Stadt peilt die Trendwende in der Kneipenmeile an

11.4.2011, 11:00 Uhr
Stadt peilt die Trendwende in der Kneipenmeile an

© Hans-J. Winckler

Fürths Ordnungsreferent Christoph Maier erklärt das Vorgehen der Verwaltung so: „Es ist an der Zeit, dass der nachbarschaftliche Friede in der Gustavstraße wiederhergestellt wird.“ Die Stadt habe die Sperrzeitregelung seit 1993 sukzessive liberalisiert und dabei „die Wirte eindeutig bevorzugt“. Mittlerweile aber sei der Unmut der Anwohner so groß, dass sich die Stadt in der Pflicht sehe, gegenzusteuern.

Auch Oberbürgermeister Thomas Jung sieht die Zeit für eine „Trendwende in der Altstadt“ gekommen. „Es wäre schön“, sagt er mit Blick auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Gastronomie einerseits und Anwohnern andererseits, „wenn wir die Waage wieder ins Lot brächten.“

Nach einer soeben getroffenen Entscheidung der Verwaltung steht bereits fest: Beim Grafflmarkt ist die Bewirtung im Freien von nun an nicht mehr erst um zwei Uhr früh, sondern bereits Punkt Mitternacht einzustellen. Die Zwei-Uhr-Regelung aus dem Jahr 2003 ist damit passé.

„Eine Katastrophe“ sei das für die Gustavstraße, urteilt Harald Walter. Der Wirt vom „Pfeifndurla“ kann sich auch „gar nicht vorstellen, wie man das durchsetzen will, denn die Leute werden einfach da sein, und sie werden etwas trinken wollen“.

Jens Graeser von der „Kaffeebohne“ hält das Vorgehen für „nicht zu Ende gedacht“. Bisher hätten sich um die 400 Leute in der Grafflmarkt-Nacht zwischen „Bar“ und „Kaffeebohne“ zusammengeballt, „denn nur wir hatten länger offen“. Um zwei Uhr habe man dann gemeinsam Schluss gemacht, drinnen wie draußen, „Ausschank aus, Musik aus, alles aus. Und fünf nach halb drei hat beim letzten Mal der letzte Gast die Gustavstraße verlassen.“

Wenn nun außen ab 24 Uhr nichts mehr geht, verlagert sich nach Graesers Einschätzung das fröhliche Feiern nach innen, wo es ja von Gesetzes wegen sowieso bis früh um fünf erlaubt ist. Das führe dann nur dazu, dass es länger dauert, bis sich insbesondere die Raucher unter den Gästen zerstreuen und bis wirklich Ruhe in der Straße einkehrt.

„Großzügigste Regelung“

„Enttäuschend“, lautet Graesers Kommentar zum Plan, die Sperrzeit für Freischankflächen in der Altstadt vorzuverlegen. „Das wäre sehr negativ für das Image der Stadt und für das Einkommen der Wirte.“ So sieht das auch Walter. Denn als Gastwirt müsse man „im Sommer den Speck für den Winter ansetzen“.

Die jetzige Regelung erlaubt die Bewirtung unter freiem Himmel von 15. Mai bis 15. September bis 23.30 Uhr (sonntags bis donnerstags) bzw. bis 24 Uhr an Freitagen und Samstagen. Gut möglich, dass der Stadtrat den allabendlichen Zapfenstreich um 23 Uhr festschreibt. Nach den Worten von Ordnungsreferent Maier würden in Fürth dann dieselben Gesetze gelten wie in Nürnberg oder Erlangen. Denn: „Im Moment haben wir mit Abstand die großzügigste Regelung.“

Im Bemühen „um eine außergerichtliche Einigung“ hatten erst vor kurzem einige Gastwirte, darunter Jens Graeser, neben schon zuvor angekündigten Zugeständnissen bei Festen und Veranstaltungen (unverstärkte Musik, frühere Schlusszeiten) von sich aus eine teilweise Vorverlegung der Sperrzeit ins Gespräch gebracht. Ihr Angebot lautete: 23 Uhr als Limit während der Woche, weiterhin 24 Uhr freitags und samstags. Der Ordnungsreferent rät den Wirten allerdings auch, sich kompromissbereit zu zeigen. „Denn nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz beginnt die Nachtruhe um 22 Uhr, eine Gerichtsentscheidung könnte also noch einschneidender werden.“

Ob der Zank um den Krach in der Gustavstraße eines Tages vor Gericht landet, bleibt abzuwarten. Zwar haben die Anwohner längst einen Anwalt im Boot, doch beteuern sie, ihnen sei an einer friedlichen Einigung gelegen. So betonte Matthias Bauer, Sprecher der Interessengemeinschaft „Wohnqualität Altstadt“, erst kürzlich: „Wegen uns muss keine Feier weichen.“

Die Stadt will nun den verschiedentlich schon angekündigten Runden Tisch installieren, ein Gremium, dessen Ziel es sein soll, unterschiedliche Interessen im Quartier beizeiten zu bereden und unter einen Hut zu bringen. Jens Graeser sagt, er werde dabei sein — auch für den Fall, dass er vielleicht schon bald ab 23 Uhr kein Bier mehr im Freien ausschenken darf.

 

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