Simply great! King´s Singers im Stadttheater

27.6.2019, 11:02 Uhr
Simply great! King´s Singers im Stadttheater

© Foto: Marco Borggreve

In ihrem umjubelten Auftritt tauchten sie tief ein in nicht minder turbulente Zeiten englischer Geschichte und umschmeichelten das überwältigte Publikum auch mit unwiderstehlich charmanten Light-Versionen populärer Volks- und Rockmusik.

Kaum ein anderes Vokalensemble kann auf eine so lange Geschichte zurückblicken: 1968 von sechs Chorstipendiaten des King’s College in Cambridge offiziell gegründet, stehen sie seit mehr als 50 Jahren für A-cappella-Gesang auf höchstem Niveau; königliche Konzerterlebnisse mit enormer stilistischer Bandbreite und feinem englischen Humor.

Weltweit sind sie Vorbilder für eine ganze Generation singender Ensembles geworden. Noch mehr als andere Gruppen haben sie durch Verjüngung immer wieder den typischen King’s-Klang bewahren können; im Lauf der Jahrzehnte waren 28 Sänger Mitglieder dieser Formation, darunter auch bekannte Solisten wie Nigel Short oder Komponisten wie Bob Chilcott. Alle aktuellen Sänger sind 2010 oder später ins Ensemble aufgenommen worden. Mit zwei Countertenören (Patrick Dunachie, Edward Button), einem Tenor (Julian Gregory), zwei Baritonen (Christopher Bruerton, Nick Ashby) und einem Bass (Jonathan Howard) erreichen sie eine ausgeglichene Klangfülle aller Stimmlagen.

Schönheit des Kontrapunkts

Charakteristisch ist auch das Programm, das im ersten Teil von Machtkalkül, Liebe, Leiden und Tod im Umfeld des unberechenbaren Henry VIII. erzählt. Der König steuert eine vergnügliche Ballade bei, ein beeindruckendes Gebet für seine Tochter, die spätere Königin Elisabeth I., stammt vom vielseitigen William Byrd. Ganz behutsam öffnen die Künstler die Klangoberfläche zum atemberaubenden Blick auf die Schönheit der kontrapunktischen Verflechtungen; aus diesen verwobenen harmonischen Pfaden kann man sich wohlig zurückfallen lassen auf ein royales Klangkissen.

Über die Tudorzeit des 17. Jahrhunderts geht es zu Zeitgenössischem, bei dem die Choral Dances aus Benjamin Brittens Oper "Gloriana" ein Denkmal dieser von ihren Untertanen so geliebten Elisabeth sind: Der bunte Strauß von Geschenken gibt den Kings willkommene Gelegenheit, stimmlich wie schauspielerisch Funken sprühen zu lassen.

Geriet der erste Teil mit ausschließlich englischen Texten fast zu akademisch, brillierten die sechs danach mit Traditionals aus ihrer Heimat, locker von den Sängern angesagt und auch ohne Noten-Tablets mit unnachahmlicher Verve präsentiert.

Da waren vor allem der solistische baritonale Glanz in Chilcotts "Greensleeves" oder das virtuose Kammerspiel in Goff Richards "Dance to thy Daddy", die mit spielerischer Begeisterung und vokaler Bravour vorgestellt wurden. In Paul Simons "Love Song" leuchteten zarte Gefühle auf, bei der "close harmony" im "Penny Lane" der Beatles wurde in jedem Zuhörer eine lieb gehütete Erinnerung geöffnet. Auf einzigartige Weise zelebrierten sie die musikalische Melange auch bei Cole Porters "Night and Day", bevor sie stimmartistisch einen Song aus George Gershwins "Porgy and Bess" dem enthusiastischen Publikum zugaben.

Am Ende unendlich sanft der Martin Luther King gewidmete Song "Pride" von Bono und U 2, in himmlischer Klarheit und geradezu engelsgleich. Gerührter und tosender Applaus.

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