Seukendorf: Spannende Knochensuche in der Kirche

21.9.2020, 12:00 Uhr
Pfarrerin Marion Fraunholz und Archäologe Thomas Liebert zeigen eine Dokumentation der geöffneten Stelle vor dem Altar.

© Herbert Dröse Pfarrerin Marion Fraunholz und Archäologe Thomas Liebert zeigen eine Dokumentation der geöffneten Stelle vor dem Altar.

Archäologen legten das sogenannte Bodendenkmal frei, untersuchten die Funde und dokumentierten ihre Ergebnisse. Mittlerweile sind die Arbeiten abgeschlossen, die Kirche ist wieder nutzbar.

Doch woher stammen die Knochen? Aus einer früheren Bestattung? Wurde irgendwann einmal gedankenlos Erde des ehemaligen Friedhofs nahe der Kirche verwendet? Ist man gar einem ungeklärten Verbrechen auf die Spur gekommen? Die Antwort auf diese Fragen ist einfach.

Thomas Liebert, der verantwortliche Archäologe, erklärt: "Bei den Knochenfunden handelt es sich um menschliche Überreste von früheren Bestattungen, vermutlich aus dem 14. beziehungsweise 15. Jahrhundert." Diese Datierung belegt auch die Machart einzelner Keramik-Bruchstücke, die er gefunden hat.

Wenig spektakulär

Obwohl die Stücke auf den ersten Blick nur wenig spektakulär sind, misst Liebert ihnen doch große Bedeutung bei. Bislang ging man davon aus, dass in Seukendorf erst ab 1608 Bestattungen durchgeführt wurden. Aufgrund dieser Funde aber muss die Chronik der Gemeinde möglicherweise umgeschrieben werden.

Liebert nimmt an, dass es durch die ständige Belegung und Auflösung von Gräbern und die damit verbundenen Aufgrabungs- und Einfüllarbeiten im Lauf der Jahrhunderte zu Verlagerungen des Erdreichs hin zum Fundort gekommen ist.


Seukendorf: Archäologen am Altar


Der Chor von St. Katharina ist von zwei zeitlich unterschiedlichen Bauphasen geprägt. Der erste, kleinere Chor entstand beim Bau der Kirche. Dessen östliches Fundament hat Liebert bei der Grabung vor dem Altar gefunden. So weit bislang bekannt ist, wurde dieser Chor wohl im 14. Jahrhundert gebaut. Nach der Errichtung der Kirche wurden östlich dieses ersten Chores verschiedene Gräber angelegt. Auf einige der Schächte ist Liebert bei seiner Arbeit gestoßen.

Weil dieser Bestattungsplatz wohl länger genutzt wurde, reicherten sich hier zahlreiche Knochen an. Die Keramikfunde aus dem 14. Jahrhundert helfen den Archäologen, die Belegungszeit des Friedhofabschnitts zeitlich besser einzuordnen. Später wurde der Chor im gotischen Stil nach Osten erweitert – sehr wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. So landeten die Knochen unter dessen Fußboden.

Die archäologischen Arbeiten erfolgten in Kooperation mit einer Baufirma. Im Rahmen der staatlichen Baupflicht an Kultusgebäuden war das Staatliche Bauamt Erlangen-Nürnberg als zuständige Behörde federführend. Von ihr wurde Liebert mit den Untersuchungen beauftragt. Nach deren Abschluss befindet sich ein Teil der Knochen wieder im Besitz der Kirchengemeinde.

Besondere Gräber

"Wir werden die Knochen im Rahmen eines eigenen Bestattungstermins auf dem Friedhof in besonderen Gräbern beisetzen", kündigt Pfarrerin Marion Fraunholz an. Sie zeigte sich dankbar, dass die Arbeiten jetzt beendet sind. In der Zeit der Kirchenschließung diente der Gemeindesaal als "Ausweichort" für die Gottesdienste, zwei Taufen fanden im Freien statt. "Der Gemeindesaal war atmosphärisch in Ordnung, aber das Gotteshaus konnte er nicht ersetzen", meint sie.

Erleichtert ist die Pfarrerin auch darüber, dass das Vorhaben "zeitlich aufgegangen ist": Ende August sollte die Dokumentation abgeschlossen sein. "Exakt einen Tag vor der Trauung eines Seukendorfer Paares am ersten Septemberwochenende endeten die Aufräumarbeiten", berichtet Fraunholz weiter und lobt die uneigennützige Unterstützung zahlreicher Helferinnen und Helfer.

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