Premiere in Fürth: Amtsgericht versteigert Schiff

13.2.2014, 11:00 Uhr
Premiere in Fürth: Amtsgericht versteigert Schiff

© Hans-Joachim Winckler

Johannes ist nicht mehr der Jüngste. 1957 wurde er in Neckarsteinach - tief im Süden Hessens - von der Werft Philipp Ebert & Söhne gebaut. Seitdem legte Johannes deutlich zu: 1963 wurde er um zehn Meter, 1983 um weitere sechs Meter verlängert. Heute misst der 57-Jährige stolze 84 Meter.

Über Jahrzehnte schipperte Johannes über Deutschlands Binnengewässer, seit 2001 sogar mit einem neuen Mitsubishi Motor. Im Sommer des vergangenen Jahres legte er in Fürth an - und Fürth, das wissen wir, zieht zwar nicht an, aber es hält fest. Für Johannes ist hier vorerst Endstation.

Das Motorfrachtschiff „mit flachem Boden und runder Kimm“, so steht es im Wertgutachten, kann frühestens im April wieder auf Reisen gehen. Ende März wird es zwangsversteigert: im Amtsgericht der Stadt Fürth, die nicht unbedingt für ihre Schifffahrtstradition bekannt ist. Dass das Boot ausgerechnet hier unter den Hammer kommt, liegt einzig und allein an seinem aktuellen Aufenthaltsort. „Wäre es in Nürnberg vor Anker gegangen, würde es dort versteigert“, sagt Amtsgerichtsdirektor Walter Groß.

Johannes gehört einer deutschen Firma, einer GmbH, doch offenbar schuldet diese einer vom Gericht nicht näher benannten Privatperson ein erkleckliches Sümmchen. Um an sein Geld zu kommen, musste der Gläubiger schon fast „detektivisch“ vorgehen, sagt Groß. Ein Schiff lässt sich nämlich nur beschlagnahmen, wenn es vor Anker liegt. Also muss man wissen, wo es gerade unterwegs ist - und schnell sein, wenn es festmacht.

Schiff zählt als Immobilie

Im vergangenen Sommer ist genau das in Fürth passiert, seitdem ist der frachtlose Johannes im Wortsinn „an die Kette gelegt“, wie Groß sagt. Das Amtsgericht muss dabei für seine Sicherheit sorgen, eine Aufgabe, die die infra übernommen hat - ihr gehört der Fürther Hafen. Auch die Wasserwacht schaut hin und wieder nach dem Rechten, so Groß, und an Bord hält ihm zufolge - im Auftrag des Eigentümers - noch ein einzelner Matrose Wacht.

Eine Schiffsversteigerung hat es im Fürther Amtsgericht jedenfalls noch nie gegeben. In der Regel geht es um Grundstücke, Häuser, Wohnungen. Allgemein ist die Zahl der Zwangsversteigerungen rückläufig. 2012 waren es 293, 2013 nur noch 212. Walter Groß begründet das mit dem boomenden Immobilienmarkt. Wegen der großen Nachfrage würden sich Gläubiger, meist sind es Kreditinstitute, bemühen, die Gebäude im Einvernehmen mit dem Schuldner auf dem freien Markt zu verkaufen. „Da ist der Erlös oft höher.“

Obwohl Johannes sehr beweglich wäre, wenn man ihn nur ließe, zählt er im Amtsgericht ebenfalls als Immobilie. Nicht ganz zu Unrecht: Auf dem Vorschiff befindet sich eine Matrosenwohnung mit Decksküche und Nasszelle. Die Hinterschiffswohnung hat sogar Küche, Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmer, Nasszelle und eine Lotsenkammer. Inzwischen ist jedoch Johannes’ Schiffsattest, also sein Tüv, abgelaufen.

Wer schon immer ein 84 Meter langes Motorfrachtschiff haben wollte, sollte den 27. März nicht versäumen. Um 10.30 Uhr wird im Amtsgerichtssaal 216 in der Bäumenstraße über Johannes’ Zukunft entschieden. Wer ihn haben möchte, sollte über etwas Kleingeld verfügen. Ein Gutachter hat seinen Verkehrswert auf 170.000 Euro taxiert. Und selbst wenn nur eine Person bieten sollte: Mindestens die Hälfte dieser Summe muss sie auf den Tisch legen. Sonst bleibt Johannes, wo er ist. Im Fürther Hafen.

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