Stinkefinger und Raserei: Lage am Pinder Park eskaliert

9.11.2018, 10:56 Uhr
Stinkefinger und Raserei: Lage am Pinder Park eskaliert

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Das Ziel der kleinen Ausschuss-Runde vor großem Publikum aus Wohnstraßen im Westen des Pinder Parks formulierte Bürgermeister Thomas Zwingel: eine Lösung für die Verkehrsproblematik in der Jakob-Wassermann-Straße zu finden. Doch das sei schwierig angesichts der "diametral unterschiedlichen Interessenlage" der Anlieger — je nachdem, wo genau sie wohnen.

Hier die Anlieger in der an sich verkehrsberuhigten, oberen Jakob-Wassermann-Straße, die zwei angefahrene Kinder, diverse Fast-Unfälle, drei tote Hunde und hohe Verkehrsbelastung generell ansprechen. Dort diejenigen, die bei einer Sperrung dieses Straßenabschnitts mehr Verkehr vor der eigenen Adresse fürchten oder selbst gern bei den Nachbarn durchfahren würden.

Gezeigt habe der gerade 24-stündige Testlauf, so Zwingel, dass sich letztlich nur die wenigsten sensibilisieren oder aus Rücksicht auf Anlieger gar zu einem Umweg bewegen ließen. "Es war ein gut gemeinter Versuch, doch der ist in die Hose gegangen", räumte Zwingel ein. Und: "Die Schilder dort interessieren niemanden."

Extra aufs Gas und Stinkefinger

Tags darauf, berichteten Anwohner, hätten einzelne Autofahrer erst recht das Gaspedal getreten — und den Stinkefinger gezeigt. Es gärt zwischen Bewohnern und mobilisierten Passanten in der Spielstraße. "Im Grunde kann man darauf warten, dass es dort zu Handgreiflichkeiten kommt", sagte ein Pinder-Park-Bewohner am Rande der Sitzung.

Wie wiederholt berichtet, ist der verkehrsberuhigte Abschnitt oberhalb des Kreisels an der Realschule schwer belastet. Die Buslinie 70/72 zwängt sich durch. Morgens, wenn Mutti-Taxis Kinder zur Realschule bringen, stauen sich die Autos schon auch mal bis vor die Haustüren der Anwesen ab der Hausnummer 34. Bis zu 1400 Fahrten zählen die Anlieger täglich, die Verwaltung berichtet von Zahlen im oberen dreistelligen Bereich.

"Die Verstoss-Quote ist mit 30 Prozent sehr hoch, Tempo 7 ist schwer vermittelbar, die maximal gemessenen Geschwindigkeiten liegen bei 32 bis 35 Stundenkilometern", berichtete Ordnungsamtschef Thomas Rieß. Dafür gebe es ein Verwarnungsgeld von 15 bis 35 Euro. "Das wird akzeptiert; könnten wir wie unsere europäischen Nachbarn 200 oder 300 Euro verlangen, sähe es vielleicht anders aus." Zwingel selbst sah nur zwei Varianten: Die Situation belassen wie sie ist, oder, "die Hardcore-Version" der Poller, und die dann auch im Erich-Kästner-Weg, sonst würde sich der Verkehr nur dorthin verlagern.

Lösungsansätze gestalten sich schwierig

Doch solche Absperrpfosten schieden aus, solange der Bus durch muss. Der aber lasse sich, so die eigens eingeholte Auskunft des Landratsamts, kurzfristig nicht umleiten, frühestens zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019. Das aber wäre mit dem Einsatz eines zusätzlichen Busses und damit mit Mehrkosten im Bereich eines hohen fünfstelligen oder sogar sechsstelligen Betrags verbunden.

Die Anlieger-frei-Regelung auf neuralgische Zeiten zu befristen, wie es Werner Nickel (SPD) vorschlug, beurteilte Jürgen Steiger, Verkehrsfachmann der Polizei Zirndorf, als "super Idee". Nur sei die Polizei personell nicht in der Lage, das zu kontrollieren, hieß es. Zur Diskussion stand außerdem eine Einbahnstraßen-Regelung, doch wegen der dann nur noch einspurigen Befahrung wäre mehr Platz für Pkw, was zu mehr Tempo führe. Blieben noch Bodenschwellen, die Klaus Schober (CSU) anregte. Mit denen aber, so Ordnungsamtschef Rieß, komme der Räum- und Streudienst schwer klar. Auch die Rettungsdienste sähen sie nicht gern, ergänzte Zwingel.

Bald Schwellen?

Ein Ende fand die Debatte in der Äußerung Florian Schemms (CSU), "aktuell nichts zu tun, wäre mir zu wenig". Das Einverständnis von Rettungsdiensten, Busunternehmern und Landratsamt vorausgesetzt, so wurde einstimmig beschlossen, soll es nun ein Vierteljahr lang Schwellen geben. Polizist Steiger zollte den Ausschussmitgliedern seinen Respekt, "etwas ändern zu wollen", zweifelte den Effekt aber an. "Die Anzahl der Autos werden sie mit Schwellen nicht verringern." Nach der Sitzung setzte sich die Diskussion vor der Tür des Sitzungssaals unter den Zuhörern fort. Sie machten ihrem Ärger über die Entscheidung Luft. "Schwellen bringen gar nichts", meint Stefan Heidtmann als Wortführer der Anwohner in der Jakob-Wassermann-Straße.

Nach wie vor hält er den Poller, der die Wohnstraße zur Stichstraße machen würde, für das Mittel der Wahl. Dass die Busse nicht genügend Zeit haben, den Weg außenherum über die Westspange zu nehmen, glaubt er nicht. An der Realschule stehe der 72er bis zu neun Minuten, "da müssten die zwei Kilometer Umweg drin sein, ohne Anschlüsse zu verfehlen". Für die Anlieger spitzt sich die Problematik zu auf die Frage: Was ist uns wichtiger? Die Sicherheit von Kindern oder die Bequemlichkeit der Autofahrer? "Das Wort Kinder", sagt, ein Zuhörer, "ist in der ganze Debatte gerade drei Mal gefallen, hier wird Politik für Autofahrer gemacht."

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