Stein: Müssen jetzt die Gerichte ran?

7.3.2021, 13:00 Uhr
Stein: Müssen jetzt die Gerichte ran?

© Foto: Hans-Joachim Winckler

In der jüngsten Sitzung war mit Thomas Troidl aus Regensburg ein Experte für Verwaltungsrecht eingeladen, um seine Einschätzung abzugeben.

Der größte Dissens herrscht wohl beim Recht der einzelnen Stadtratsmitglieder auf Akteneinsicht. Die Mehrheit aus CSU, SPD/Linke, Grüne, FW und FDP hatte sich im Mai vergangenen Jahres dafür weitreichendere Möglichkeiten in die Geschäftsordnung geschrieben.

Demnach hat jeder Stadtrat das Recht, zur "Vorbereitung von Anträgen entscheidungserhebliche Unterlagen" einzusehen, sofern nicht Gründe der Geheimhaltung entgegenstehen. Im Beschlussvorschlag der Verwaltung stand dagegen, dass ein solches Recht lediglich zur "Vorbereitung von Tagesordnungspunkten" vorgesehen sei.

Thomas Troidl, der unter anderem ein vielbeachtetes Buch zum Verwaltungsrecht veröffentlicht hat, lobte die Steiner Stadträte vorneweg dafür, dass sie das Akteneinsichtsrecht in ihrer Geschäftsordnung geregelt haben. Allerdings habe er ein Problem mit der Formulierung "zur Vorbereitung von Anträgen", weil es sich praktisch grenzenlos anwenden lasse: "Wer legt dann fest, wann dieser Antrag tatsächlich gestellt wird? In drei Monaten, einem Jahr, oder vielleicht erst in zehn Jahren?"

Eine Frage der Formulierung

Troidl verwies darauf, dass ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts von 2014 offen ließ, ob es ein grundsätzliches Akteneinsichtsrecht für alle Stadträte gibt. Allerdings müsse "informationelle Waffengleichheit" zwischen Verwaltung und Bürgervertretern herrschen: "Die Frage ist nur, wie schreibe ich das in die Geschäftsordnung?"

Er selber sei ein "Streiter für Transparenz", aber die Vorgabe, Akteneinsicht erst dann zu erhalten, wenn ein Thema auf der Tagesordnung steht, hält Thomas Troidl für eine angemessene "Qualifikationsrunde".


Stein: Rechtsprüfung contra SPD


Die anschließende Diskussion wurde zwei Mal durch Beratungspausen unterbrochen – leicht machten sich die Stadträte ihre Entscheidung also nicht. Letztlich blieb die Ratsmehrheit dann bei ihren Formulierungen. "Wir lassen es so, notfalls muss es gerichtlich entschieden werden", erklärte Walter Nüßler (SPD). Bertram Höfer (CSU) sieht es ähnlich: "Wenn ein Antrag erst einmal auf der Tagesordnung steht, könnte es für eine Akteneinsicht schon zu spät sein."

Bürgermeister Kurt Krömer verwies dagegen auf die aus seiner Sicht ausreichende Frist. Und Jörg Döhler, der das für die Rechtsaufsicht zuständige Landratsamt vertrat, erinnerte an die Pflicht des Bürgermeisters, hinreichende Informationen zur Verfügung zu stellen. "Das dient Ihrem Schutz", so Döhler an die Stadträte gerichtet, "damit Sie als Ehrenamtliche nicht noch mehr Ihrer Freizeit investieren müssen." Ein generelles Akteneinsichtsrecht gebe die Bayerische Gemeindeordnung seiner Ansicht nach nicht her.

Rechtsaufsicht soll prüfen

Letztlich wurde der Beschlussvorschlag der Verwaltung – Akteneinsicht zur Vorbereitung von Tagesordnungspunkten – gegen die Stimmen Krömers und der SBG abgelehnt. Das gleiche Abstimmungsverhalten zeigte sich bei der Normierung der Aufgaben sowie des Informationsrechts der Referenten. Sie werden überdies künftig als Beauftragte bezeichnet, zur sprachlichen Abgrenzung gegenüber berufsmäßigen Stadträten größerer Kommunen. Für Bürgermeister Kurt Krömer ist Letzteres "Wortklauberei, aber weil es nicht näher geregelt ist, kann ich damit leben". Den Mehrheitsbeschluss, dass der Bürgermeister "rechtzeitig eingegangene Anträge von Stadtratsmitgliedern möglichst auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung" zu setzen habe, werde er jedoch durch die kommunale Rechtsaufsicht prüfen lassen, "so lange bleibt er ausgesetzt".

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