Literatur ist kein Selbstläufer

19.5.2014, 11:00 Uhr
Literatur ist kein Selbstläufer

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Ein Tisch mit gelben Fragebögen. Bitte ankreuzen: Wo erstehen Sie Ihre Bücher? Im Geschäft, im Antiquariat, im Internet? Lesen Sie eBooks oder Bücher aus echtem Papier? Falls eBook, lesen Sie auf dem PC, dem Smartphone oder dem Handy? Solche Fragen stellen Buchwissenschaftler der Uni Erlangen. Ist das jetzt so etwas wie Literaturgeschichte? „Nein, was in den Büchern steht, ist uns egal“, erklären der Buchkundler Volker Titel und die Studentin Stefanie Markert. „Wir beschäftigen uns mit dem Buch als Ware.“

Als Kenner seiner Ware lernt man, wie man dem Manuskript das passende Layout verfasst, welche Schrift sich eignet. „Bei einem Sachbuch sollte man unbedingt eine breite Randspalte lassen, damit der Leser Anmerkungen hinkritzeln kann“, sagt Markert, „das macht man bei Belletristik gemeinhin nicht. Bei Kinderbüchern verwendet man eine größere Schrift.“ Und eBooks machen das alles überflüssig, dann braucht man keine Papiersorten mehr büffeln? „Nein“, widerspricht die Studentin, „auch das eBook braucht ein Layout, und der Aufwand ist genau derselbe.“ Wird das eBook das gute alte Buch verdrängen? „Wenn man mit der Bahn unterwegs ist und zwei Stunden auf freier Strecke warten muss, dann lese ich auch übers Handy“, erzählt Markert.

Wie aber erblickt eine literarische Kopfgeburt das Licht der Bücherwelt, sei es auf Papier oder Display? Wie kommt der Autor zum Verlag? Immer noch per Kostprobe seines Könnens. Meist aber hagelt es Ablehnungen. Umgekehrt, wie kommt der Verleger zum Autoren? Wiederum durch Kostproben, in der Hoffnung „vielleicht komme ich ja bei dem hier unter“. Oder aber man kennt und schätzt sich persönlich. So wie etwa der Autor Wernfried Hübschmann und der Verleger Christian Fritsche.

Hübschmann, im Brotberuf Coach und Mediator, dichtet Sonetten. Fritsche, früher in der Bau- und Zulieferindustrie, dann als selbstständiger Outplacementberater tätig, hat seine eigene Beratung auf sich angewandt: da er arbeitslosen Menschen ab 50 wieder zur Arbeit verhilft, bzw. aus einem ungeliebten Job in eine Tätigkeit lotst, die ihren wahren Wünschen entspricht, hat Fritsche seinen eigenen Traum in die Tat umgesetzt. Er leitet Galerien in Fürth und in Metz (Frankreich), kennt deutsche und französische Künstler, und hat im vorigen Herbst einen eigenen Verlag gegründet, „edition promenade“. Ohne Studium der Buchwissenschaft. Das stolze Sortiment bislang: ein Lyrikband, ein Hörbuch, ein Kunstkatalog.

Wie gründet man einen Verlag? „Man meldet sich beim Gewerbeamt an, und legt los“, erzählt Fritsche. „Vorher sollte man allerdings ein paar Autoren kennen, ebenso Illustratoren sowie einen gescheiten Hersteller.“ Wie hält man sich über Wasser? „Das Zauberwort lautet: on demand“, erklärt Fritsche. „Früher musste man bei der althergebrachten Technik eine Mindestauflage von ein paar tausend Exemplaren drucken, damit es sich überhaupt rentiert.

Produzieren ist nicht alles, das Buch will an den Mann gebracht werden. Fritsche klapperte sämtliche lokale Buchhandlungen ab, um den 60 Seiten starken Lyrikband vorzustellen. Zudem lockt die Homepage, auf der inzwischen etwa genauso viele Bestellungen eingehen wie beim Buchhändler.

Der Autor Hübschmann tut ebenfalls sein möglichstes, er fährt mit der Bahn den weiten Weg von Lörrach nach Fürth, um aus seinen Gedichten zu lesen und Exemplare zu signieren. Und um den Kuchen rund zu machen, gibt es den Lyrikband auch als Hörbuch, gelesen vom Autor selbst. Das heißt, ein nicht zu teures Tonstudio auftreiben und für die Hülle das selbe Grafikdesign anwenden. Weitere Bücher sind in Arbeit, die Manuskripte häufen sich an. Doch Christian Fritsche ist streng, er will nur das verlegen, was ihn anspricht. „Meine Kriterien sind: Berührt es mich? Hat es einen tollen Stil? Da lasse ich mein Bauchgefühl entscheiden.“ Harte Kopfarbeit, gesteuert vom Bauchgefühl? Fritsche sieht seine Arbeit nicht als Hobby, sondern als Passion. „Es gelingt, es macht Spaß. Und wenn es Spaß macht, ist man leistungsfähig.“ In einem sind sich Verleger Fritsche und Autor Hübschmann einig: „Man muss oben viel Weizen reinkippen, damit unten ein bisschen Mehl rauskommt.“

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