Schülercoach: Wegbegleiter dringend gesucht

15.1.2015, 06:00 Uhr
Schülercoach: Wegbegleiter dringend gesucht

© Archivfoto: Markus Kohler

Die Zahlen sind erschütternd: Immer noch verpassen tausende Jugendliche nach der Schule den Sprung in eine Ausbildung. Bei nicht wenigen liegt es daran, dass ihnen schlichtweg die nötige Reife fehlt. Ohne Motivation, ohne Orientierung und ohne Berufsabschluss ist ihr Weg meist vorgezeichnet: Hartz IV, ein Leben lang abhängig von staatlichen Leistungen.

Der Zirndorfer Peter Held sieht darin ein Grundproblem unserer Gesellschaft. Einer Gesellschaft, in der viele Jugendliche einfach keinen Platz fänden. Dass die Jobcenter der Republik mit unterschiedlichen Qualifizierungsmaßnahmen an diesen jungen Erwachsenen herumdoktern, sei gut gemeint, bleibe aber oft fruchtlos. „Das kommt doch viel zu spät“, sagt Held. Der 70-Jährige verfolgt einen anderen Ansatz: Prävention.

Vor zehn Jahren hat er das Projekt Schülercoach ins Leben gerufen. Das Prinzip: Ein Erwachsener begleitet ehrenamtlich einen Jugendlichen, der Probleme in der Schule oder auch in seinem sozialen Umfeld hat. Um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, verbringen sie ein bis zwei Stunden pro Woche gemeinsam. Dabei geht es nicht darum, Nachhilfe zu geben, sondern zu motivieren. Beim gemeinsamen Kochen, einer Tasse Tee und vielen Gesprächen kehrt der Coach die Stärken seines Schützlings hervor und gibt ihm das Gefühl, etwas wert zu sein. Eine Rolle, die viele Eltern heute nicht mehr ausfüllen können.

Held zufolge habe man noch vor der Pubertät die besten Erfolgsaussichten, einen jungen Menschen davon zu überzeugen, sein Leben in die Hand zu nehmen, einen Abschluss zu machen und einen Beruf zu erlernen. Die Schülercoaches wenden sich daher an 12- bis 13-Jährige – und begleiten sie über zwei bis drei Jahre. „90 Prozent wechseln danach nahtlos in eine Ausbildung oder an eine weiterführende Schule“, sagt Held.

Unter dem Dach der Stiftung Schülercoach kümmern sich in der Region gegenwärtig über 200 Ehrenamtliche um jeweils einen Jungen oder ein Mädchen. Held hat für sein Engagement etliche Auszeichnungen erhalten, unter anderem das Bundesverdienstkreuz – und trotzdem ist er unzufrieden. Er würde das Projekt gerne ausbauen: im Landkreis, in der Stadt, in Bayern, in ganz Deutschland, doch ohne finanzielle Unterstützung stößt er an Grenzen. „Alle klopfen mir auf die Schulter und sagen, mach weiter, aber sie haben kein Geld übrig.“

Wie berichtet, zeichnet sich im Landkreis eine Wende ab. Der Kreis plant Mittel bereitzustellen, um die Zahl der Coaches Schritt für Schritt von derzeit 80 auf die laut Held benötigten 240 zu schrauben. In Fürth engagieren sich gegenwärtig zehn Coaches an zwei Mittelschulen (Seeacker und Pestalozzi). Mit Erfolg.

Herbert Dröse, Rektor der Seeackerschule, erzählt von zwei Jugendlichen, die in der siebten Klasse als hoffnungslose Fälle galten. Auch dank der Begleitung durch einen Coach hat das Mädchen heute einen Ausbildungsplatz, der Junge ist nach dem Quali bei der Bundeswehr untergekommen. Held und sein Fürther Team, Uwe Thaler und Diethart Bischof, suchen dringend weitere Coaches. Bürgermeister und Schulreferent Markus Braun schätzt das Projekt und unterstützt es – Geld, wie der Landkreis, stellt er allerdings nicht in Aussicht. In Fürth gebe es eine Vielzahl von Hilfsangeboten, sagt Braun: von den Bildungspaten über die Kompetenzagentur bis zu Berufsberatern. Da könne man nicht ein einzelnes Projekt hervorheben. Für Peter Held ist das zu kurz gedacht. „Ja, es gibt mehr Angebote als in einem Supermarkt“, sagt er, „aber was bringt es uns, wenn die Kinder gar nicht erst die Motivation haben, diese zu nutzen?“

Was einen Schülercoach erwartet, erfahren Interessierte bei Infoabenden am 2. und 3. Februar an der Pestalozzi- sowie am 4. und 5. Februar an der Seeackerschule, jeweils 19 Uhr.

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