Langenzenn: Sind Politikern alle Hände gebunden?

15.11.2020, 21:00 Uhr
Langenzenn: Sind Politikern alle Hände gebunden?

© Foto: Thomas Scherer

Zwar hat eine breite Mehrheit im Rathaus den Großprojekten das sogenannte gemeindliche Einvernehmen versagt. Doch die Entscheidung fällen das Landratsamt – oder später die Gerichte.

Allerdings stellte der Stadtrat sich hinter einen Antrag von Birgit Osswald (CSU), in dem sie ihre Ablehnung bekräftigte und die Bitte an die Investoren aus dem Knoblauchsland formulierte, von den heftig umstrittenen Vorhaben abzusehen. Einstimmig beschlossen die Politiker auch den Osswald-Vorstoß, dass künftig bei jedem Gespräch mit den Gewächshaus-Antragstellern und bei jedem Jour fixe im Rathaus zu diesem Thema ein Mitglied jeder Stadtratsfraktion teilnehmen soll.

Nicht ins Internet

Die rote Karte zeigte die Stadtverwaltung bei einem weiteren Antrag: Nicht zulässig sei es, alle Bauunterlagen im Ratsinformationssystem im Internet einzustellen, wie es Michael Gawehn (Bündnisgrüne) und Alfred Jäger (Freie Wähler) forderten. Die Begründung: Der Bauherr lehne die Einwilligung zum jetzigen Zeitpunkt aus Datenschutzgründen ab.

Gawehn bezweifelte indes, dass ein Gesetz dem Bauherrn diese Weigerung gestattet. Und Birgit Osswald berief sich auf einen Datenschutzbeauftragten, der ausgesagt habe, die Freigabe der Unterlagen liege doch im Ermessen des Bürgermeisters.


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Ansonsten wurde den Stadträten ein weiteres Mal klar, dass sie beim Ja oder Nein zu den zehn Hektar Ackerland fressenden Glasbauten kaum über rechtliche Handhabe verfügen. Landschaftsplaner Bernhard Walk vom eingeschalteten Büro Grosser-Seeger machte deutlich, dass auch die Ausweisung von sogenannten Konzentrationsflächen ein "privilegiertes Bauvorhaben" wie einen Gartenbaubetrieb nicht verhindern könne.

Zwar gilt ein solches Großprojekt schon ab einem Hektar Landverbrauch als großflächig und der Boden als versiegelt, zwar kostet es Tieren den Lebensraum, bildet eine Barriere für Tiere und eine Todesfalle für Vögel und hauptsächlich verändert es das Landschaftsbild erheblich, denn der Hangrücken am Dillenberg sei prägend.

Keine negative Planung

Doch in Feuchtwangen zum Beispiel habe einer der Treibhaus-Bauern sogar große Erholung spendende Waldflächen für ein solches Projekt roden dürfen, warnte Walk. Auf keinen Fall dürfe die Stadt durch eine negative Planung einen Bau aktiv verhindern.

Angesichts der Kosten allein für ein Modellgutachten von geschätzt 20 000 Euro und geringen Einflussmöglichkeiten bezweifeln die Stadträte, dass sie sich auf rechtliche Pfade begeben können. Doch Klaus Roscher (SPD) wies darauf hin, dass bis zu 20 Meter hohe Kondenswassertürme vorgesehen seien.


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Christian Sieber (SPD) will wissen, ob es stimmt, dass bei einem 100 Meter langen Gewächshaus das nächste erst in ebenfalls 100 Metern Entfernung gebaut werden darf. CSU-Fraktionschef Manfred Durlak hielt fest, dass der Stadtrat von der Ausweisung von Konzentrationsflächen absehen sollte, angesichts der Kosten eines Gutachtens und der Vorgabe, dass 46 Hektar des gesamten Stadtgebiets so ausgewiesen werden müssten, um eine Handhabe zu haben: "Kein Weg, den wir gehen sollten."

Bauern in der Existenz bedroht

Auf Nachfrage von Anni Schlager (CSU) räumte Walk allerdings ein, dass die großen Gemüseanbauflächen zu weiterer Konkurrenz in der Landwirtschaft, erhöhten Pachten und Existenzbedrohung kleinerer Betriebe führen können.

Letztlich vertagte der Rat die Entscheidung und verlangt nun vom entscheidenden Landratsamt weitere Stellungnahmen zum Betriebswasserkonzept, Nachweise über die Zahl der Saisonarbeiter, der erwarteten Ernte und zum täglichen (Schwerlast-)Fahrzeugverkehr.

Und Irene Franz (SPD) wandte sich am Ende der Debatte an Bürgermeister Jürgen Habel (CSU) persönlich: Er berufe sich stets auf seine Neutralitätspflicht; bis zum heutigen Tag hätte der Stadtrat ohne eigenes Zutun keine Infos zu dem gigantischen Projekt erhalten.

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