Stadträte ordern den Umzugswagen

12.3.2009, 00:00 Uhr
Stadträte ordern den Umzugswagen

Die ehemalige Centralgarage in der Mathildenstraße soll, wie berichtet, neuer Standort des Rundfunkmuseums werden. Zu teuer kommen die Stadt die Miet- und Unterhaltskosten - jährlich rund 165 000 Euro, Tendenz steigend - für den Grundig-Direktionsbau in der Kurgartenstraße 37, Museumsadresse seit 2001.

Jung erläuterte den Stadträten, dass das Umzugsprojekt - die Kosten für den Umbau der Garage belaufen sich aktuell auf 3,3 Millionen Euro - schon «nach einigen Jahren» refinanziert sei, da die Stadt Käufer der Immobilie und damit Eigentümer sei. Dies sichere den Bestand des Museums über 2021 hinaus; zum Hintergrund: Im Mai 2011 läuft der Uferstadt-Mietvertrag mit dem britischen Investor Doughty Hanson aus, eine Verlängerung ist nur noch für zwei mal fünf Jahre möglich. Jung ergänzte, der Umzug steigere die Attraktivität der Innenstadt. Fazit des OB: «Es gibt viele Gewinner und keinen Verlierer.»

Dies sieht Alexander Mayer ganz anders. Fürths Stadtheimatpfleger lehnt den Umzug ab unter Verweis auf die Bedeutung der alten Grundig-Direktion, dem jetzigen Museumsstandort. Nicht nur der thematische Bezug, sondern auch der historische Aspekt - 20 Jahre lang wurden von dort aus die Grundig-Geschicke geleitet - belegten: «Das Gebäude selbst ist das wertvollste Ausstellungsstück.» Das Centralgaragen-Projekt betone indessen zu einseitig die wirtschaftliche Stärkung der City.

CSU will Zahlen auf dem Tisch

Aus den Fraktionen kam gestern so gut wie kein Widerspruch, aber Klartext in Sachen Finanzierung. 60 Prozent der Umbausumme kommen aus dem «Soziale Stadt»-Fördertopf. CSU-Fraktionschef Joachim Schmidt nannte die Centralgarage zwar einen «attraktiven Standort», forderte jedoch die Verwaltung auf, beizeiten detailliert aufzulisten, «was uns das alles unterm Strich kostet». Fraktionskollegin Andrea Heilmaier ergänzte, sie denke «mit Schrecken» an das Stadtmuseum in der Ottostraße, das zunächst als kostenneutral gepriesen wurde, inzwischen aber mit knapp einer Million Euro zu Buche schlägt. Birgit Arnold (SPD) konterte, der Vergleich hinke, da das Stadtmuseum «kein 1:1-Umzug, sondern etwas völlig Neues ist».

SPD-Fraktionschef Sepp Körbl sagte, er halte die Verlegung des Rundfunkmuseums in die Innenstadt für eine gute Lösung, zumal die Kurgartenstraße «schon immer etwas abseits lag». Für die Grünen äußerte Harald Riedel erstaunt, dass der Umbau der Centralgarage nur 3,3 Millionen Euro kosten soll, die Sanierung des - immer wieder mit Kulturprojekten in Verbindung gebrachten - Hauptbahnhofs aber stattliche 12 Millionen Euro. Jung bestätigte die Summe und fügte mit Blick auf den Zeitdruck, der wegen des auslaufenden Mietvertrags auf dem Rundfunkmuseum lastet, hinzu: «Bis 2011 bekämen wir auf keinen Fall ein Verhandlungsergebnis mit der Bahn zu Stande.» So gesehen, sei das Hauptbahnhof-Gebäude keine Alternative zur Centralgarage.

Doch warum nicht das Grundig-Haus kaufen? Museumschef Gerd Walther, der gestern bei der Ausschusssitzung nicht zugegen war, hatte die Idee in einem Gespräch mit dem OB sowie den städtischen Bau-, Finanz- und Kulturreferenten ins Feld geführt. Doughty Hanson, so Jung, verkaufe nicht das Haus allein, sondern, falls überhaupt Verkaufsbereitschaft bestehe, das gesamte Areal - für rund 60 Millionen Euro. Damit sei auch dieser Plan illusorisch.

Deutliche Worte kommen derweil aus dem Rundfunkmuseum. «Ich mache meine Arbeit weiter, weil ich sie gut mache. Doch ich bin überhaupt nicht begeistert.» Im FN-Gespräch verhehlt Walther nicht, dass er der in Aussicht stehenden Innenstadtlage «nichts Positives» abgewinnen kann. «Aufgabe eines Museums», so der Historiker, «ist es nicht, zur Belebung der Innenstadt beizutragen, sondern ein gutes Museum zu sein.»

«Ein x-beliebiges Haus»

Die Stadt habe seit 2001, nach dem Umzug vom Marstall des Burgfarrnbacher Schlosses in die Uferstadt, versäumt, den Fortbestand des Museums an Ort und Stelle zu sichern. «Wir gingen ja in die Kurgartenstraße, weil die Stadt die Sanierungskosten für den Marstall nicht tragen wollte. Für die Centralgarage, ein x-beliebiges Haus ohne kulturhistorischen Aspekt, ist nun aber plötzlich Geld da.»

Walther nennt indessen die Vorzüge der Uferstadtlage: eigene Parkplätze, optimale Anbindung an A 73, U-Bahn und Radwege. Außerdem müssten am neuen Standort, der mitten in einem Wohnviertel liege, zahlreiche Abendveranstaltungen wegen etwaigen Lärms entfallen. Gegen das Argument «Innenstadtlage bedeutet Stärkung» spreche nach Walther außerdem eine Zahl: «Wir hatten im vergangenen Jahr mehr Besucher als Kunstgalerie und Jüdisches Museum zusammen» - 18 000. MATTHIAS BOLL