Risiko Schweinepest: Bauern bangen und beten

21.1.2018, 16:00 Uhr
Die Wahrscheinlichkeit, dass Wildschweine selbst die Pest auf Hausschweine übertragen, ist gering. Die Gefahr für eine Infektion findet sich an anderer Stelle.

© Fotos: dpa/Wagner/Pleul Die Wahrscheinlichkeit, dass Wildschweine selbst die Pest auf Hausschweine übertragen, ist gering. Die Gefahr für eine Infektion findet sich an anderer Stelle.

Rund zehn Betriebe gibt es, deren Haupterwerbszweig Schweinehaltung ist, für sie wäre der Ausbruch der Tierseuche aber eine Katastrophe. Und auch die Verbraucher würden die Folgen drastisch zu spüren bekommen, denn der Markt für Schweinefleisch würde zusammenbrechen.. Regelmäßig bewertet das Friedrich-Löffler-Institut das Risiko eines Ausbruchs der afrikanischen Schweinepest. Es wird als hoch eingeschätzt, da das Virus gut in Wurst und Schinken überleben kann. Insbesondere entlang des Fernstraßennetzes kann ein unachtsam entsorgtes Wurstbrötchen schon ausreichen, um die Tierseuche zu verbreiten. Als mäßig gilt hingegen die Gefahr, dass die Schweinepest über Wildschweine eingeschleppt wird.

Nein, in die Ställe werde der Erreger vermutlich nicht gelangen, meint Peter Köninger, Kreisobmann des Bauernverbandes. Hier seien die Hygienemaßnahmen viel zu streng. Doch dass der Landkreis Fürth oder Teile davon als Sperrgebiet ausgewiesen werden, diese Bedrohung ist real.

Ein geschlossenes System

Einer, für den es eine Katastrophe wäre, ist der Veitsbronner Landwirt Rudolf John. Familie John hat einen Ferkelerzeugerbetrieb mit 240 Zuchtsauen. Den Nachwuchs geben sie an einen Mastbetrieb weiter, der die Tiere dann bis zur Schlachtreife heranfüttert. Hygienevorschriften, Desinfektion, das Verbot für Betriebsfremde, den Stall zu betreten - all das verhindert mit höchster Wahrscheinlichkeit, dass es am Hof zu einem Ausbruch der Seuche kommt.

"Wir haben ein geschlossenes System", erläutert Landwirt John: das selbst erzeugte Futter, die Weitergabe der Ferkel an den immer gleichen Mastbetrieb und nur Familienangehörige, die mitarbeiten.

Dennoch, sagt Rudolf John, nach der Schweinepest befragt: "Ich will mir das gar nicht vorstellen." Das Szenario ist wahrhaft schrecklich: Sollte sein Betrieb in den Sperrbezirk fallen, dann wäre es ihm verboten, seine Ferkel in den Handel zu bringen. Nicht nur der wirtschaftliche Schaden wäre immens, er müsste vermutlich auch einen Teil der vollkommen gesunden Tiere töten - keulen, wie das im Fachjargon heißt. Da die Tragzeit bei Schweinen 114 Tage dauert, gebe es im Stall wochenlang Nachwuchs, für den dort der Platz aber gar nicht ausreicht.

"Es liegt in Gottes Hand"

Von der Tierseuchenkasse würde Familie John nichts bekommen, da ihre Tiere ja nicht krank sind. Immerhin hat der Landwirt eine Versicherung für den Betriebsausfall abgeschlossen, die im schlimmsten Fall zumindest für ein Jahr einspringen könnte. Außer hoffen und beten könne man als Landwirt nichts tun, meint Rudolf John: "Es liegt jetzt in Gottes Hand."

Risiko Schweinepest: Bauern bangen und beten

© Fotos: dpa/Wagner/Pleul

Eine Idee aber gibt es, von der sich so mancher Vertreter der Landwirte mehr verspricht: Die Jäger sollten 70 Prozent der Wildschweine abschießen. Eine Forderung, die den Jagdberater im Landkreis Fürth, Walter Schulte aus Oberasbach, in Rage bringt. "Aktionismus" nennt er das. Noch sei die afrikanische Schweinepest in Deutschland nicht angekommen, noch sei deVirus nicht im Blut eines verendeten Tieres gefunden worden.

