Söder-Zapferl und die Waldorfmonster

9.6.2019, 16:00 Uhr
Söder-Zapferl und die Waldorfmonster

© Foto: Jürgen Kirner

Die vier Volksmusikanten zündeln, politisch unkorrekt und jeder feuilletongeschwängerten Feingeistigkeit abhold, im menschlichen Unterholz. "In Frankens schönstem Wohnzimmer", wie Ludwig Kirner die Comödie beschreibt, tun sie das bis zum 18. Juni.

Sie singen und spielen an gegen Latte-Macchiato-Mütter mit Milchschaum im Hirn und "Waldorfmonstern" im chromblitzenden Buggy. Verraten, warum in ihrem Viertel die Kinder alle gleich ausschauen ("Papa ist der Bofrostmann"). Als Elvira von der Kuppel AG motiviert Bianca Bachmann die Randgruppe der Seniorinnen: "Nehmens an Oidn", weil ein Junger zwar "hoaß und mächtig", der Oide aber bedächtig ist.

Couplet AG scheut sich nicht, Derbheiten zu formulieren, wenn es darum geht, das nächtliche Treiben in der Nachbarswohnung zu besingen. Dort lässt sich der tagsüber als Macho gebärdende Hausmeister von seiner Frau unter viel Geschrei und Gestöhne auspeitschen. Man muss erlebt haben, wie Bachmann in Ekstase gerät angesichts eines Mannes mit zum Platzen gespannter Wampe, den sie zärtlich "Bierbauchhase" nennt.

Ärzte, die sich munter aus dem Gesundheitssystem bedienen, eine Lebensmittelindustrie, die uns schon vom Babyalter an zum Zuckerjunkie formen will, eine Riester-Rente, die korrekterweise " Riesters Rente" heißen müsste: Verschont wird an diesem Abend gar niemand. In ihrem Jubiläumsprogramm "Das Beste" erinnern die Münchner Musikanten auch an die Großmeister des Couplets, an Liesl Karlstadt und Karl Valentin. Valentins Enkelin hat dem Quartett erhaltene Texte zur Wiederbelebung auf der Bühne überantwortet. Auch hier: schlaue Respektlosig- und Hinterfotzigkeit rauf und runter. Schon allein Valentins Betrachtung des Ehelebens würde heute einen Shitstorm sondergleichen auslösen.

Bleibt noch zu erzählen, dass auch das Publikum an diesem kurzweiligen Abend kräftig mitsingen darf, was die Stimmung nochmals erheblich anheizt. Wirtshausmusikanten wollen nun mal keine Distanz. Ja das ist derb, das ist oft schlüpfrig, aber es hinterlässt das gute Gefühl, dass es zwischen bierernst und Trash noch ein anderes Lebensgefühl gibt — das bayerische nämlich, das nichts und niemandem Respekt erbietet. Und das sich aus jener Anarchie schöpft, die den kleinen Leuten zu eigen ist, die das Leben auch in unfreundlichen Lagen lebenswert macht.

Derart befreit und beschwingt wird man in den Fürther Abend entlassen und empfindet fast so etwas wie Mitleid mit dem besungenen Ministerpräsidenten. "Zapferl Söder rektal", der Allzweckwirkstoff aus dem CSU-Labor. Einfach zu dosieren, hemmungslos, gnadenlos, skrupellos – einfach famos.

Couplet AG: "Das Beste", Comödie (Comödien-Platz 1). Bis 18. Juni täglich (außer montags) 19.30 Uhr (sonntags 15 Uhr). Karten unter Tel. 74 93 40 und an der Abendkasse.

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