Lieber zuhause: Protest gegen Schülertests im Klassenzimmer

2.4.2021, 06:00 Uhr

Beim Impfgipfel am Dienstag bekräftigte Markus Söder es noch mal: Dort, wo die Sieben-Tage-Inzidenz über 100 liegt, besteht die Staatsregierung nach Ostern auf einer Testpflicht für Schüler, die am Präsenz- bzw. Wechselunterricht teilnehmen.


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Betroffen wären Abschlussschüler sowie die vierten und elften Klassen; alle anderen Jahrgänge sind bei einer Inzidenz über 100 im Distanzunterricht. Bei niedrigeren Inzidenzen sollen künftig freiwillige Selbsttests zum Schulalltag gehören.

Die Corona-Tests müssten zudem an der Schule stattfinden, nicht daheim, betonte der Ministerpräsident, der sich besorgt über die aggressiveren Virus-Mutationen zeigte: Kinder stecken sich inzwischen häufiger an und tragen das Virus in die Familien. Leider, so Söder, erlebe man bei den Eltern "sehr viel Zurückhaltung".

Fürths Schulreferent Markus Braun widerspricht in diesem Punkt allerdings vehement: "Alle wollen, dass getestet wird, damit die Schulen sicher sind – auch die Eltern." Auf Protest stoße bei ihnen aber, ebenso wie bei Lehrkräften, das Procedere: Zweimal pro Woche sollen die Schüler selbst einen Abstrich machen – beaufsichtigt von den Lehrern.

"Man misstraut also den Eltern", schlussfolgert Braun. Die Staatsregierung unterstelle ihnen, dass sie es nicht richtig machen oder Test-Ergebnisse manipulieren. "Man tritt nun mit Füßen, was man in den vergangenen Jahren aufgebaut hat": das Miteinander der Familien und Schulen, die "Erziehungspartnerschaft".

Zu oft, kritisiert Braun, verkünde die Politik inzwischen einfach Maßnahmen, die die Leute umsetzen sollen, anstatt sie einzubinden: "Man fühlt sich zum Befehlsempfänger degradiert." Das sorge für Verdruss.

Wie sehr das Thema die Familien umtreibt, zeigt ein Schreiben, das die Elternbeiräte der Gymnasien in Fürth, Stein und Oberasbach vor ein paar Tagen eilig ans Kultusministerium schickten, "um uns an der politischen Willensbildung zu beteiligen". Darin stellen die Elternbeiratsvorsitzenden klar: Die breite Teststrategie "unterstützen wir im Grundsatz in vollem Maße". Nicht einverstanden aber sind sie mit dem Wie.

Zur Erhaltung des "Schulfriedens"

Das Misstrauen seitens der Politik sei unbegründet, das hätten viele Gespräche gezeigt. "Zur Erhaltung des Schulfriedens fordern wir, dass die Selbsttests nicht an der Schule, sondern in den Familien zu Hause durchgeführt werden", heißt es. Ergänzend könne auf Testmöglichkeiten zurückgegriffen werden, die lokal für die Schulen geschaffen und von medizinischem Personal betreut werden.


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Genau diese Kombination will die Stadt Fürth nach Ostern an der Hans-Böckler-Schule erproben und bald auf andere Schulen ausweiten: Einmal pro Woche sollen die Schüler zuhause einen Abstrich machen und das Ergebnis per Handyfoto belegen. Für einen zweiten Test pro Woche käme Personal aus den Apotheken an die Schule.

Viele Familien befürchten, dass Selbsttests im Klassenzimmer zu Vorwürfen, Streit und zur Stigmatisierung von Schülern führen können, die nicht teilnehmen oder deren Ergebnis positiv ist. Zuhause, darauf verweisen auch die Elternvertreter, könnten Mütter und Väter außerdem aufgewühlte Kinder gleich beruhigen.

Im Klassenzimmer ohne Maske

Auch ginge keine wertvolle Unterrichtszeit verloren, wenden die Kritiker ein, und das Ansteckungsrisiko wäre geringer, wenn infizierte Kinder gar nicht erst im Bus sitzen oder beim Nasen-Abstrich ohne Maske neben den Klassenkameraden.

Die Bereitschaft der Eltern, die Kinder zu testen, ist höher, wenn man sie eigenverantwortlich einbezieht, glaubt Braun. Am Mittwoch wird das Kabinett erneut über das Thema beraten – Fürths Schulreferent hofft, dass sich der Freistaat noch bewegt.

Dieses Mädchen aus Berlin sitzt im Klassenzimmer  - vor sich ihr Covid-19-Schnelltest.

Dieses Mädchen aus Berlin sitzt im Klassenzimmer  - vor sich ihr Covid-19-Schnelltest. © Fabian Sommer, dpa

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