Reparieren statt wegwerfen: Helfer trafen sich in Fürth

17.6.2019, 16:00 Uhr
Reparieren statt wegwerfen: Helfer trafen sich in Fürth

© Foto: Michael Müller

Angehörige von rund 20 Reparaturinitiativen aus Bayern kamen auf Einladung der gemeinnützigen Münchner Stiftung "anstiften" in der Fürther Kofferfabrik zum Regio-Vernetzungstag zusammen. Die Stiftung fördert Netzwerke des Selbermachens. Dazu gehören neben Reparaturinitiativen auch interkulturelle und urbane Gärten, offene Werkstätten und Projekte zur Belebung von Nachbarschaften.

Für Fürth als Schauplatz des jüngsten Regionaltreffens haben sich die Veranstalter nicht ohne Grund entschieden. Schließlich hat hier das Reparieren von Elektrogeräten eine lange Tradition: 1902 war die Stadt zunächst mit Gleichstrom versorgt worden. 1929 kam die Umstellung auf Wechselstrom, was viele Gleichstromgeräte zerstörte. Davon profitierte wiederum Max Grundigs aufstrebendes Rundfunkgeschäft.

Auch heute steht das Instandsetzen wieder hoch im Kurs. Rund 250 Veranstaltungen mit über 1500 Besuchern haben die Reparaturinitiativen in Stadt und Landkreis in den vergangenen zwölf Monaten durchgeführt. Besonders zugkräftig erweist sich dabei die mobile Fahrradwerkstatt von Klaus Hetzer.

Getragen werden die Reparaturinitiativen nach Angaben von Ina Hemmelmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin von "anstiften", im Wesentlichen von Senioren. Sie verfügen über genügend Zeit und Know-how, um gezielt Hilfe leisten zu können. Bei Projekttagen in Schulen und Kitas versuchen sie, auch junge Menschen für das Reparieren zu begeistern. Zwei bis drei neue Reparatur-Cafés werden laut Ina Hemmelmann jede Woche in Deutschland ins Leben gerufen. Was die Stiftungssprecherin ermutigt, ist die Tatsache, dass die meisten die schwierigen Anfangsjahre überleben.

Um dies weiter zu fördern, werden seit fünf Jahren Vernetzungstreffen veranstaltet. In Fürth wurden beispielhafte Projekte vorgeführt und verschiedene Themen diskutiert, auch ums Organisieren von Repair-Treffs ging es.

Es muss genügend Zeit vorhanden sein

Dabei hat sich gezeigt: Es muss genügend Zeit vorhanden sein, damit sich die Reparierenden den Besuchern und ihren Geräten angemessen widmen können und kein Druck entsteht, der das Mitreparieren verhindert. Der Platz soll einladend und groß genug sein, dass Besucher dort nicht am Selbermachen gehindert werden. Deshalb sind Reparatur-Cafés ideal. Wichtig ist zudem, im Team eine Fehlerkultur zu schaffen, in der sich die Mitwirkenden gegenseitig um Hilfe bitten können.

Auch Grenzen zu Unternehmen gilt es zu beachten. Vor Ort sollte man sich erkundigen, wo Berührungspunkte zu lokalen Dienstleistern bestehen und wie das Reparatur-Café diese behandelt. Es sei nie verkehrt, das Gespräch mit den ansässigen Betrieben zu suchen, das Konzept "Hilfe zur Selbsthilfe" zu erklären und auch danach zu handeln.

Vielleicht ergibt sich sogar eine Kooperation. Etwa mit einem Fahrradclub, der einen Workshop anbietet und Ersatzteile besorgt, oder mit Händlern und Initiativen, die sich gegenseitig empfehlen. Bleiben Bedenken bestehen, könnte auf einzelne Reparaturbereiche verzichtet werden.

Wie zeigt man Anerkennung?

Besser als eine Aufwandsentschädigung für Reparaturhelfer ist es nach Einschätzung der Netzwerker, andere Wege der Anerkennung zu schaffen – in Form von gemeinsamen Unternehmungen oder indem überlegt wird, welche Werkzeuge für das Repair-Café angeschafft werden können. "Das stärkt auch den Teamgeist", sagt Ina Hemmelmann.

Das Repair-Café Fürth hat sich vor einigen Jahren intensiv mit den rechtlichen Voraussetzungen und organisatorischen Folgen befasst und sie in einem YouTube-Video zusammengefasst. Die wichtigste Konsequenz ist, dass ausschließlich der einzelne Reparateur für seine Tätigkeit verantwortlich ist. Damit jeder die Aufgaben schnell und einfach durchführen kann, wurde ein Laufzettel entwickelt, der alle Aspekte der Identifizierung von Besucher und Gerät sowie der Dokumentation der Prüfung enthält.

 

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