnston

Die Empörung war groß, als im Sommer vergangenen Jahres an die Öffentlichkeit drang, dass wertvolle Stuckmedaillons von den Wänden des Festsaals im Park-Hotel geschlagen worden waren (wir berichteten). Der Saal – vor vielen Jahrzehnten die beste Adresse in Fürth – steht wie das gesamte Rückgebäude des Park-Hotels unter Denkmalschutz. Das an die Moststraße angrenzende Haus mit Sandsteinfassade stammt aus dem Jahr 1888.

Fürths Rechtsreferent Christoph Maier sprach von einer „Riesensauerei“. Oberbürgermeister Thomas Jung forderte die „Höchststrafe“, die bei Verstößen gegen den Denkmalschutz verhängt werden kann: ein Bußgeld von 250000 Euro. Im Zentrum der Ermittlungen stand ein Mitglied der Eigentümergemeinschaft des Hotels, der vor Ort im Management arbeitete. Schnell kursierte die Vermutung, er habe den Stuck abschlagen lassen, um das Gebäude ohne den „Ballast“ des Denkmalschutzes besser abstoßen zu können. Zur Erinnerung: Einige Monate zuvor war der fast sichere Verkauf des Park-Hotels an den Investor Sonae Sierra geplatzt.

Von nichts gewusst

Wie ebenfalls berichtet, gehört das Hotel inzwischen der Stadt, die nun selbst links und rechts der Breitscheidstraße einen neuen Einkaufsschwerpunkt entwickeln will. Den Verdacht, die Kommune habe das Gebäude günstiger erhalten, um im Gegenzug die früheren Eigentümer ungeschoren zu lassen, hatte Rathauschef Jung bereits im Oktober zurückgewiesen: „Verkauf und Bußgeld sind völlig unabhängig zu sehen.“

Der Beschuldigte äußerte sich übrigens erst vor wenigen Wochen zu dem Vorwurf. Über seinen Anwalt ließ er die Stadt wissen, er habe mit der Tat nichts zu tun. Er sei auch nicht Alleineigentümer und daher nicht ermächtigt, das Abschlagen der Medaillons zu veranlassen. Zudem gab er an, nicht gewusst zu haben, dass der Festsaal mit samt der Stuckdekoration unter Denkmalschutz steht.

Wie die Fürther Nachrichten auf Nachfrage erfuhren, hat die Stadt die Ermittlungen jetzt eingestellt. „Wir konnten den Tatnachweis nicht führen“, sagt Maier. Es mangele an Zeugen. Lediglich zwei Männer sagten gegenüber der Behörde aus; einer von ihnen war ein früherer Nachtportier. Er will bemerkt haben, wie mehrere Tüten – der abgeschlagene Stuck? – aus dem Hotel getragen wurden. Das Problem laut Maier: „Beide Zeugen haben die eigentliche Tat nicht gesehen.“

Erschwerend kommt ihm zufolge hinzu, dass sie teils widersprüchliche Angaben machten, auch was den Tatzeitpunkt betrifft. Zu wenig belastbar sei das alles, um irgendwen zu überführen. „Wir haben den rauchenden Colt nicht gefunden“, räumt der Rechtsreferent ein – aber das wäre notwendig gewesen. Denn egal wie dringend ein Verdacht auch ist, so Maier: Vor Gericht habe ein Bußgeldbescheid nur Bestand, wenn die Tat „gesichert nachgewiesen“ wurde. „Ich bedauere, dass uns das nicht gelungen ist“, sagt er, „denn hier handelt es sich um ein besonderes Stück Dreistigkeit.“

Zukunft des Saals ungewiss

Dieser Meinung ist auch Stadtheimatpfleger Alexander Mayer. Nach seinen Worten kommt es in Fürth viel zu oft vor, dass Eigentümer mit der Beseitigung von denkmalgeschützter Substanz vollendete Tatsachen schaffen und sich hinterher irgendwie herausreden. In Sachen Park-Hotel, findet Mayer, hätte die Stadt ein Bußgeld verhängen und es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen sollen. Denn: „Für mich als Laien ist klar, wer für den Schaden verantwortlich ist“, sagt er, „aber die Juristen sehen das anders.“

Was nun aus dem Festsaal wird, ist ungewiss. Als der Stuck noch an den Wänden war, hatte Sonae Sierra vor, den Raum zum gastronomischen Zentrum seines geplanten Shopping-Centers Neue Mitte zu machen. Nach dem Rückzug der Portugiesen buhlen nun neue Investoren bei der Stadt um den Zuschlag für den Bau des Einkaufszentrums. Aus dem Bauamt heißt es, man müsse deren Pläne abwarten. Zwar wurde den Unternehmen nicht ausdrücklich zur Auflage gemacht, den Saal zu erhalten, aber sehr wohl „generell den Denkmalschutz zu beachten“, wie Baureferent Joachim Krauße sagt.

Stadtheimatpfleger Mayer will nach eigenen Worten darauf pochen, dass der Saal nicht abgerissen wird. „Er ist auch ohne die Medaillons wertvoll“, betont er. Einer Wiederherstellung der Stuckverzierungen stehen aber sowohl Mayer als auch Krauße kritisch gegenüber. Eine Reparatur sei nicht mehr möglich und eine „reine Rekonstruktion“, so Krauße, „ist immer problematisch“. Auch der Baureferent bedauert, dass es nicht gelungen ist, „des Täters habhaft zu werden“.

Ändern könnte sich das nur, wenn doch noch ein Zeuge auftaucht. Laut Christoph Maier ruhen die Ermittlungen lediglich. Die Tat verjährt erst nach fünf Jahren.

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