Langjähriger Neinsager

30.12.2009, 00:00 Uhr
Langjähriger Neinsager

© Ralf Rödel

Vier Oberbürgermeister hat Rudolf Becker im Lauf seiner Dienstzeit begleitet: Kurt Scherzer (FDP), Uwe Lichtenberg (SPD), Wilhelm Wenning (CSU), Thomas Jung (SPD). Er selbst ist in der SPD, im Job aber, darauf legt er Wert, «war ich parteipolitisch immer neutral».

Mehr als sein halbes Leben hat Becker für die Stadt gearbeitet, zunächst als Jurist im Rechtsamt, ab 1977 als Rechtsamtsleiter, ab 1992 als Finanz- und Personalreferent. Er erinnert sich, nicht ohne Stolz, an Zeiten, in denen er seine Stadt letztlich erfolgreich durch alle gerichtlichen Instanzen dafür verteidigte, dass sie einem Bündnis zur weltweiten Abschaffung von Atomwaffen beigetreten war. Und er erinnert sich, schmunzelnd, an Vorfälle, die einem Mann der Verwaltung «zeigen, wo sein Platz ist».

Wie die Sache mit dem Käsestand. Unter Uwe Lichtenberg, erzählt Becker, gab es eine Satzung, derzufolge Marktstände auf der Freiheit abends abgebaut werden mussten. Einen Käseverkäufer hat das genervt, er verklagte die Stadt. Die bekam Recht, in zwei Instanzen, alles schien klar. Doch dann winkten Lichtenberg und der Stadtrat großzügig ab. Motto: Soll er seinen Stand halt stehen lassen. «Sowas muss man akzeptieren», findet Becker.

Als er Kämmerer wurde, nannte sein Vorgänger die Stadt ein «konkursreifes Unternehmen». 18 Jahre später hinterlässt Becker seinerseits einen Haushalt, der mit 25 Millionen Euro einen rekordverdächtigen Berg neuer Schulden (Netto-Neuverschuldung: 14,5 Mio. Euro) vorsieht. Frustrierend fand Becker seinen Job trotzdem nicht. Denn: «Wir haben doch immer einen ausgeglichenen Haushalt hingekriegt. Sicher, wir mussten Tafelsilber verscherbeln und Kredite aufnehmen, aber wir sind handlungsfähig geblieben.» Dass er von Amts wegen die Rolle des ewigen Spaßverderbers innehatte, der Wünsche abschlägt und zum Sparen anhält, findet Becker nicht schlimm. Augenzwinkernd meint er: «Kämmerer sind eben die bestbezahlten Neinsager einer Stadt.»

«Ein grundsolider Beamter»

Der Stadtrat hat Becker schon verabschiedet. Blumen gab es auch von der CSU, die dem scheidenden Referenten und seinen Leuten zuletzt Vorwürfe wegen eines aus ihrer Sicht dubiosen 31-Millionen-Euro-Kredits machte. Die Regierung in Ansbach hat den Fall geprüft und sah keinen Grund, einzuschreiten. Doch noch schwelt der Streit um die angeblichen schwarzen Kassen. «Für mich ist das vom Tisch», sagt Becker. Für den OB auch. Jung nennt Becker einen «grundsoliden, pflichtbewussten, ehrlichen Beamten». Die Vorwürfe seien «ehrverletzend und völlig unangemessen».

Mit welchem Gefühl er nun dem Rathaus den Rücken kehrt, kann Becker noch nicht sagen. «Fragen Sie in vier Wochen noch mal. Bisher hatte ich ja Urlaub.» Fest steht: Künftig wird der dreifache Vater - Becker hat einen Sohn (37) aus erster Ehe und zwei Söhne (17, 13) mit seiner zweiten Frau Elisabeth - seiner Familie und seinen Italienischstudien mehr Zeit als bisher widmen. Und er will fleißig joggen und Tennis spielen. Fest steht auch: Ums Finanzielle muss er sich nicht mehr kümmern. Das macht seine Frau. BIRGIT HEIDINGSFELDER