NS-Archivar: Fürth distanziert sich von Schwammberger

24.11.2017, 12:00 Uhr
NS-Archivar: Fürth distanziert sich von Schwammberger

© Hans-Joachim Winckler

Adolf Schwammberger hatte sich nach dem Zweiten Weltkrieg in seiner Stellung und als Historiker große Verdienste um seine Heimatstadt erworben. Kurz vor seinem Tod 1975 wurde ihm die Goldene Bürgermedaille verliehen, nach der Ehrenbürgerschaft die zweithöchste Auszeichnung der Stadt Fürth. Einige Jahre später erhielt außerdem ein Sträßchen, das die Mohren- mit der Königstraße verbindet, seinen Namen.

Allerdings: Recherchen des Hobby-Historikers und Grünen-Stadtrats Kamran Salimi brachten jetzt ans Licht, dass Schwammberger während des Kriegs als hoher Beamter in der besetzten polnischen Stadt Torún tief in das NS-System verstrickt gewesen war und obendrein als Redner massiv gegen Juden gehetzt hatte. Schwammberger hielt sich von 1939 bis 1944 in Torún (deutsch: Thorn) auf, wo er als Kulturdezernent und rechte Hand des Oberbürgermeisters half, eine deutsche Verwaltung aufzubauen.

Von der Gestapo deportiert

Nachdem der heutige Stadtarchivar Martin Schramm Salimis Ergebnisse geprüft und eine Umbenennung der Straße empfohlen hat, zieht das Rathaus nun Konsequenzen: Die kleine Schwammbergerstraße wird bald den Namen Bella-Rosenkranz-Straße tragen. Rosenkranz, eine jüdische Fürtherin, war im April dieses Jahres im Alter von 95 Jahren gestorben. Obwohl sie 1938 von der Gestapo aus ihrer Heimatstadt deportiert worden war, hatte sie sich nach ihrer Rückkehr in den 60er Jahren stets für den Dialog zwischen Christen und Juden eingesetzt.

Schon kurz nach Rosenkranz’ Tod beantragte die Fürther CSU bei der Stadt, ihren Namen in ein Verzeichnis aufzunehmen, das immer dann herangezogen wird, wenn eine neue Straße benannt werden soll. Schneller als erwartet, wurde das nun Wirklichkeit: Nach Angaben aus dem Rathaus brachten im September sowohl das Frauenforum als auch der Verein "Unabhängige Frauen Fürth" den Namen Rosenkranz für die Umbenennung der Schwammbergerstraße ins Spiel. Einwände gegen diesen Vorschlag gab es nicht.

Einmaliger Vorgang

Die Goldene Bürgermedaille kann die Stadt Schwammberger nicht aberkennen, denn: Genau genommen endet die Trägerschaft ohnehin mit dem Tod, teilte das Rechtsamt mit. Allerdings distanzierte sich der Stadtrat am Donnerstag per Beschluss einstimmig von dem Träger dieses Ehrenzeichens. Ein Vorgang, den es so in der Kleeblattstadt noch nicht gegeben hat.

NS-Archivar: Fürth distanziert sich von Schwammberger

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Nach Oberbürgermeister Thomas Jung dankte auch SPD-Fraktionschef Sepp Körbl Kamran Salimi für seine Forschungsergebnisse: "Ich habe großen Respekt vor dem Zeitaufwand, er hat Historisches herausgefunden." Salimi gab den Dank zurück ans Rathaus. "Es ist wirklich mustergültig, wie ergebnisoffen man an diese Diskussion gegangen ist." Andere Städte täten sich da schwerer. Aber gerade in einer Zeit, so Salimi, in der "Rechtspopulisten und Holocaustleugner in die Parlamente einziehen", sei es umso wichtiger, dass die Stadt "klare Kante" zeigt.


Die neue Namensgeberin: Wer war Bella Rosenkranz?


Die kleine Straße wird voraussichtlich zum Jahresanfang offiziell umbenannt.

7 Kommentare