Lichtschutzfaktor 50

20.3.2012, 10:00 Uhr
Lichtschutzfaktor 50

© privat

Frauke stand mit ihrem Fahrrad am Wattenmeer. Es war Ebbe. Sie konnte in der Ferne die Halligen sehen. Vogelstimmen surrten durch die Salzwiesen. So einen stillen Inselmorgen wollte sie schon lange mit Hanno teilen. Er hatte versprochen heute mit ihr zu kommen. Aber auch auf dem Leuchtturm war sie später alleine. Ein fremder Mann bot sich an, mit ihrer Kamera ein Bild von ihr zu machen. Ihre Unterlippe zuckte.

„Sorry, ich bin einfach wieder eingeschlafen. Mein Handy habe ich auch nicht gehört.“ Sie saßen eng nebeneinander in einem gelb-weißen Strandkorb.

„Ich habe es bestimmt fünfmal probiert.“ Sie spielte gedankenverloren am Träger ihres Bikinioberteiles. „Ich lasse dir so viele Freiheiten das ganze Jahr über, du kannst tun, was du möchtest. Seit Jahren sagst du, dass wir früh einmal gemeinsam aufstehen und die Morgenstimmung erleben wollen. Du hast nix kapiert.“

Frauke griff nach der Sonnenmilch in ihrem Rucksack und schmierte seinen blassen Körper damit ein.

„Nicht so doll. Du hast die Ohren vergessen.“

Trotz Lichtschutzfaktor 50 war Hanno am Abend rot wie ein Krebs. Er bekam Schüttelfrost und seine Haut Blasen.

Frauke warf die blaue Nivea-Flasche, in die sie eine normale Hautlotion ohne UV-Schutz umgefüllt hatte, in die Mülltonne vor dem Dünenbad. Sie flirtete mit einem der Strandkorbvermieter. Mit schlechtem Gewissen holte sie Calcium-Tabletten und gleich drei Tuben Fenistil-Gel aus der Inselapotheke. Die nächsten beiden Tage musste Hanno in der Ferienwohnung bleiben. Und Frauke fühlte sich noch einsamer auf ihren langen Strandspaziergängen.

Frauke frühstückte mit Hanno im Bett, obwohl sie davon leicht Kopfweh bekam. Die Krümel pieksten in ihren Po. Hanno würde morgen bei Elektro Isemann einen neuen Wecker kaufen.

 

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