Familienbetriebe

Landwirtschaft hat in Fürth Zukunft

19.1.2020, 16:00 Uhr
Landwirtschaft hat in Fürth Zukunft

© Dominik Mayer

Wohn- und Gewerbeflächen wachsen, ebenso in Teilen der Stadtwald und ökologische Ausgleichsflächen. Weil aber das Fürther Stadtgebiet als Ganzes nicht größer wird, gibt es einen großen Verlierer der vergangenen Boomjahre: die Landwirte. Einige Familienbetriebe aus Vach und Stadeln wollen trotzdem weitermachen – die nächste Generation steht schon in den Startlöchern.

Dabei haben die wenigen verbliebenen Fürther Vollerwerbslandwirte nicht nur mit schwindenden Ackerflächen zu kämpfen. Wie ihre Kollegen andernorts beklagen sie die in ihren Augen überbordende Bürokratie und manchmal wenig einsichtige Nachbarn.

Anita Rotter etwa, Fleisch- und Gemüsebäuerin aus Ritzmannshof, weiß von Erntetagen zu berichten, an denen Anwohner ganz bewusst ihre Autos vor den Wohnhäusern parken, quasi als Schikanen auf vier Rädern. "Wir müssen dann jedes Mal Slalom fahren, um vom Hof zu den Feldern zu kommen", sagt sie. Obwohl diese Fahrten sich nur an bestimmten Tagen häufen, sei das für manche Anwohner wohl schon nicht mehr zu ertragen.

"Dabei würde es ohne uns doch nichts mehr zu essen geben", springt ihr Claudia Lohbauer aus Stadeln zur Seite, "letztlich ist ja alles, was es im Supermarkt gibt, irgendwann von einem Bauern hergestellt worden." Die Lohbauers selbst sind in ihrem Stadtteil die letzten Landwirte, von einst Dutzenden. Als ein über 250 Jahre bestehender Familienbetrieb haben sie sich auf Milch und Gemüse spezialisiert, seit 2016 auch mit eigener Milchtankstelle und regionalen Produkten zum Selbstbedienen für die Kunden.

Wie ihre Kollegen sieht Claudia Lohbauer nicht nur die Bedeutung der Landwirtschaft für die Ernährung der Bevölkerung gering geschätzt. Auch ihren Beitrag zum Naturschutz würden viele nicht erkennen – im Gegenteil, als "Landschaftsvergifter" würde man mitunter beschimpft. Dabei finden auf den Fürther Bauernhöfen neben Rind, Schwein oder Schaf auch selten gewordene Wildtiere eine Heimat. "Bei uns gibt’s 42 Schwalbennester und alle sind besetzt", erzählt Lohbauer.

Bei Rotters in Ritzmannshof gehen mehrere Schleiereulenpärchen auf die Jagd nach Mäusen und Ratten – was dann allerdings gleich das nächste Problem mit sich bringe: "Schadnagerbekämpfungsplan" heißt das bürokratische Ungetüm mit Namen und erfordert von den Landwirten neben der Dokumentation aller Maßnahmen wohl auch den Einsatz von Gift. "Das kann dann natürlich für die Eulen gefährlich werden", befürchtet Anita Rotter.

Der Landkreis macht das besser

Und dann gibt es noch eine andere Bürokratie, über die sie sich ärgert. "Jedes Mal, wenn wir etwas an- oder umbauen wollen, warten wir mindestens ein Jahr auf eine Baugenehmigung." Das falle ihr besonders auf, weil es jenseits der Stadtgrenze, im Landkreis Fürth, um einiges schneller funktioniere. "Länger als sechs Monate darf so etwas eigentlich nicht dauern", findet auch Oberbürgermeister Thomas Jung, der sich auf dem Aussiedlerhof der Familie Heinz oberhalb von Vach zum Erfahrungsaustausch mit den Frauen trifft. Auch wenn nicht alle so lange auf den Bescheid vom Amt warten müssen, wolle er sich künftig als Mittler über den kurzen Dienstweg für sie einsetzen. Lobbyarbeit – auch im Lokalen – hat in Wahlkampfzeiten eben noch immer die größten Erfolgsaussichten.

Johanna Wüst, als einzige Vertreterin der kommenden Generation zu dem Treffen gestoßen, will sich aber nicht nur auf die Politik verlassen. "Wir müssen noch mehr mit den Konsumenten ins Gespräch kommen und zeigen, dass wir für Transparenz stehen", meint die Tochter aus dem Vacher Schäfereibetrieb, "denn gerade, was Tierwohl, Lebensmittelsicherheit und Nachverfolgbarkeit betrifft, haben wir in Deutschland ein sehr hohes Niveau."

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