Ranga Yogeshwar sprach in Fürth über digitalen Wandel

28.3.2019, 15:00 Uhr
Ranga Yogeshwar beschäftigt sich mit der Zukunft. In Fürth referierte der TV-Moderator über seine Sicht der digitalen Dinge.

© Peter Roggenthin Ranga Yogeshwar beschäftigt sich mit der Zukunft. In Fürth referierte der TV-Moderator über seine Sicht der digitalen Dinge.

"Wollen wir alles bis zum Ende durchdigitalisieren? Und: Wo ist die Grenze?" Die vielleicht wichtigsten Fragen stellt Ranga Yogeshwar erst gegen Ende seines einstündigen Vortrags – und er lässt sie bewusst offen. Denn die nötige gesellschaftliche Debatte über die Herausforderungen, die die digitale Revolution mit sich bringt, steht aus. 

"Wir wissen nicht, wohin uns die Digitalisierung führen wird, aber wir machen munter weiter", gibt Yogeshwar zu bedenken. Es ist einer der wenigen Momente an diesem Abend, in denen der 59-Jährige wertet – und deutliche Kritik übt, auch an der Politik, die sich zu wenig um derartige Zukunftsthemen kümmere.

Die zahlreichen Begleiterscheinungen des digitalen Wandels benennt der renommierte Wissenschaftsjournalist in einer plastischen, verständlichen Sprache. Natürlich sei es eine Chance, wenn Menschen frühzeitig aufgrund typischer Muster bei Stimme und Gang erfahren, dass sie an Parkinson erkranken könnten. Aber: Nicht jeder wolle das wissen – und auch hier seien Fehldiagnosen möglich. 

Humor gegen die Komplexität

Yogeshwar bejubelt die Errungenschaften der automatisierten Mustererkennung, maschinellen Diagnoseverfahren oder ausgeklügelten Spracherkennungssysteme ebenso wenig wie er sie verdammt. Beispiel Smartphone: "Sie haben heute mehr Speicher in der Hosentasche als ich zu meiner Studienzeit im Rechenzentrum", sagt Yogeshwar über jenes "Wunder der Technik", das Menschen zuweilen "wie eine Hostie hochhalten", um alle, wirklich alle zentralen Momente fotografisch festzuhalten. Zum Beweis zeigt Yogeshwar eine Fotocollage ebenjener Menschen. Hieß es früher mit dem Philosophen Descartes "Cogito ergo sum" ("Ich denke, also bin ich") gelte heute eher "Foto ergo sum". Einige Zuschauer kichern, wohl auch, weil sie sich ein wenig ertappt fühlen.

Mit Humor versucht Yogeshwar dem komplexen Thema die Schwere zu nehmen, ohne die Knackpunkte auszusparen. Eine Art "Diktatur der Transparenz" wolle schlicht nicht jeder haben, auch in China nicht. Wenngleich es dort durchaus Menschen gebe, die uneingeschränkt befürworten, dass mit Hilfe eines dichten Kameranetzes und automatisierter Gesichtserkennung selbst kleinste Gesetzesverstöße geahndet werden. 

Und nicht nur technisch hat sich bereits einiges Grundlegend geändert und wird es weiter tun, sondern auch kulturell. "Die digitale Grammatik ändert sich." Zum Beispiel geht der Trend weg von der Produktzentriertheit hin zur Prozesszentriertheit. Und: "Je mehr geredet wird, desto weniger schreiben wir." Die Vorstellung einer Post-Text-Gesellschaft sei daher nicht abwegig. 

Jeder, so Yogeshwar, sei inzwischen Sender und Empfänger. Während früher der Lehrer dem Schüler etwas erklärte, sei das heute bei manchen Themen umgekehrt. In der Folge verändert sich das Rollenverständnis, auch in den Medien. Eine Folge davon sind Fake News, die sich rasend schnell ausbreiten können, und das global. "In den zugehörigen Echokammern gibt es nicht DIE Wahrheit, sondern nur die Wahrheit der jeweiligen Gruppe."

Schaffen wir uns am Ende selbst ab? Werden wir überflüssig, wenn die von uns geschaffenen lernfähigen Maschinen übernehmen? Von derartigen Schreckensszenarien will Ranga Yogeshwar nichts wissen. Seine Botschaft ist viel mehr: "Wenn wir uns mit Freunde und zugleich kritisch den Herausforderungen der Zukunft stellen, haben wir grandiose Zeiten vor uns."

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