Nach dem Lockdown: Geschäfte in Fürth öffnen

26.4.2020, 10:43 Uhr
Nach dem Lockdown: Geschäfte in Fürth öffnen

© Hans-Joachim Winckler

Vera Satiro wird am Montag um 10 Uhr, anders als sonst, gleich beide Flügel der Glasschwingtür ihres Kinder- und Damenmodegeschäfts in der Neuen Mitte weit öffnen. So schafft sie maximal Platz zum Durchgehen. Desinfektionsspray steht bereit, andere Begleitartikel der Corona-Zeit müssen noch eintrudeln: die Schutzmasken etwa – Satiro hat Einwegmodelle im Internet und waschbare Modelle bei einer Schneiderin bestellt – oder die Plexiglasscheibe, die bald vor der Kasse von der Decke hängen soll. Als Spuck- und Niesschutz. "Zum Glück ist meine Verkaufstheke sowieso eineinhalb Meter tief", sagt die Geschäftsfrau.

Übers Wochenende wird sie noch Schilder schreiben, die an das Abstandsgebot erinnern, den Laden putzen und die mittlere ihrer drei Umkleidekabinen schließen. Acht Personen dürfen sich gleichzeitig in Satiros Geschäft aufhalten. Mehr nicht. Denn die Vorschrift erlaubt nur einen Kunden pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche.

Jeder Einzelhändler muss ein Schutz- und Hygienekonzept ausarbeiten, in dem er darlegt, wie er den Kundenzulauf reguliert und einen Mindestabstand von eineinhalb Metern gewährleistet. Gibt es Kundenparkplätze, ist ihre Zahl gegebenenfalls zu verknappen, damit nicht doch zu viele Personen auf einmal in den Laden drängen.

Mitte März mussten Ladengeschäfte in Bayern (von Ausnahmen wie der Lebensmittelbranche abgesehen) wegen der Corona-Pandemie auf Anordnung der Staatsregierung zumachen. "Die Schließungen waren hart", sagt die Leiterin der Fürther IHK-Geschäftsstelle, Maike Müller-Klier. Doch hätten die meisten Geschäftsleute die Zeit genutzt, um sich umzuorganisieren und Vorkehrungen für die Wiedereröffnung zu treffen.

Rosemarie Worzer-Oehrlein beispielsweise, die das Schuhhaus Oehrlein in der Gustavstraße in vierter Generation führt, hat in weiser Voraussicht einen Schwung Behelfsmasken zum Abdecken von Mund und Nase organisiert, als von einer Maskenpflicht für Verkäufer und Kunden im Einzelhandel noch keine Rede war. Vera Satiro wurde anderweitig aktiv.

"Nach zwei Tagen Frust" packte sie ein Thema an, vor dem sie, wie sie gesteht, "immer etwas Scheu hatte": Telefonisch unterstützt von einem Bekannten richtete die 55-Jährige einen Online-Shop ein. An langen Tagen schaffte sie Kartons voll mit aktueller Mode nach Hause, drapierte und fotografierte ein Stück nach dem anderen Stück auf der Terrasse, lud Bilder hoch, fügte Beschreibungen, Größentabellen, allgemeine Geschäftsbedingungen ein . . . Sie habe bis spät in die Nacht gearbeitet, sagt Satiro und erklärt ihre Eile auch mit der Verfallszeit von Mode: "Die Ware wird ja schlecht." Und das Online-Geschäft läuft bei noch kleinem Umsatz "gut an". Satiro ist stolz auf sich, freut sich jetzt aber auf die Zeit, in der sie das tun kann, was sie am liebsten macht: "Menschen einkleiden", von Angesicht zu Angesicht.

 

Warteplätze in der Sonne

 

Wer am Montag wieder aufsperren darf, und das sind Geschäfte mit einer Verkaufsfläche bis zu 800 Quadratmetern, muss bei den Vorkehrungen für Abstandsgebot und Hygiene-Vorschriften das Rad nicht neu erfinden. Gewisse Inspirationen konnte sich jeder Einzelhändler in Lebensmittelgeschäften und Drogeriemärkten, bei Metzgern oder Bäckern und seit Montag auch in Bau- und Gartenmärkten holen. Aber mit Blick auf die für Fürth charakteristischen inhabergeführten Geschäfte sagt Innenstadtbeauftragte Karin Hackbarth-Herrmann: "Da die Läden hier so individuell sind", seien auch einzigartige Lösungen gefragt.

Das Schuhhaus Oehrlein, das am Montag gleich mit einem Jubiläumsverkauf zum 110. Jahr seines Bestehens startet, ist in einem Altbau untergebracht. Der Verkaufsbereich besteht aus mehreren Räumen, die sich aneinanderreihen. "Wir können die Kunden schön verteilen", sagt Rosemarie Worzer-Oehrlein. "Sie haben hier mindestens fünf Meter Abstand zueinander." Sollten sich Kunden näher kommen als erlaubt, werde die Belegschaft freundlich einschreiten. Und falls am Montag ein oder zwei Leute zu viel in den Laden drängen, will die Chefin "schöne, bequeme Stühle" vor die Tür stellen. "Dann können sie beim Warten ein wenig die Sonne genießen."

Falls ein Kunde keinen Mundschutz bei sich hat, will Rosemarie Worzer-Oehrlein ihm einen Einmalschutz anbieten. Denn: "Sonst krieg’ ich Probleme mit dem Ordnungsamt." Die Behörde muss prüfen, ob sich der Einzelhandel an die Vorgaben hält. Amtsleiter Jürgen Tölk kündigt stichprobenartige Kontrollen vor allem nach Beschwerden an. Man habe am Montag vier Außendienstmitarbeiter im Einsatz, also die übliche Manpower.

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