Heimspiel

Plüschhirsch und Hundekorb: So lebt Kabarettistin Lizzy Aumeier in Fürth

8.8.2021, 11:13 Uhr
Mit Blumen im Haar wie Frida Kahlo: Kabarettistin Lizzy Aumeier mag es bunt und authentisch, auch ihre Altbau-Wohnung in Fürth ist kreativ-gemütlich eingerichtet.

© Stefan Hippel, NNZ Mit Blumen im Haar wie Frida Kahlo: Kabarettistin Lizzy Aumeier mag es bunt und authentisch, auch ihre Altbau-Wohnung in Fürth ist kreativ-gemütlich eingerichtet.

Es gibt puristische Design-Wohnungen, schön, aber sie erzählen nichts. Und es gibt Wohnungen wie die von Lizzy Aumeier: mit einem Sammelsurium an Gegenständen, voller Leben. Auf 170 Quadratmetern lebt sie zusammen mit Ehemann Andreas Stock in einem Altbau in der Fürther Südstadt. Ein buntes "Super-Lizzy"-Plakat begrüßt einen im Gang, im Wohnzimmer röhrt ein Hirschkopf aus Plüsch an der Wand. Darunter ein geschwungenes Chippendale-Sofa - aus dem Bestand der Schwiegermutter, die vor Kurzem gestorben ist. Auf diesem Sofa nimmt die Kabarettistin im schulterfreien Carmen-Oberteil Platz und steckt sich einen Blumenreif ins Haar. "Wart, ich setz’ es fürs Foto auf, das sieht besser aus", sagt sie und zündet sich erstmal eine Zigarette an.


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Sie ist zeitgleich mit dem Besuch von der Presse nach Hause gekommen. Keine Zeit, irgendetwas hinzudekorieren oder zu glätten. Auch nicht sich selbst. Die 57-Jährige zeigt sich ohne Aufwärm-Phase wie sie ist und wie es ihr geht. Nicht so gut gerade. Sehr viele Menschen aus ihrem engsten Umfeld sind gerade gestorben: "Ich komm’ seelisch nicht mehr hinterher", sagt Aumeier.

Hündin Mimi, 13 Jahre alt,  ist immer dabei. Sie ist ein Findelkind aus Bosnien.

Hündin Mimi, 13 Jahre alt,  ist immer dabei. Sie ist ein Findelkind aus Bosnien. © Stefan Hippel, NNZ

Die Gäste sollen aber nicht darben deshalb, sie kredenzt ihnen ein kühles alkoholfreies Radler. Hündin Mimi, ein Findelkind aus Bosnien, 13 Jahre alt, braucht ein bisschen, bis sie sicher ist, dass der Besuch ihr Frauchen nicht verspeisen möchte, und lässt dann aus dem Korb bald lautes Schnarchen ertönen. Eine beruhigende Gesprächsuntermalung. "Sie ist ein Tourneehund", erzählt Aumeier. Bei allen Auftritten dabei, im Auto hat sie einen festen Platz. "Andere schreiben oft komplizierte Cateringlisten für sich. Bei uns steht dann da: ,Und bitte eine Rinderbeinscheibe.’" Da wundern sich die Veranstalter manchmal", sagt Aumeier und lacht. Ihre braunen Augen fangen zu leuchten an.

"Für die Ehe war der Lockdown auch keine Ekstase"

Anstrengend für die Psyche hat sie die Zwangspause durch Corona empfunden: Absage, Verlegung, Absage. Und schwierig für die Kreativität: "Ich hab’ ja nix mehr erlebt! Über was sollte ich schreiben? Corona? Das hängt den Leuten doch zum Hals raus", sagt sie. "Und auch für die Ehe war es jetzt keine Ekstase", sagt sie und lacht. Es wird viele Babys und viele Scheidungen geben, prophezeit sie.

Kann lusrtig, kann aber auch ernst: Kabaretistin Lizzy Aumeier.

Kann lusrtig, kann aber auch ernst: Kabaretistin Lizzy Aumeier. © Stefan Hippel, NNZ

Seit über 30 Jahren ist sie mit Ehemann Andreas ein Paar. Der 61-Jährige kommt aus Leipzig, sie ist gebürtige Oberpfälzerin. Bei einem Konzert in Heidenheim lernten sie sich kennen, er sang im Opernchor, Aumeier, die auch Kontrabassistin ist, war Praktikantin der Nürnberger Symphoniker. Nach acht Jahren haben sie geheiratet. Aumeier lieh sich dazu ein Kostüm der Csárdásfürstin. "In den normalen Kleidern habe ich ausgesehen wie ein kleiner dicker Pralinee." Figurtechnisch hat Aumeier schon alles durch: Magersucht in jungen Jahren, aber auch über hundert Kilo. In letzter Zeit hat sie zwei Konfektionsgrößen abgenommen, nicht weil sie Diät machen wollte, sondern durch die nervliche Anspannung. "Ich bin kein Stress-Esser", sagt sie. Eine Süße ist sie übrigens auch nicht. "Ein Leberwurstbrot ist mir lieber als Tiramisu!"

Aufräumen ganz schnell: Decke drüber und fertig!

Ihr Mann habe sie in jeder Phase ihrer äußeren Erscheinung gemocht sagt sie. Gewicht und Figur: "Ach, es gibt so viele echte Probleme", winkt sie ab. "Das ist keines." Trotzdem freut es sie, wenn sie Frauen ermutigen kann, zu sich zu stehen. "Wenn eine Frau kommt und sagt: "Ich habe Größe 48 und trage wieder enge Kleider, dann freut mich das!" Für das leibliche Wohl ist bei Aumeiers der Mann zuständig.

