Nächtliche Schüsse in Steiner Wäldchen geben Rätsel auf

1.10.2020, 05:57 Uhr
Nächtliche Schüsse in Steiner Wäldchen geben Rätsel auf

© Thomas Scherer

Familie Schwarm ist sich darüber im Klaren: Die Vorfälle, die sie bei Polizei und Landratsamt Fürth angezeigt haben, klingen abenteuerlich. "Das ist eine ganz verrückte Geschichte, aber wir phantasieren nicht", beteuert Mutter Gertrud Schwarm.

Dumme Jungs, die auf nächtliche Abenteuer aus sind? Nein, das glaubt die Familie nicht. Zu professionell wirke das Vorgehen. Lichter in der Nacht ließen jagdliche Beleuchtungstechnik vermuten. Die Personen, die die Schwarms wiederholt schemenhaft ausgemacht haben, bewegten sich vorsichtig und geübt in der Dunkelheit, hätten Tarnkleidung und Gesichtsmasken getragen.

Sohn Johannes hat einen Mann in wenigen Metern Entfernung einmal direkt angesprochen. "Ein normaler Jäger würde doch Rückmeldung geben", sagt er – doch der sei stumm geblieben, stattdessen knallte etwas entfernt ein weiterer Schuss.

Schemenhafte Umrisse

"Beängstigend" sei die Situation, "da schleichen Vermummte hinterm Gartenzaun herum, die sich komisch verhalten", sagt Gertrud Schwarm. Es ist nicht übertrieben zu behaupten: Die Familienmitglieder, speziell die beiden erwachsenen Kinder, legten sich regelrecht auf die Lauer, um die Täter in dem kleinen Waldstück von etwa 100 auf 70 Metern in flagranti zu erwischen. Sie haben sogar Wildkameras angeschafft und an verschiedenen Bäumen festgemacht.

Tochter Karolina zeigt die aufs Laptop heruntergeladenen Fotos: Da, rechts am Bildrand, das könnte eine menschliche Gestalt sein, der Unterarm ist klar zu sehen - oder doch nicht? Bei einem anderen Foto, an der unteren Bildkante, da liegt doch ein toter Vogel?

Dann die seltsamen Gegenstände auf der Erde, die tagsüber nicht mehr aufzufinden waren. Fallen womöglich? Wer nächtliche Aufnahmen von Wildkameras kennt, weiß, dass sie oft sehr undeutlich sind. Und so ist es auch mit diesen Fotos.

"Sicher, da ist kein einziges so richtig stichhaltig", doch in der Gesamtschau bestärken sie Karolina Schwarm in der These, dass da jemand nächtens illegal wildert. "Das Perfide ist", sagt Gertrud Schwarm, "wir haben keine eindeutigen Beweise."

Die Polizei nehme die Angelegenheit sehr ernst, erklärt Martin Schlinger, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Stein. So ernst, dass sie vorvergangenes Wochenende nach einer Alarmierung der Familie sogar den Polizeihubschrauber anforderte und Beamte mit Suchhunden losschickte. Orten konnten sie "außer ein paar Rehen nichts".

Doch es sei "keine Kleinigkeit, wenn da in Ortsnähe geschossen wird", sagt Schlinger. Die Informationslage aber sei dünn. "Wir haben keine Kadaver, keine Hülsen gefunden und eigentlich wäre zu erwarten, dass auch andere Anlieger etwas beobachtet haben", meldet er leise Zweifel an.

Seltsame Lichter

Doch dem war bisher nicht so. Die Schwarms halten dagegen, dass sie aus der Nachbarschaft durchaus die Rückmeldung erhielten: "Ach ja, da war doch was." Und die seltsamen Lichter hätten andere auch bemerkt.

Mit dem zuständigen Jagdpächter hat die Polizei Kontakt aufgenommen, "der weiß von nichts", bestätigt Schlinger. "In dem Wäldchen ist noch nie gejagt worden", sagt Gertrud Schwarm, die seit 50 Jahren in der Gegend lebt. Warum also jetzt?

Die Familie rätselt über die Motive. Mit dem großen Wohnbauprojekt, das nebenan auf dem Acker geplant sei, könne das nichts zu tun haben. Die naturschutzrechtliche Bestandsaufnahme sei bereits im April abgeschlossen worden, hat ihnen Arno Pfeifenberger vom örtlichen Bund Naturschutz gesagt – der den Schwarms auch riet, sich an die FN zu wenden.

"Dass da in einer Wohngegend rumgeschossen wird, das kann und darf nicht sein", sagt Klaus Schwarm. Er sieht die Behörden in der Pflicht, "die Ängste der Bürger ernst zu nehmen" und der Angelegenheit nachzugehen. "Nur, wenn wir die Polizei alarmieren, sind die Gestalten natürlich längst weg, bis die vor Ort sind." So sei das auch bei dem Großeinsatz vorvergangenes Wochenende gewesen, sagt Gertrud Schwarm.

Von der Behörde ignoriert?

Sie will der Polizei keinen Vorwurf machen. Ihr Gatte bestätigt deren Bemühungen. Was ihn allerdings eminent ärgert, ist, dass das ebenfalls informierte Fürther Landratsamt es nicht für nötig erachte, eine Rückmeldung zu geben. Auch die dort angesiedelte Jagdbehörde und die Untere Naturschutzbehörde hätten nicht reagiert.

Landkreissprecher Christian Ell sagt zu diesen Vorwürfen: "Sowohl Wilderei als auch illegaler Waffenbesitz sind Straftatbestände." Und die Zuständigkeit bei Straftaten liege eben bei der Polizei. Insofern sei alles korrekt gelaufen: Das Landratsamt sei "nicht untätig, sondern schlicht nicht zuständig".

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