Nein zur Cadolzburger Umgehung kommt von allen Seiten

4.4.2016, 14:00 Uhr
Nein zur Cadolzburger Umgehung kommt von allen Seiten

© privat

Die Stimmung im nahezu vollbesetzten List-Saal war angespannt. Denn in jüngster Zeit war ein Grabenkrieg zwischen Gegnern und Befürwortern des Projekts ausgebrochen. Er gipfelte darin, dass Unbekannte Plakate der Befürworter beschädigten und abrissen.

Deshalb war es Andrea Holzammer, Vorstandsmitglied der BI und Mitmoderatorin des Abends, ein Anliegen, die jüngsten Vorfälle gerade zu rücken: „Wir wollen uns nicht von ein paar Idioten den guten Umgangston, den wir miteinander gefunden haben, verderben lassen.“ Man distanziere sich von jedweden Übergriffen, so Holzammer und viele, die sich sonst zu Wort meldeten: „Es gibt für uns alle auch eine gemeinsame Zukunft nach dem 17. April.“

Den Auftakt machte ein Animationsfilm, den das Architekturbüro Peter Dürschinger geschaffen hatte. Er zeigt, wie sich die sogenannte Ostvariante durch die Flur fressen soll. Wenn auch ohne Ton, den Verkehrslärm konnten sich die Zuschauer vorstellen. Der Film erzeugte mehr Fassungslosigkeit als die vielen Fakten, die später genannt wurden.

Kein Paradies

Marco Langner, ebenfalls BI-Vorstandsmitglied, hatte den Part übernommen, nochmals die Arbeit der Projektwerkstatt zu kommentieren. „Wir dürfen uns nicht vorstellen, dass nach Bau der Ortsumfahrung Verhältnisse wie in einer Spielstraße oder einer Fußgängerzone herrschen“, räumte Langner mit romantisierenden Vorstellungen auf, denn so Langner weiter: „Die Masse der Fahrzeuge entstammt dem Ziel- und Quellverkehr und ist damit von den Cadolzburgern hausgemacht.“

Auch eine weitere Zahl korrigierte er: „Es bleibt nicht beim reinen Flächenbedarf für die Trasse von 10,5 Hektar. Mit Ausgleichsflächen liegt der Verbrauch bei 29 Hektar.“ Langner rechnete hoch, dass allein deshalb auf die Gemeinde — trotz Bezuschussung von Seiten des Freistaates — erhebliche finanzielle Belastungen zukämen, nämlich vier Millionen Euro, so seine Schätzung.

Ein Blick über den Cadolzburger Tellerrand hin zur Klimaveränderung warf Tom Konopka, Regionalreferent des Bundes Naturschutz in Mittel- und Oberfranken. „Die Schäden durch Wetterphänomene, die bereits auf den Klimawandel zurückzuführen sind, gehen auch in Bayern bereits in die Milliarden“, stellte er dar. Für den Naturschützer ist deshalb ein kritischer Blick auf die Mobilität unverzichtbar, wenn es um den Ausstoß von Treibhausgasen geht.

Nicht nur die Fahrzeug-Emissionen schlagen zu Buche, sondern allein durch Erdbewegungen im Rahmen des Straßenneubaus würden Tonnen in der Erde gebundenen CO2s freigesetzt. Von der Versiegelung der Landschaft und dem Bodenverbrauch ganz zu schweigen.

Fragliche Zahlen

Auch warnte er davor, die Zahlen des vom Straßenbauamt prognostizierten Verkehrs für bare Münze zu nehmen. „Wir konnten Projekte stoppen, weil die Zahlen bei weitem nicht erreicht wurden.“

Nein zur Cadolzburger Umgehung kommt von allen Seiten

© Foto: Fiedler

Dass ein Naturschatz, wie ihn die Cadolzburger Flur darstellt, auch ein Überlebensraum für Menschen und Tiere sei, stellte Reiner Poltz vom Landesbund für Vogelschutz fest. Walter Schöner vom Gewerbeverein Cadolzburg argumentierte umfassend zur Situation von Wirtschaft und stellte klar, dass die Mitglieder seines Vereins einheitlich die Umgehungsstraße ablehnen werden.

Für die Ortsgruppen Cadolzburg und Steinbach des Bayerischen Bauernverbandes meldete sich Johannes Strobl zu Wort. Er warnte: „Die Straße weckt unweigerlich weitere Begehrlichkeiten, wenn es um die Schaffung neuer Gewerbe- und Baugebiete geht.“

Augenfällig war, dass trotz Einladung neben den Landtagsabgeordneten Horst Arnold (SPD) und Markus Ganserer (Grüne) kein CSU-Politiker Platz genommen hatte. Auch konnte man den Anmerkungen einzelner Diskussionsteilnehmer entnehmen, dass das Fernbleiben des Bürgermeisters „aus Gründen der Neutralitätspflicht“ sehr kritisch bewertet wurde.

Pflicht der Räte.

SPD–Marktgemeinderat Michael Bischoff sprach hingegen von der Pflicht der Gemeinderäte, sich in die Entscheidungsfindung einzubringen. „Ich jedenfalls habe kein Problem mit der Neutralität und erinnere, dass wir auch für unsere Nachbargemeinden mitdenken müssen“, argumentierte er. „Wir ziehen mit Umgehungsstraßen Durchgangsverkehr an, der die Abkürzung von der A 3 bei Ansbach zur A 9 sucht.“ Er zeichnete damit ein Szenario weiterer Staus in Ammerndorf und Seukendorf.

Während Grünenpolitiker Ganserer in seinem Statement mit der Verkehrspolitik der Staatsregierung abrechnete, machte Horst Arnold (SPD) auf die Bedeutung von Wasserschutzgebieten aufmerksam, den die geplante Trasse führt 500 Meter durch ein Wasserschutzgebiet. „Wasserschutzgebiete sind ein harter Faktor für das Planfeststellungsverfahren“, führte er aus. Deshalb könne mit einer schnellen Umsetzung, sollte die Planung vorangetrieben werden, keinesfalls gerechnet werden: „Da gehen mindestens 15 Jahre bis zum Baubeginn ins Land“, meinte Arnold.

Auch die Befürworter der Trasse formulierten ihre Forderungen nach einer Verkehrsentlastung. Vielleicht konnte die Zusage von Andrea Holzammer zu einer Annäherung beitragen: Wenn am 17. April die Trassenplanung abgelehnt werden sollte, „machen wir für Sie weiter“.

 

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