Michaelis-Kärwa verliert mit Kurt Albert eine Institution

6.10.2018, 06:00 Uhr
Michaelis-Kärwa verliert mit Kurt Albert eine Institution

© Hans-Joachim Winckler

Wer Kurt Albert zum ersten Mal besucht, muss nicht lange suchen. An der Tür des Reihenhäuschen klebt das offizielle Plakat der Jubiläumskirchweih. "A bissla Werbung machen", meint der Hausherr und grinst. Albert ist gebürtiger Nürnberger, aber ein großer Anhänger der Fürther Kirchweih. Warum? Die Antwort kommt prompt: "Weil sie traditionell ist." Schon bei der Eröffnung ist es Jahr für Jahr um ihn geschehen. "Wenn sie da ihre Reden halten , ich die Böllerschüsse hör’ und die Luftballons in den Himmel steigen seh’ – ach, dann geht mir das Herz auf."

So war es auch diesmal wieder. Und doch ist alles anders. "Eigentlich", sagt Alberts Lebensgefährtin Brigitte Rögner bei Kaffee und Kuchen, "hat er ja immer gesagt, er macht das so lange, bis seine Enkel mitgehen." Die Zwillinge Colin und Lilly sind jetzt sechs, heuer hätten sie das erste Mal mitlaufen wollen mit der Bühne Erholung, Festzugteilnehmer Nummer 11. "Aber ohne den Opa wollten sie nicht", erklärt der, und seine sonst dröhnende Bassstimme klingt traurig.

Doch was soll er tun? Kurt Albert ist nicht mehr gut zu Fuß, schon voriges Jahr hat ihn der Auftritt viel Kraft gekostet. Seit einer Weile fällt ihm das Gehen und Stehen noch schwerer. Beim Erntedankfestzug müsste er stundenlang durchhalten, die Theatertruppe ist nun mal eine Fußgruppe. Er schüttelt den Kopf, es wäre zu viel. "Auch wenn es mir das Herz bricht, vor zwei Monaten hab ich mich entschieden, zu verzichten."

Michaelis-Kärwa verliert mit Kurt Albert eine Institution

© Foto: Heidingsfelder

Einen festen Nachfolger gibt es noch nicht. Aber Vereinsvorstand Klaus Hoffmann will das Amt, das sein Vater Hellmut Hoffmann von 1953 an 40 Jahre und nun Kurt Albert 24 Jahre innehatte, kommissarisch übernehmen. Den schwarzen Dreispitz und den dunkelblauen Mantel mit den goldenen Knöpfen hat Albert schon an den Kollegen abgetreten. Das Brot, das beim Erntedankfestzug traditionell vor der Ehrentribüne am Rathaus dem Oberbürgermeister überreicht wird, hütet er selbst.

Ein Laib ist hohl

Eingeweihte wissen: Es gibt nicht einen Laib, sondern drei. Da ist der echte Achtpfünder, der Thomas Jung in die Hand gedrückt wird und den dieser direkt an Stefanie Schardien weiterreichen wird, Pfarrerin der Kirche St. Michael, auf deren Namen die Tradition der Kirchweih zurückgeht. Ein zweiter, ebenso großer Laib ist innen hohl, damit das Kind, das ihn beim Festzug von der Südstadt bis in die Innenstadt tragen muss, nicht ganz so schwer zu schleppen hat.

Kurz bevor die Bühnengruppe von der Schwabacher Straße in die Königstraße abbiegt, eilt jedes Jahr, von den meisten Besuchern unbemerkt, der Hausmeister aus dem Rathaus herbei und tauscht die Laibe aus. Bei der Übergabe-Zeremonie hat dann alles seine Richtigkeit. Und schließlich ist da noch ein kleiner Laib für Bürgermeister Markus Braun. Denn: "Der hat immer so traurig g’schaut."

Wenn Klaus Hoffmann am Sonntag den Prolog mit den Worten "Willkommen heißt die Stadt heut’ gern . . ." eröffnet, wird Kurt Albert daheim sitzen und sich die Live-Übertragung im Fernsehen anschauen. Auf der Ehrentribüne will er frühestens nächstes Jahr Platz nehmen. Diesmal ginge es ihm zu nah, wenn er zig mal gefragt würde: Kurt, was ist denn mit dir los? Was tust du da oben?

Die Kärwa aber besucht er mit seiner Brigitte auf jeden Fall und nicht nur einmal, "denn da kann man sich ja zwischendurch hinsetzen". Bis Sonntag ist er aber auch noch damit beschäftigt, Brot auszuhöhlen.

 

Keine Kommentare