Kunstwochenende "Gastspiel"

So weit die Füße tragen: Fürther Ateliers und Galerien laden ein

16.10.2021, 10:50 Uhr
So weit die Füße tragen: Fürther Ateliers und Galerien laden ein

Erste Kaminfeuer lodern, vollzogen ist der Wechsel von der Sommer- zur Herbstjacke, von Hugo zu Hagebuttentee. Ein Wochenende im Oktober, wieder gehen zahlreiche Fürther Atelier- und Galerietüren auf – doch eher bang klingt heuer die Frage, ob hinter diesen Türen tatsächlich noch immer ein warmer Schein glimmt. Corona ist ein eiskalter Typ, ein erbarmungsloser obendrein.

"Wir haben Blessuren davongetragen, aber niemand ist auf der Strecke geblieben", sagt Lutz Krutein, einer der Chefs des Kulturrings C, der Interessengemeinschaft hiesiger akademischer bildender Künstlerinnen und Künstler. Er meint es mit Blick auf die Auftragslage. Die Zahlen zum "Gastspiel"-Kunstwochenende 2021 schauen so aus: rund 100 Mitwirkende in 46 Ateliers.

Das ist mehr als nur viel und besagt ganz offensichtlich, dass die Szene trotz Pandemie und in 18 furchterregenden Monaten beieinander geblieben ist. Das war so nicht unbedingt zu erwarten.

"Wir sind im Aufwind"

Krutein: "Wir sind im Aufwind, weil wir spüren, dass unsere Arbeit dankbar aufgenommen wird. Deprimiert sind wir nicht, sondern mutig und trotzig". Schon im Vorjahr, als ein kleines Zeitfenster zwischen Lockdown und Lockdown dem Ring C das unverschämte Glück eines nicht ausgefallenen "Gastspiel"-Wochenendes bescherte, schon 2020 also seien trotz Masken- und Abstandspflicht mehr Besucher unterwegs gewesen als im virenfreien 2019. Ist die Kunst am Ende doch ein wärmendes Gemeinschaftsfeuer?

Viel Zeit und solides Schuhwerk sollte jedenfalls mitbringen, wer sich am Samstag von 15 bis 21 sowie am Sonntag zwischen 11 und 18 Uhr ins kostenlose "Gastspiel"-Abenteuer stürzen möchte. Der überall ausliegende Flyer mit Stadtplan spricht Bände. Kostenlos ist übrigens auch der Eintritt in die Kunstgalerie Fürth am Königsplatz, wo die Schau mit Arbeiten der Nürnberger Malerin Christina Chirulescu am Sonntagnachmittag endet.

Orientierung für faltblattlose Flanierer geben wieder die mit dem "Gastspiel"-Logo versehenen Beachflags am Eingang der Standorte. Am grundsätzlichen "Gastspiel"-Bauplan hat sich – von Ausnahmen wie den teilnehmenden Galerien mit ihrem laufenden Programm abgesehen – nichts geändert; Künstlerinnen und Künstler, die in Fürth ihr Atelier haben, laden befreundete, inspirierende und reisefreudige Kollegen von überall her zum Mitausstellen ein, und wie immer ist das Stoff für herrliche Symbiosen oder fürs Herzeigen konträrer Standpunkte.

Leuchtende Strukturen

In der Geleitsgasse 4 etwa befindet sich das Büro für Kunst G4 (im gedruckten Flyer zur Ausstellung wurde es leider nicht verzeichnet). Dort malt Ulrike Hofmann-Schüll mit einer Technik, die Strukturen und Farben mit raffinierter Leuchtkraft aufeinander schichtet. Ihr Gast Ulrike Thaler-Wieland aus Schwabach arbeitet meditativ und entwickelt dabei feine Strukturen vorwiegend in Schwarz-Weiß.

Sabine Neubauer indessen richtet sich mit einer Bitte an die "Gastspiel"-Besucher. Sie benötigt für ihr laufendes Projekt in der Mathildenstraße 20 wieder Reclam-Hefte. Sie führt das Projekt, das 2018 mit "Reclam filetiert" beim NN-Preis zur Ausstellung kam, mit "Reclam bewegt" fort. Es soll ein Reclam-Raum in ihrem Atelier entstehen, der sich und die Besucher bewegt.

In der Mathildenstraße 28 arbeitet die aus Brasilien stammende Objektkünstlerin Ivana Curi. Sie beschäftigt sich mit Migration, Flucht und den Menschen, die darunter leiden. Ihre aktuelle Arbeit besteht aus mit Botschaften versehenen Filzboxen, gefertigt aus Wolldecken, mit denen Geflüchtete empfangen werden.

Wald in der Stadt

Maja Bogaczewicz, zuletzt am Waagplatz kreativ, eröffnet mit diesem "Gastspiel" ihren neuen Standort in der Moststraße 4 . Zu sehen ist neben Werken der Gastgeberin eine skulpturale Klanginstallation des Bildhauers Harald Kienle und des Komponisten Johannes Billich, ein Musikprogramm gibt es vorm Atelier. Mit dem Thema Akt befassen sich zeichnerisch und fotografisch Thomas Eckert und sein Hamburger Gast Hajü Artus im – auch diesmal wieder aktions- und künstlerreichen – Atelierhaus Friedrichstraße 17. In Kooperation mit dem Eine-Weltladen begibt sich die Fürther (Jugendkunst-)Schule der Phantasie ins kultur.lokal.fürth (Königstraße 147.

Die zweiwöchige Bespielung des Pop-up-Ladens unter dem Titel "Wir holen den Wald in die Stadt" beginnt unter der Leitung von Ulrike Irrgang bereits am Freitag um 18 Uhr. Gast bei Dagmar Payne im Clinc-Kunstzentrum (Kaiserstraße 173) ist Recycling-Großmeister Rainer Zitta aus dem legendären Nürnberger "Gregor Samsa"-Künstlerkreis – einen "kuriosen Zirkus fabelhafter Wesen" aus Zittàscher Hand kündigt Krutein an.

Multimedia-Fans dürfte es eher zu Klaus Haas ziehen, der in seinem Atelier in der Karlstraße 30 unter dem Titel "QuantenRausch" eine virtuelle Welt erschafft. Seine Gäste zeichnen (Anita Brandt), malen (Karla Köhler) und ertüfteln Objekte (Stella Orlowski).

Ein paar wenige "Gastspiel"-Beispiele von sehr vielen. Es wird Herbst in Fürth, mit wärmenden Sonnenstrahlen.

Öffnungszeiten: Samstag 15 bis 21 Uhr, Sonntag 11 bis 18 Uhr. Das komplette "Gastspiel"-Programm 2021 und alle Adressen: www.kulturringc.net

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