Neue Anlaufstelle: Weißer Ring berät im Fürther Rathaus

19.9.2020, 11:00 Uhr
Neue Anlaufstelle: Weißer Ring berät im Fürther Rathaus

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Bayerns und Deutschlands "sicherste Großstadt" bietet der Opferschutzorganisation Weißer Ring im Rathaus Platz für Beratungsgespräche. Wer Opfer eines Verbrechens wurde, findet in den Räumen des städtischen Seniorenbüros ab 24. September donnerstags von zehn bis zwölf Uhr fachkundige Hilfe.

Ratsuchende dürfen, wie es bei einem Pressetermin vor Ort hieß, davon ausgehen, dass sie unerkannt bleiben. Denn zum einen gehen im Seniorenbüro, das man über den Rathauseingang in der Königstraße 86 (neben der Mohren-Apotheke) betritt, ohnehin Besucher ein und aus. Zum anderen gibt es einen zweiten Zugang im Gebäudeinneren.

Weißer Ring mit 4000 Opferhelfern

Der Weiße Ring ist ein gemeinnütziger Verein mit 50.000 Mitgliedern. Deutschlandweit leisten rund 4000 professionell geschulte ehrenamtliche Mitarbeiter Kriminalitätsopfern Hilfe. Das Spektrum reicht vom menschlichen Beistand über die Begleitung zu Terminen bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht bis hin zu finanzieller Unterstützung etwa in Form von Schecks für anwaltliche Erstberatungen oder psychotherapeutische Beratungen.

Er hoffe, dass möglichst wenige Menschen auf das neue Angebot zurückgreifen, gab Oberbürgermeister Thomas Jung zwar zu bedenken. Zugleich zeigte er sich aber – ebenso wie Polizeichef Bernd Wolf – dankbar, dass "eine echte Lücke in Fürth geschlossen wird".


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Das heißt nicht, dass der Weiße Ring Menschen, die etwa nach Überfällen, Raub- oder Sexualdelikten traumatisiert sind und nicht weiter wissen, bisher allein ließ. Er kümmerte sich von Nürnberg aus um sie. "Fürth ist kein weißer Fleck bei der Opferbetreuung", sagte der Landesvorsitzende des Weißen Rings Bayern Nord, Josef Wittmann.

Hier gibt es künftig Beratung: Arno Dahms von der Nürnberger Außenstelle des Weißen Rings und Annegret Steiger, Beauftragte der Fürther Polizei für Kriminalitätsopfer, am Fürther Rathaus.

Hier gibt es künftig Beratung: Arno Dahms von der Nürnberger Außenstelle des Weißen Rings und Annegret Steiger, Beauftragte der Fürther Polizei für Kriminalitätsopfer, am Fürther Rathaus. © Birgit Heidingsfelder

Als neue Präventionsbeamtin und Beauftragte für Kriminalitätsopfer bei der Fürther Polizei hatte aber Kriminalhauptkommissarin Annegret Steiger bemerkt, dass die Außenstelle Fürth auf der Homepage des Weißen Rings telefonisch, per Fax oder Mail kontaktiert werden kann. Aber: Eine echte Anlaufstelle, die fehlte. Weil sie Hilfsbedürftigen lange Wege ersparen will, begann Steiger nach einer Lösung zu suchen.

Unterstützt wurde sie von der Fürther Gleichstellungsbeauftragten Hilde Langfeld, der Seniorenbeauftragten Christiane Schmidt und der Seniorenratsvorsitzenden Inge Hartosch. Ihnen allen schien der Besprechungsraum, in dem der Seniorenrat und seine Ausschüsse tagen, auch aus historischen Gründen ideal: Er ist Teil der einstigen Rathauswache.

Wittmann freute sich, dass von 31 Außenstellen des Weißen Rings in seinem Zuständigkeitsbereich nunmehr drei auch eine feste Örtlichkeit für Beratungen haben. Neben Fürth sind das Nürnberg (Zeughaus, Pfannenschmiedsgasse 24) und Bayreuth, wo Wittmann selbst sein Büro hat.

Das Problem, wo sich Opfer und Helfer vertraulich austauschen können, sagte er, sei nicht immer einfach zu lösen. "Viele Betroffene legen größten Wert auf Diskretion, gehen aber nicht gern zur Polizei. Und wenn es um Vergewaltigung in der Ehe geht, ist der Täter oft auch daheim."

Oft konfrontiert mit Gewalt und Stalking

André Sebald, Berater des Weißen Rings für Nürnberg und Fürth, bat darum, über die Hotline des Vereins – 01 51/55 16 46 70 – vorab einen Termin zu vereinbaren. Schließlich sollten im Rathaus nicht zwei Personen gewissermaßen aufeinanderprallen.

Außerdem versuche man, einer traumatisierten Frau nach einem sexuellen Missbrauch möglichst ein Gespräch mit einer Frau statt einem Mann anzubieten, bei Bedarf auch noch eine Dolmetscherin. Das aber müsse man vorab organisieren.

Laut Sebald sind er und seine Mitstreiter oft mit Fällen von häuslicher Gewalt und Stalking konfrontiert. Rat und Hilfe suchten in den meisten Fällen Frauen. Polizeichef Wolf betonte, es sei aber auch für Männer keine Schande, Hilfe anzunehmen.

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