Metz holt chinesischen Partner Skyworth ins Boot

19.9.2015, 15:28 Uhr
Metz holt chinesischen Partner Skyworth ins Boot

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Norbert Kotzbauer macht sich keine Illusionen: "Der TV-Markt ist kein Markt zum Wohlfühlen. Der ist knallhart." Der Chef der Metz Consumer Electronics GmbH muss es wissen. Denn noch vor ein paar Monaten drohten übermächtige TV-Hersteller aus Fernost den Mittelständler vom Markt zu fegen. Der Konkurrenzdruck hatte das Unternehmen immer tiefer in die roten Zahlen rutschen lassen und schließlich im November 2014 in die Insolvenz getrieben.

Dass heute in den grauen Werkshallen im mittelfränkischen Zirndorf trotzdem weiterhin Flachbild-TV-Geräte montiert werden, haben Kotzbauer und die rund 150 Beschäftigten ausgerechnet einem dieser so gefürchteten fernöstlichen Elektronik-Giganten zu verdanken: dem Konzern Skyworth. Chinas größter TV-Hersteller hatte das einstige Familienunternehmen im Frühsommer gerettet.

Wieder etwas Normalität eingekehrt

Seitdem ist auf dem weitläufigen Werksareal im Norden Zirndorfs nach Monaten der Verunsicherung wieder so etwas wie Normalität eingekehrt. Aber auch wenn die Montagebänder wie früher laufen, ein Blick hinter die Kulissen zeigt, welch großen Einschnitt die Insolvenz für die "alte Metz" bedeutet. So ist der 77 Jahre alte traditionsreiche TV-Hersteller heute nur noch Mieter am Stammsitz.

Und Kotzbauer muss sich inzwischen die Führung mit mehreren Mitgeschäftsführern teilen - darunter einer chinesischen Finanz-Expertin, die direkt in Zirndorf sitzt. Zwei andere Skyworth-Geschäftsführer überwachen von Shenzen aus die Geschäfte. "Es ist klar, dass der Investor wissen will, wie es um die Finanzen des Unternehmens steht", zeigt Kotzbauer Verständnis für die chinesische Präsenz an der Firmenspitze.

Über die Gründe, die Skyworth das angeschlagene fränkische Familienunternehmen übernehmen ließ, macht Kotzbauer keinen Hehl: "Die Skyworth-Manager haben erkannt: Der Elektronik-Markt wird immer internationaler. Und langfristig werden am Ende nur die Top 10 der Welt überleben. Und wer zu den Top 10 der Welt gehören will, muss weltweit unterwegs sein." Metz sei aus Sicht von Skyworth eine gute Startbasis zur Eroberung des deutschen und europäischen Marktes. Schon im ersten Quartal 2016 will Skyworth mit TV-Geräten auf den deutschen Markt kommen.

Metz ist "zweites Standbein" für Skyworth

Metz wiederum erhofft sich von dem starken Fernost-Partner vor allem Vorteile beim Einkauf elektronischer Bauteile: "Früher hatten wir wegen unserer geringen Stückzahlen bei Lieferanten anstehen müssen. Bei einem Konzern wie Skyworth mit großen Einkaufsmangen stehen die Elektroniklieferanten an. Davon können wir als Metz profitieren", ist der Manager überzeugt. Eine konzerninterne Konkurrenz zu den eher preiswerten Skyworth-Fernsehern sieht Kotzbauer nicht: Die Chinesen sähen in den Premiumgeräten von Metz ein "zweites Markenstandbein".

Wie Branchenuntersuchungen zeigen, fällt der Metz-Neustart allerdings in keine einfache Zeit. Der deutsche TV-Markt ist stark gesättigt: Drei von vier Haushalte haben inzwischen ein Flachbild-Gerät in der Wohnung stehen, wie Anfang September das Statistische Bundesamt berichtet. Die Zahlen decken sich weitgehend mit jüngsten Erkenntnissen des Branchenverbandes gfu. Danach sanken die Umsätze für TV-Geräte im ersten Halbjahr 2015 um 16,5 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro.

Blitz-Sparte setzt auf neue Produkte

Derweil setzt die von dem Fürther Familienunternehmen Daum übernommene Blitzsparte - einst zweites wichtiges Metz-Standbein - vor allem auf neue Produkte. Zwar hofft der Mecatech-Geschäftsführer Lauri Jouhki auf steigende Umsätze im traditionellen Blitzgeräte-Geschäft. Vor allem mit Miniblitzen für kleinere Digitalkameras und Aufsteckleuchten für Smartphones versucht das Unternehmen auf dem Markt zu punkten. Darauf allein will sich der finnische Firmenchef Jouhki aber anscheinend nicht verlassen.

Derzeit baut Mecatech daher ein neues Geschäftsfeld auf: die Produktion von Leiterplatten - mit Know-how der Firmenmutter Daum. Diese werden auf sogenannten Leiterbahnen vollautomatisch bestückt. Eine Halle weiter spuken haushohe Spritzgusspressen Plastikkühlergrills und andere Autoteile aus: Die Metz-Kunststofffertigung, einst für die hauseigene Herstellung von Blitz-Plastikgehäusen aufgebaut, wandelt sich zunehmend zum Autozulieferer. «Wir beliefern inzwischen alle deutschen Autohersteller», sagt Jouhki.

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