"Komm Schatzi, setzt dich zu uns", lädt sie ihn während des Gesprächs immer wieder ein. Schatzi Andreas, groß, lächelnd, ruhig, bleibt aber lieber im Hintergrund, erst spät setzt er sich auf ein Getränk dazu. Als es ans Küchenfoto geht, ist er ein Mann der Tat. "Moment, ich räum‘ schnell auf", sagt er. Nimmt das Tischtuch und sackt den Inhalt des Esstisches damit einfach ein, fertig. Tischlein-deck-dich umgekehrt. "Wir im Osten sagen dazu eine ,Ferdschwäre‘: Decke drüber und fertig", sagt er und lacht.

Auf der Bühne erscheint sie als starke Walküre, in echt wirkt Lizzy Aumeierin verletzlich. Sie könnte es verstecken, dazu ist sie Profi genug, aber sie tut es nicht. "Auf der Bühne fühle ich mich sicher. Im Leben nicht so", gibt sie zu. Ihr Selbstbewusstsein muss sie sich jeden Tag wieder von Neuem aufbauen. Sagt die Frau, die mit dem Bayerischen und dem Deutschen Kabarettpreis ausgezeichnet wurde und die als erste Frau am Nürnberger Konservatorium im Fach "Kontrabass" examinierte, mit Bestnote. "Erfolg ist gleich Glück, das stimmt einfach nicht."

Super Lizzy: Bunte Tournee-Plakate begrüßen den Gast im Eingang der Altbauwohnung  In Fürth.

Super Lizzy: Bunte Tournee-Plakate begrüßen den Gast im Eingang der Altbauwohnung  In Fürth. © Stefan Hippel, NNZ

Die starke Mäxin zu spielen, darauf hat sie keine Lust. Sie spricht auch offen über die schwere Depression, die sie in jüngeren Jahren ereilte. Depression ist etwas anderes als Traurigkeit, betont sie: "Es macht dir einfach nichts mehr Spaß." Erst wollte sie sich nicht behandeln lassen, wollte "kein Psycho" sein oder abhängig werden von Psychopharmaka. Dann halfen ihr eine Gesprächstherapie und die richtigen Medikamente. Seitdem sieht sie es als ihre Aufgabe, darüber zu sprechen: "Leute, lasst euch helfen!", ist ihre Bitte. Wenn man nur einen Menschen damit erreicht, habe es sich schon gelohnt. Zum Beispiel auch mit diesem Artikel. Sie kennt das Gefühl der Scham, aber dafür gebe es keinen Grund: "Wenn du Diabetes hast, dann musst du dir auch helfen lassen und Insulin spritzen", zieht sie den Vergleich.


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Ruhe und viel Natur findet Aumeier mit ihrem Mann in ihrem zweiten Wohnsitz in Sulzbürg in der Oberpfalz. In Neumarkt ist sie geboren, ihre Mutter lebt dort noch. Die 83-Jährige spielt Zither und tritt ab und zu bei Aumeiers musikalischen Bühnenprogrammen auf. Durch ihren Vater ist Aumeier Halbfränkin – an die Mentalität hier musste sie sich nach ihrem Umzug wegen des Musikstudiums trotzdem erst gewöhnen: "Es gibt kein ,Herzlich Willkommen! in Nürnberg. Sondern nur ,Hier können‘S fei net barrgen!’"

"Wenn man die Franken mal hat, ist es toll. Aber vorher ist es die Wüste Gobi." Kann sein, die Witze stammen aus einem ihrer Programme - sie könnten aber auch ein "Test-Gag" sein. Die macht die Kabarettistin im Bekanntenkreis gerne mal. "Es gibt da einen Freund, der lacht nie. Wenn der lacht, dann weiß ich, ich hab hundert Prozent."

Oberpfälzerin trifft auf Fränkin: Lizzy Aumeier und Redakteurin Anette Röckl hatten Spaß beim Gespräch. Im Hintergrund röhrt der Plüschhirsch.

Oberpfälzerin trifft auf Fränkin: Lizzy Aumeier und Redakteurin Anette Röckl hatten Spaß beim Gespräch. Im Hintergrund röhrt der Plüschhirsch. © Stefan Hippel, NNZ

Zur Person: Lizzy Aumeier (57) wurde als Elisabeth Aumeier 1964 als eines von drei Kindern in Neumarkt in der Oberpfalz geboren. Am Nürnberger Meistersinger Konservatorium examinierte sie als erste Frau im Fach „Kontrabass“ und schloss mit „sehr gut“ ab. Danach studierte sie Jazz. Aumeier steht regelmäßig mit Kabarettprogrammen auf der Bühne und auch mit ihrem musikalischen Damen-Salonorchester „Lizzy und die weißen Lilien“. Sie wurde u.a. mit dem Bayerischen und dem Deutschen Kabarettpreis ausgezeichnet. Sie tritt regelmäßig im TV auf, z.b. bei „Ottis Schlachthof“, „Ladies Night“ oder „Kabarett aus Franken“. Mit ihrem Mann und Manager Andreas Stock lebt sie in Fürth und in Sulzbürg, einem Ortsteil von Mühlhausen in der Oberpfalz.

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