Neues S-Bahn-Gutachten unter Beschuss

24.11.2010, 22:00 Uhr
Neues S-Bahn-Gutachten unter Beschuss

© Hans-Joachim Winckler

Mit ebenso launigen wie ernst gemeinten Worten hat Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung im Sommer davor gewarnt, dass Fürth zur Lachnummer der Nation werden könnte, wenn die Salatfelder des Knoblauchslandes ihren eigenen Bahnhof bekämen. Man könne eine dort geplante Station mangels ordentlicher Straßenanbindung nur in Gummistiefeln verlassen, ulkte der OB und nannte den Schwenk zur Schmalau eine „unsinnige Entscheidung, mit der wir uns blamieren werden“.

In einem S-Bahn-Arbeitskreis präsentierten nun Gutachter der Münchner Intraplan Consult GmbH vor Vertretern des Freistaats, des Bundes, der Stadt, des VGN und der Bahn die Ergebnisse einer aktualisierten, bislang unveröffentlichten Nutzen-Kosten-Studie für die „Bestandstrasse“ entlang der vorhandenen Gleise nach Erlangen. Beurteilt wurden zwei Varianten, eine mit einer Haltestelle Stadeln Nord, die andere mit zwei Stationen, Stadeln Nord und Süd.

Keine Trasse würde sich rechnen

Heraus kam, dass sich keine Trasse rechnen würde. Die erste Variante erzielte den Faktor 0,94, die zweite 0,97. Somit erreichten beide nicht den für eine Förderfähigkeit notwendigen Faktor von mindestens 1,0. Ein Ergebnis, das nach Ansicht von Thomas Jung „provozierend knapp“ ausfällt. Jung, der bis dahin „sehr optimistisch war, dass wir die 1,0 erreichen“, kündigte eine „sorgfältige Analyse“ des Gutachtens an: „Unser Rechtsamt wird das in den nächsten Monaten vorbereiten.“ Ferner werde man das „Zahlenwerk“ gemeinsam mit dem Tüv Rheinland „kritisch hinterfragen“. Nach einem von der Stadt in Auftrag gegebenen Tüv-Gutachten vom März wäre eine S-Bahn-Trasse entlang der bestehenden Gleise drei Millionen Euro billiger als der von der Bahn favorisierte Schwenk.

Die Bundestagsabgeordneten Christian Schmidt (CSU) und Uwe Kekeritz (Grüne) stoßen ebenso wie Vertreter des Aktionsbündnisses „Pro S-Bahn ohne Verschwenk“ und des Verkehrsclubs Deutschland im Prinzip ins gleiche Horn wie der OB. So fordert der VCD ein drittes, „neutrales“ Gutachten. Und Kekeritz findet es nach wie vor „unvernünftig, einen S-Bahn-Halt Hunderte Meter weit weg von der nächsten Siedlung zu bauen“. Er kritisiert, der nötige Lärmschutz etwa sei wohl der S-Bahn zugerechnet worden. „Dadurch wird diese künstlich verteuert, obwohl auch die ICE-Gleise davon profitieren.“

"Äpfel mit Äpfeln vergleichen"

Wie er ist Lothar Wüstner, Sprecher des Aktionsbündnisses, überzeugt, „dass man bei einer Optimierung der Planung auf 1,0 kommen kann“. Um beurteilen zu können, ob dem Gutachten wirklich aktuelle Daten zugrundelagen, sei dieses im Detail offenzulegen, fordert er und warnt: „Man muss aber auch Äpfel mit Äpfeln vergleichen.“ Schließlich basiere eine Studie zur Verschwenk-Trasse aus dem Jahr 2009 „auf uralten Daten“. Christian Schmidt sieht jetzt nur noch eine kleine Chance für die Bestandstrasse und merkt an, dass Fürth die Verschwenk-Trasse nicht als „Quatsch“ abtun“ könne — zumal die lang geplanten Neubauten von Möbel Höffner und Teppich Kibek zwischen Steinach und Herboldshof nun doch wieder greifbar würden. Aber, so Schmidt: „Wenn man so nah dran ist an der 1,0, dann muss man dieses Gutachten schon sehr genau auf seine Schwachstellen hin abklopfen.“

Sollten alle Stricke reißen, zieht Jung auch eine Klage in Betracht. Der OB betonte, es handle sich hier nicht um ein milliardenschweres Projekt der Deutschen Einheit, sondern um ein „normales öffentliches Verkehrsvorhaben“ mit einem vergleichsweise kleineren Investitionsvolumen. Das ist wichtig für den Streitwert, den bei einem etwaigen Prozess der Verlierer zahlen muss. „Wir werden uns da kundig machen“, sagte Jung, „und das Erfolgs- und Kostenrisiko abwägen.“