Schwere Geschütze im Streit um die S-Bahn

24.1.2012, 10:00 Uhr
Schwere Geschütze im Streit um die S-Bahn

© Mark Johnston

Seit 18 Jahren stemmt sich die Stadt Fürth dagegen, dass für die S-Bahn eine neue Trasse durch das Knoblauchsland gebaut wird. Ebenso lange treibt die Bahn diese Pläne voran — dabei, so bemerken Kritiker, stammen diese noch aus einer Zeit, als ein gemeinsamer Gewerbepark von Fürth, Erlangen und Nürnberg in der Schmalau geplant war.

Weil das Schnee von gestern ist, wollen Fürther Politiker aller Parteien keinesfalls ein Stück unversehrte Landschaft für den S-Bahn-Bau opfern, wo doch, so die Meinung, die Züge genauso gut auf Gleisen fahren könnten, die entlang der bestehenden Strecke gebaut werden müssten. Damit könnte auch der Bahnhof Vach erhalten bleiben.

Wie ausführlich berichtet, teilt der Petitionsausschuss des Bundestags diese Meinung. Im Sommer ließen sich neun Abgeordnete vor Ort von den Argumenten der Stadt überzeugen. Der Beschluss des Berliner Ausschusses wurde anschließend auch durch den Bundestag gewinkt — doch nun gärt es in der Hauptstadt.

„Unser schärfstes Schwert“

Sehr zur Verärgerung des Petitionsausschusses hat das Verkehrsministerium im Dezember in einer Stellungnahme erklärt, es fühle sich nicht zuständig. Den Bau der Strecke habe der Freistaat Bayern zu verantworten. „Juristisch gesehen, ist das richtig“, sagt Gero Storjohann, CDU-Abgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses. Dennoch ist er der Überzeugung, dass der Bund „in bilateralen Gesprächen“ Druck auf das Land ausüben könne.

Für Mittwoch zitiert der Ausschuss daher ein Regierungsmitglied — vermutlich einen Staatssekretär des Verkehrsministeriums — herbei. Eine solche „Vorladung“ sprechen die Abgeordneten nur alle ein bis zwei Jahre aus, erläutert Storjohann. „Das ist unser schärfstes Schwert.“

Im Fürther Rathaus ist man beeindruckt, dass „sich die Abgeordneten nicht abspeisen lassen, sondern hartnäckig bleiben“, wie Oberbürgermeister Thomas Jung sagt. Baureferent Joachim Krauße hofft, der Einsatz führe dazu, dass sich das Ministerium „nicht auf einen formalen Standpunkt zurückzieht, sondern sich inhaltlich mit den Argumenten beschäftigt“. Parallel dazu will die Stadt erreichen, dass auch der bayerische Landtag seinen Petitionsausschuss nach Fürth entsendet, um sich vor

Ort ein Bild zu machen. Eine entsprechende Petition gibt es bereits, sie sei nur gerade „in der Warteschleife“, so Jung. Nach dem Ende der Winterklausuren der Parteien will er Kontakt aufnehmen, um eine Einladung auszusprechen. Laut Baureferent Krauße sollen die Abgeordneten ein Positionspapier bekommen, das alle Argumente und Berechnungen der Stadt enthält und dieser Tage fertig wurde. Vollständig ist es aber nicht, klagt Krauße, denn die Bahn verweigere die Einsicht in ihre Unterlagen.

Die Stadt hat deshalb längst Klage eingereicht, entschieden wird darüber Ende Februar in Berlin. Nach den Worten von Jung und Krauße hat die Bahn eine 50-seitige Klageerwiderung verfasst. „Die machen das zum Präzedenzfall“, sagt Jung. Es sei unglaublich, mit welch „gigantischem Aufwand“ die Bahn um „einen Nebenkriegsschauplatz wie die Akteneinsicht“ kämpfe. „Man meint gar, das hier ist Stuttgart21 im Quadrat, dabei geht es nur um drei Kilometer S-Bahn.“

Wie ebenfalls berichtet, muss eine Trasse einen Nutzen-Kosten-Indikator von mindestens 1,0 erreichen, um Fördermittel des Bundes zu erhalten. Während ein Gutachten im Auftrag des bayerischen Wirtschafts- und Verkehrsministeriums für den Verschwenk 1,18 errechnete, verfehlte die Bestandsstrecke die 1,0 hauchdünn. Bei der Stadt will man jedoch im Gutachten etliche Ungereimtheiten entdeckt haben und fordert Einsicht in die Unterlagen der Bahn.

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