Intensiv bejagt

Das bestätigt auch das Veterinäramt des Landkreises Fürth. Von 2014 bis 2016 wurden Blutproben sowohl erlegter als auch verendeter Tiere untersucht. Seit 2017 wurde das auf Wildschweine beschränkt, die der Jäger schoss, weil er erkannte, dass sie krank waren. Aktuell sind Jäger dazu aufgefordert, verendet aufgefundenen Tieren Blutproben zu entnehmen und diese an die entsprechenden Stellen einzusenden. Bislang wurde das Virus nicht entdeckt.

Schwarzkittel würden sowieso bereits intensiv bejagt, mehr gehe einfach nicht, meint Jagdberater Schulte Der Landkreis Fürth gilt als eine Region mit wenigen Wildschweine, jährlich werden rund 80 Tiere geschossen. Bundesweit, so Schulte, seien es 600.000 - "eine stattliche Zahl", meint er.

Derzeit wird die Schonzeit in Frage gestellt, es werden sogar Forderungen laut, die Leitbache einer Rotte zu schießen oder Bachen, die Frischlinge bei sich führen. "Hier wird keinerlei Rücksicht auf den Tierschutz genommen", zeigt sich Schulte empört. Im Übrigen, so der Jagdberater, sei der Strukturwandel in der Landwirtschaft Schuld, dass die Population der Schwarzkittel derart angestiegen sei: Maisanbau und Mischwälder mit Buchen und Eichen bieten den Tieren beste Nahrungsgrundlagen.

Dabei sind die Übertragungswege des Virus vermutlich ganz andere. Der Lastwagenfahrer aus Osteuropa, der achtlos ein Brötchen mit verseuchter Salami in die Tonne wirft, das Müllfahrzeug, das nicht nur den Abfall vom Autobahnparkplatz holt, sondern auch den nahen landwirtschaftlichen Betrieb ansteuert. Lebensmittel, Fahrzeuge, aber auch die Jagdausrüstung, die mit infiziertem Blut in Kontakt war, gelten derzeit als die potenziellen Hauptüberträger.

Noch kein Heilmittel in Sicht

Die Infektion mit der afrikanischen Schweinepest (ASP) endet für Wild- oder Hausschweine in neun von zehn Fällen tödlich. Einen Impfstoff oder Medikamente gibt es nicht. Für Menschen und andere Tiere ist sie ungefährlich. Selbst der Verzehr des Fleisches eines infizierten Tieres schadet nicht.

Das Virus ist allerdings überaus lang in Fleischprodukten haltbar, selbst wenn diese tiefgefroren oder gepökelt wurden. Für Schweine ist der Kontakt hochansteckend. In Ländern wie Polen, Litauen, Lettland und Estland flammt die Seuche seit 2014 immer wieder auf. Im Sommer 2017 wurde sie in Tschechien und Rumänien entdeckt. Wenn die ASP ausbricht, treten - wie aktuell - sofort Handelssperren in Kraft.

Schweinehalter in nicht betroffenen Ländern können nicht mehr tun, als die Hygienebestimmungen peinlich genau einzuhalten: So muss beispielsweise Futter und Einstreu geschützt werden, um das Eindringen von Wildschweinen zu verhindern. Auch Jagdausrüstung und Jagdhunde müssen den Ställen fern bleiben. Wegen des Jagdtourismus in osteuropäische Länder ist das Mitbringen von Trophäen ein nicht zu unterschätzender Weg der Übertragung, insbesondere wenn Gegenstände mit dem Blut infizierter Tiere in Berührung waren. Fahrzeuge, die in Ländern waren, in denen ASP aufgetreten ist, müssen besonders gereinigt und desinfiziert werden.

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