Gemeinde kann Bauland ausweisen

Roßtal will wachsen

Harald Ehm

Fürther Nachrichten

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14.4.2015, 06:00 Uhr
Roßtal will wachsen

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Das Abwasserproblem ist behoben. Derzeit wird der Flächennutzungsplan überarbeitet, Roßtal richtet seine Ansiedlungspolitik neu aus. Und wenn nicht alles täuscht, dürfte der Markt künftig gute Argumente haben, wenn es darum geht, Neubürger zu gewinnen.

Als Johann Völkl 2008 als frisch gewählter Bürgermeister ins Roßtaler Rathaus einzog, sah die Lage mit Blick auf Baugebiete alles andere als rosig aus. Man habe nichts ausweisen können, erinnert sich der SPD-Mann. Der Grund dafür: 50 Jahre hatte der so genannte Tropfkörper der alten Kläranlage an der Unteren Bahnhofstraße auf dem Buckel. Das System, in dem das Abwasser von groben Stoffen gereinigt wird, hätte jederzeit den Dienst quittieren können.

Kläranlage als Knackpunkt

Aber auch die gesamte Anlage, ausgelegt auf rund 6500 Einwohner, entsprach von ihrer Kapazität her nicht mehr den Erfordernissen. Das Wasserwirtschaftsamt machte keinen Hehl daraus, dass ein aus rechtlicher Sicht bis 2017 möglicher Weiterbetrieb sich dann problematisch gestaltet hätte, sollten zusätzliche Baugebiete angeschlossen werden. Planungen begannen, und im Sommer 2013 wurde das neue Bauwerk eingeweiht, das nun mit dem Abwasser von 8000 Menschen fertig wird und Roßtal so neue Perspektiven ermöglicht.

Aktuell entstehen auf einem 1,4 Hektar großen Areal an der Buchschwabacher Straße 17 Einfamilien- und Doppelhäuser, doch das ist nur der Anfang. In der öffentlichen Auslegung befindet sich das Baugebiet „Im Roßtaler Süden“ an der Sichersdorfer Straße, noch heuer sollen die Erschließungsarbeiten beginnen. Vier bis viereinhalb Hektar bieten Platz für knapp 70 Baugrundstücke, 80 bis 90 Wohneinheiten, so weit die nackten Zahlen. Jüngst diskutierte ein Bürgerforum über ein Verkehrskonzept, denn mehr Einwohner bedeuten auch mehr Autos. Überhaupt liegt der Schwerpunkt des Roßtaler Entwicklungspotenzials im Süden des Hauptorts. Richtung Weitersdorf rücken zwei weitere große Flächen in den Blickpunkt: das Areal „Südlich des Bahnhofs“ (8,8 Hektar) und gleich daneben im Westen angrenzend, das Gebiet „Südlich der Bahn“ (15 Hektar).

In Letzterem besitzt die Gemeinde freilich noch keine Grundstücke, anders sieht es „Südlich des Bahnhofs“ aus. Bevor hier Entwicklungen starten, dürften allerdings anderswo die Bagger rollen. Mitte 2017 soll bekanntlich die Sportmeile bezugsfertig sein. Die alten Anlagen von Tuspo und TV Roßtal übernimmt dann der Markt. Künftig werden auch auf den ehemaligen Sportplätzen Menschen wohnen.

Laut Völkl würde sich das ein Hektar große Gelände des TVR als Erstes anbieten. Von einer „Insel in der Wohnbebauung“ spricht der Bürgermeister. Die Erschließung wäre hier in jedem Fall einfacher zu bewerkstelligen als beim Tuspo, dennoch sollen auch diese 2,5 Hektar zeitnah angegangen werden. Schließlich liegt das Areal fußläufig nur wenige Minuten vom S-Bahnhalt „Wegbrücke“ entfernt. Voraussetzung ist in beiden Fällen jedoch besagte Änderung des Flächennutzungsplanes.

Vor Jahren hat Völkl, selbst Bauingenieur, schon hochgerechnet, wie viele Menschen sich auf all diesen Gebieten ansiedeln könnten: Auf 3500 bis 4000 Neubürger ist er dabei gekommen, ein Drittel bis knapp die Hälfte der derzeitigen Einwohnerzahl Roßtals. „Das ist natürlich zu viel“, stellt der Bürgermeister klar. Den bisherigen Höchststand markierte der 31. Dezember 2006, damals zählte man 10 055 Einwohner. Seitdem ging es bergab, zum 1. Januar diesen Jahres lebten noch 9634 Menschen in Roßtal und den Außenorten.

Im Wettbewerb gewappnet

Zügig die alte Bestmarke anpeilen, mittel- bis langfristig für den gesamten Markt um 1000 bis 2000 Einwohner zulegen, so umschreibt Völkl die Perspektiven. In Konkurrenz mit anderen Landkreisgemeinden wie Zirndorf, das nur wenige Kilometer östlich von Roßtal in Anwanden ein Baugebiet (5,7 Hektar) realisieren will, sieht man sich gut gewappnet. „Es ist schon eine Art Wettbewerb“, sagt der Bürgermeister und glaubt, dabei „bessere Karten“ zu besitzen als andere, denn „wir haben alles im Ort“. Als da wären: die ÖPNV-Anbindung mit den beiden S-Bahnhaltepunkten Roßtal und Wegbrücke, der neue Vollsortimenter, die Sportmeile, Kindertagesstätten und Schulen. Bei 215 Euro pro Quadratmeter lag 2013 der Bodenrichtwert in Roßtal, heuer wird neu gerechnet. Völkl erwartet eine leichte Steigerung.

Das Thema Abwasser lässt Roßtal übrigens auch weiter nicht ruhen. Als 1978 im Zuge der Gebietsreform die neue Marktgemeinde aus den einst selbstständigen Kommunen Roßtal, Weitersdorf, Weinzierlein, Groß-/ Kleinweismannsdorf und Buchschwabach entstand, kamen so acht Kläranlagen zusammen, die aus historischen, aber auch topographischen Gründen weiter betrieben wurden. Bei einigen sind die wasserrechtlichen Genehmigungen ausgelaufen, bei anderen steht genau das bevor. „Wir müssen Millionen in die Hand nehmen“, weiß Johann Völkl. Gestemmt wird das über die Gebühren der Nutzer. Wenn da künftig etliche Neu-Roßtaler dazukommen, mindert das die Belastung auch für die Alt-Bürger.

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