Lizenz erkämpft: Neue Beatles-Platte aus Fürth

21.1.2018, 11:00 Uhr
Die Beatles – das Bild stammt aus der Chronik „Die Beatles Solo“ von Mat Snow – sind die vielleicht bekannteste Band der Welt. Entsprechend schwer ist es, einen Song von ihnen zu veröffentlichen.

© Foto: Schück Die Beatles – das Bild stammt aus der Chronik „Die Beatles Solo“ von Mat Snow – sind die vielleicht bekannteste Band der Welt. Entsprechend schwer ist es, einen Song von ihnen zu veröffentlichen.

Joe Raimond mit der neuen Vinyl-Single.

Joe Raimond mit der neuen Vinyl-Single.

So groß die Namen der Stars auf manchen seiner Schallplatten auch sind: Die wenigsten Fürther wissen von Joe Raimond und seiner Firma MT Undertainment, die zu den langlebigsten Indie-Labels in Deutschland gehört.

Man findet die Plattenfirma, deren Geschichte 1984 in San Francisco begann, im Keller eines schnuckeligen Hauses am Wiesengrund in Stadeln. Manch einer ist vielleicht schon mal vorbeigeradelt an dem Holzhaus mit dem Marterpfahl vor der Tür. Während andere im Partykeller Bierchen zapfen oder die Modelleisenbahn Kreise ziehen lassen, dreht Raimond die Verstärker auf, tütet Vinyl in Papierhüllen und forscht nach seltenen Aufnahmen berühmter Rockmusiker. Joe Raimond, gebürtiger Amerikaner und 58 Jahre alt, ist die Plattenfirma.

Seit dem Herbst klingelt sein Telefon häufiger als sonst. "Leute aus der ganzen Welt wollen meine Platte", sagt er. Die Platte, von der er spricht, ist: "Cry for a Shadow" – einer der frühen Beatles-Songs, ein Instrumentalstück, geschrieben von George Harrison und John Lennon, aufgenommen 1961 in Hamburg, veröffentlicht als Single erst drei Jahre später. Auf der neuen Vinyl-Single ist nun der Originaltitel zu hören sowie auf der B-Seite eine Coverversion von Doc Wör Mirran, Raimonds eigener Band.

Die offizielle Veröffentlichung eines Beatles-Songs ist – zumal für ein Independent Label – spektakulär. "Lizenzrechte für die Beatles gehen fast nur an die ganz großen Plattenfirmen" , sagt Raimond. Fast zehn Jahre lang hat er sich darum bemüht.

"Es ist eigentlich schon immer ein Traum von mir gewesen, eines Tages etwas von den Beatles rauszubringen – und ich hab einfach nie aufgegeben", erzählt er, ein gemütlicher Typ mit kleinem Bärtchen und großen Ideen, der die Plattenmacherei aus Leidenschaft betreibt. Leben kann er davon nicht. Sein Geld verdient er als Englischlehrer an der FH.

"Ich habe mir die Finger wund getippt"

In England fand er eine Firma, die Lizenzrechte an vielen Stücken ganz unterschiedlicher Bands und Musiker besitzt. Sie entscheidet, wer diese Songs auf CDs und Schallplatten vervielfältigen darf. "Ich habe mir die Finger wund getippt und bei den Rechte-Inhabern gebettelt und genervt, aber meistens kam keine Antwort." Fast glaubte er selbst nicht mehr daran, dass es noch klappen könnte – bis auf einmal ein echtes Angebot kam.

"Vielleicht haben sie bemerkt, dass es billiger wäre ,ja‘ zu sagen, als einen Mitarbeiter immer höfliche Absagen an mich formulieren zu lassen," vermutet Raimond. "Ich dachte, ich träume: Da stand wirklich ‚Lizenzvertrag‘." Ein Stück wie "Cry for a Shadow" herauszubringen, sei zwar sicher leichter als einen Welthit wie "She Loves You" oder "I Want To Hold Your Hand". Aber leicht sei es nicht, sagt er: Endlos Geduld, viel Überzeugungsarbeit und auch einige gute Kontakte seien nötig gewesen. Wie viel Geld die Firma am Ende für die Rechte an dem Song verlangte, ist Teil der Vertragsbedingungen, die er nicht öffentlich machen möchte.

Er ist wahnsinning nett, der Herr Voormann

Mit der Zusage ging die Arbeit für Raimond erst los. Er machte sich an die Coverversion für die B-Seite – und auf die Suche nach dem perfekten Hüllendesign. So ein musikalischer Leckerbissen könne schließlich nicht in einer langweiligen Verpackung daherkommen. "Ich wollte, dass die Beatles bei mir ein standesgemäßes Design haben, also habe ich mich mit Klaus Voormann in Verbindung gesetzt."

Voormann, Musiker und Grafiker aus Deutschland und ein enger Freund der Band, hat das Cover des berühmten Beatles-Albums "Revolver" (1966) gestaltet. "Er ist wahnsinnig nett – und einer der wenigen, die mit Recht von sich sagen können, dass er der ,fünfte Beatle‘ ist", sagt Raimond. Das Bild, das Voormann ihm zur Verfügung stellte, steht in der Tradition des "Revolver"-Albums und stammt aus der damaligen Zeit. Raimond: "Das war der absolute Wahnsinn. Ich bin fast aus den Socken gekippt."

"Well done - Paul"

Die Beatles-Single sieht der 58-Jährige, der auch schon Musik von Motörhead, den Toten Hosen, Frank Sinatra und Elvis Presley veröffentlicht hat, als Krönung seiner Liebhaberei: "Ich habe fast 500 Platten rausgebracht über die Jahre, aber die Beatles sind bisher das Coolste." Dazu gehört auch eine Reaktion, die ihn aus England erreicht habe, von einem denkbar prominenten Absender: "Ich habe eine E-Mail bekommen mit nur einer Zeile. Da stand ‚Well done! – Paul.‘"

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