Nicht ohne meinen Stoffbeutel: Plastiktüten verschwinden

28.9.2016, 06:00 Uhr
Nicht ohne meinen Stoffbeutel: Plastiktüten verschwinden

© Fotos: Oliver Berg/dpa, Thomas Scherer

Seit Juli sind dünne Plastiktüten in Frankreich verboten, ab 2020 sollen die Franzosen dann auch ohne Plastikbesteck und -geschirr auskommen. Träumen Sie von einem ähnlichen Gesetz in Deutschland? Die Kühltheken sind auch hierzulande voll mit Plastikbehältern voller Obst, Salaten, Snacks. . .

Nicht ohne meinen Stoffbeutel: Plastiktüten verschwinden

Michael Brak: Dazu muss man ganz klar sagen: Bravo, Frankreich! Der nationale Vorstoß ist wichtig, um das Thema auch in der EU voranzutreiben. Mit Plastikgeschirr hat man ja das gleiche Müllproblem wie mit den Tüten. Bis zu 500 Jahre dauert es, bis eine Plastiktüte, die im Meer landet, abgebaut ist.

 

Ist das für Roßtal das nächste Ziel: auch frei von Einwegbesteck zu werden?

Brak: Wenn einer bewusst auf Plastiktüten verzichtet und sein Baumwolltäschchen benutzt, ist das Umdenken eigentlich schon geschafft. Dann wird er auch nicht gedankenlos Plastiklöffel benutzen. Der Verzicht auf Plastiktüten ist also ein wichtiger Mosaikstein, dem andere oft folgen. Mit unseren Aktionen in Roßtal wollen wir die Leute anregen, darüber nachzudenken – freiwillig, ohne Zwang.

 

Bundesweit hat der Kampf gegen die Plastikberge in den vergangenen Monaten einen großen Schub erhalten: Rewe hat die Plastiktüten abgeschafft, Lidl will 2017 nachziehen, immer mehr Geschäfte verlangen Geld für Tüten. Fällt Ihnen schon ein Wandel in den Fußgängerzonen auf?

Brak: Dass so große Konzerne sich umstellen, ist ein enormer Erfolg. Das hilft, die Leute wachzurütteln. Wenn ich durch die Stadt gehe, beobachte ich schon ein gewisses Umdenken: Neulich haben bei Karstadt an der Kasse viele – quer durch alle Altersgruppen – ihre Stoffbeutel rausgezogen. Und andere merken, dass sie nicht in jedem Laden noch eine Tüte brauchen. Was ich bei Karstadt auch toll fand: Sie haben in den Werbedurchsagen darüber informiert, dass die Tüten jetzt etwas kosten, und das positiv dargestellt.

 

Wie sind Sie eigentlich dazu gekommen, Plastiktüten aus Ihrem Leben zu verbannen?

Brak: Meine Familie ist ein Dreimädelshaushalt. Da kamen natürlich viele Tüten zusammen und wir haben uns immer gesagt, wir heben die auf und verwenden sie noch mal oder nutzen sie als Mülltüten. Aber unser Depot wurde immer größer! Vor allem diese kleinen, dünnen Tütchen aus Drogeriemärkten und Apotheken braucht man ja nie wieder.

 

Und seitdem haben Sie keine Ausnahme gemacht?

Brak: Ich muss natürlich mit gutem Beispiel vorangehen. Ich erinnere mich, dass ich einmal das Hemd, das ich ausgesucht hatte, wieder zurück ins Regal getragen habe, weil ich meinen Baumwollbeutel vergessen hatte. Ich hab‘s mir dann am nächsten Tag geholt.

 

Was halten Sie von kompostierbarem Geschirr und Besteck für den Snack unterwegs?

Brak: Die perfekte Lösung kenne ich noch nicht. Varianten aus Mais zum Beispiel ziehen während der Lagerung Nagetiere an. Und viele Produkte sind eigentlich gar nicht so kompostierbar, wie versprochen wird. Ich teste gerade auf meinem Kompost, ob Einweggeschirr aus gepressten Palmblättern, das wir fürs Grillen verwendet haben, sich so zersetzt, wie es in der Werbung versprochen wird.

Die Papiertüte soll auch nicht so umweltfreundlich sein, wie viele es annehmen.

Brak: Es stimmt, ihre Herstellung belastet die Umwelt und man müsste sie mehrfach verwenden, damit die Ökobilanz passt. Aber ich hab noch keine Papiertüte im Meer gesehen, die erst nach Hunderten Jahren verrottet.

 

In Roßtal hilft Ihnen auch der Kindermarktgemeinderat, die Liebe zur Stofftasche zu wecken.

Brak: Ja, die Kinder sind ganz heiß drauf. Und das ist gut: Denn Kinder nehmen oft Einfluss auf Erwachsene. In den Ferien haben sie einen Fotowettbewerb gestartet. Unter dem Motto „Urlaub 2016“ wollen sie zeigen, wo ihnen überall Plastik in der Natur begegnet ist. Und im Herbst stehen wir das nächste Mal vor Märkten und zählen, wie groß der Anteil an Plastiktüten in Roßtal noch ist.

 

Was schätzen Sie?

Brak: Bei der letzten Erhebung waren es fünf Prozent. Schön wäre es, wenn es jetzt nur noch drei Prozent wären.

9 Kommentare