Parallelen zu Seawatch: Antigone in der Kofferfabrik

25.2.2020, 18:17 Uhr
Parallelen zu Seawatch: Antigone in der Kofferfabrik

© Foto: Hans-Joachim Winckler

"Das Stück passt sehr gut in die Zeit." Davon ist Doris Hanslbauer überzeugt. Und das nicht nur, weil sich "Antigone" wunderbar als Paradebeispiel für die Selbstbestimmung der Frau lesen lässt. Schon zu Beginn ihrer gemeinsamen Regiearbeit mit Markus Nondorf kamen ihr Parallelen etwa zu Carola Rackete in den Sinn, die im Sommer 2019 als Kapitänin der "Seewatch 3" über 50 Flüchtlinge aus Seenot rettete und trotz Verbots durch die italienischen Behörden den Hafen auf Lampedusa ansteuerte. "Sie verkörpert genauso wie Antigone eine unglaubliche Willensstärke und Durchsetzungskraft."

Hatte es Rackete mit dem damaligen rechtspopulistischen Innenminister Matteo Salvini zu tun, lehnt sich Antigone in der über 2400 Jahre alten Tragödie von Sophokles gegen ihren Onkel und Machthaber Kreon auf. Gegen das Verbot des Königs von Theben will die trauernde Schwester ihren gefallenen Bruder Polyneikes begraben und nimmt dafür auch den eigenen Tod in Kauf.

Hier trifft ziviler Ungehorsam auf Unterdrückung und Machtwillkür. Gleichzeitig geht es um die Auseinandersetzung zwischen zwei Weltanschauungen, einer göttlichen und einer von Menschen geschaffenen. Indem Antigone dem Gesetz der Götter folgen will, muss sie zwangsläufig das Gesetz des Königs brechen.

Bereits 2003 hatte sich TKKG-Regisseur Markus Nondorf der "Antigone" angenommen. Damals hatte er vor dem Hintergrund des von US-Präsident George W. Bush angezettelten Irak-Krieges keine andere Wahl, als den antiken Stoff eins zu eins auf die Gegenwart zu übertragen.

In der aktuellen Inszenierung, die am Freitag, 28. Februar, in der Kofferfabrik Premiere feiert, ist das anders. "Wir haben uns bei Kreon gegen Armani-Anzug und Generalsuniform entschieden", sagt Nondorf. "Wir belassen es bei einer archaischen Anmutung." Das Bühnenbild bleibt spartanisch und sehr zurückhaltend und trägt damit ganz die Handschrift von Ausstatterin Doris Hanslbauer.

"Eine Herausforderung für die Schauspieler, die sich an nichts festhalten können." Umso mehr Wert hat sie auf die Kostüme des Ensembles gelegt. Kreon (Markus Nondorf) tritt ganz in Schwarz auf, aber mit Kunstpelz im Leoparden-Stil als Symbol seiner Macht. Antigone, gespielt von Esther Sambale, bekommt ein Netzshirt in Leo-Optik verpasst. Der Chor kommt aus dem Off, einzig die Chorführerin (Sandra Bauer) ist auf der zweigeteilten Bühne, aber auch im Zuschauerraum präsent.

Viel Raum nimmt die Musik ein. Mit Heinrich Filsner haben sich Hanslbauer und Nondorf einen kongenialen Partner ins Team geholt, der ihre Vorstellungen mit Schlagwerk und Synthesizer punktgenau umzusetzen wusste: "Eine ganz wunderbare Zusammenarbeit."

In dem antiken Stoff, sagt Doris Hanslbauer, geht es um Überzeugungen, für die es sich lohnt, auf die Straße zu gehen und dafür zu kämpfen. "Es gibt zum Glück Menschen wie Carola Rackete oder Greta Thunberg, weshalb man Antigone eigentlich gar nicht oft genug spielen und neu interpretieren kann."

InfoPremiere am 28. Februar im Theater in der Kofferfabrik (Lange Straße 81, 19.30 Uhr). Weitere Termine am 29. Februar und am 1. März sowie am 9., 10., 11., 17., 18. und 19. April. Karten mit ZAC-Rabatt gibt es in der FN-Geschäftsstelle, Schwabacher Straße 106, ohne den Rabatt an der Abendkasse.

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