Seniorenrat: "Wir müssen ihnen aus der Isolation raushelfen"

24.4.2020, 06:59 Uhr
Seniorenrat:

© Foto: Bodo Marks/dpa-tmn

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Hans Klinner ist seit 2014 Vorsitzender des Seniorenrates in Langenzenn. Der 64-Jährige engagiert sich für alle Anliegen der älteren Generation in der Zennstadt. So hat er sich unter anderem für eine demenzfreundliche Kommune eingesetzt oder für ein günstiges Seniorenticket im öffentlichen Nahverkehr. Jetzt geht es ihm um Hilfe in der Corona-Krise.

Herr Klinner, die Langenzenner Senioren sind in jüngster Zeit sehr aktiv geworden, um gemeinsam die Corona-Krise durchzustehen. Erst vor kurzem haben sie Schutzmasken verteilt. Wie verlief die Aktion?

Klinner: Es war ganz, wie ich erwartet habe: In einer halben Stunde waren unsere 160 Masken vergriffen. Sie wurden uns geradezu aus der Hand gerissen, dabei haben wir pro Familie nur zwei abgegeben. Etliche Leute waren sogar sauer, weil wir nichts mehr hatten. Ein großer Dank gebührt hier unseren ehrenamtlichen Näherinnen.

 

Wird schon Nachschub genäht?

Klinner: Nein, die Schneiderinnen machen jetzt erst mal Pause. Die Menge, die in einer Stadt mit 11.000 Einwohnern benötigt wird, können wir vom Seniorenrat gar nicht herstellen. Ich finde es sinnvoll, wenn die Stadt eine größere Anzahl von 5000 Stück oder mehr besorgen könnte. Aber das ist wohl nicht so einfach, denn es gibt verschiedene Regularien zu beachten, dazu muss erst der Corona-Ausschuss der Stadt tagen. Ich habe eine günstige Quelle für Mund-Nasen-Schutz aufgetan. Womöglich kauft der Seniorenrat hier ein und verteilt wenigstens Masken zum Selbstkostenpreis.

Nicht nur der Schutz ist wichtig, sondern auch die Bewältigung der Isolation. Haben Sie unter der älteren Bevölkerung in Langenzenn eine depressive Verstimmung beobachtet?

Klinner: Das kann man wohl sagen. ,Ob ich an Corona sterbe oder an Einsamkeit – das ist mir auch schon egal‘ – das war eine Äußerung, die ich jüngst gehört habe und die exemplarisch für die Alleinlebenden steht. Es gibt Senioren, die wissen genau über die Bringdienste von Apotheken, Lebensmittelgeschäften und der Stadt Bescheid, aber sie gehen dennoch selbst einkaufen, weil sie wenigstens ein bisschen unter Leute wollen. Einigen fällt es schon sehr schwer, ihre Enkel nicht mehr sehen zu können, andere kommen relativ gut mit der Situation zurecht. Das größte Problem ergibt sich vermutlich für diejenigen Senioren, die bisher schon wenige Außenkontakte hatten.

 

Sie bieten insbesondere für Alleinstehende einen Telefondienst an. Wie läuft das eigentlich?

Klinner: Die Telefonkette kommt gut an. Menschen können sich unter (091 01) 99 08 34 melden, am besten zwischen 8 und 9 Uhr. Sie können ein bis drei Mal pro Woche mit anderen Telefonpartnern Kontakt aufnehmen, die ihnen der Seniorenkreis vermittelt. Das hellt die Gemütslage etwas auf. Viele fragen schon nach, ob sie nicht jemand besucht oder man sich auf einen Kaffee treffen könnte, aber das ist leider alles nicht machbar.

 

Eine weitere Forderung ist, den Bürgerbus wieder fahren zu lassen. Wie stellen Sie sich das vor?

Klinner: Wenigstens eingeschränkt mit einem verkürzten Fahrplan könnte der Bürgerbus den Betrieb wieder aufnehmen. Es gibt ja auch Fahrer, die etwas jünger sind und nicht zur Risikogruppe zählen, die das übernehmen würden. Denkbar wäre, zum Schutz des Fahrers eine Plexiglasscheibe zu installieren. Die Passagiere müssten Mundschutz tragen. Das wäre ein kleiner Schritt zur Normalität.

 

Sie haben an Ministerpräsident Markus Söder appelliert und Lockerungen im Namen der Senioren gefordert. Haben Sie eine Antwort bekommen?

Klinner: Nein, aber das habe ich in der Kürze der Zeit auch nicht erwartet. Doch wenigstens kleine Veranstaltungen sollten uns Senioren gestattet sein. Mit Abstand, mit Mundschutz und allen Sicherheitsvorkehrungen. Ich hatte deshalb bei der Stadt angefragt, ob wir das Bürgerhaus nutzen können, aber da ist nichts zu machen. Nicht einmal innerhalb des Seniorenrates können wir uns treffen. Ehrenamtliche Arbeit muss doch in einem Mindestmaß möglich sein. Wir müssen unbedingt versuchen, den Menschen aus ihrer Isolation herauszuhelfen.

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