Streit in Fürth: Ist der Name "Volksbücherei" negativ belastet?

8.4.2014, 06:00 Uhr
Streit in Fürth: Ist der Name

© Hans–Joachim Winckler

Für wichtiger als eine Namensänderung halten die Kritiker eine bessere Ausstattung der Bücherei und eine Renovierung ihrer ehemals von der US-Army genutzten Hauptstelle an der Fronmüllerstraße.

Als Pfleger der Einrichtung fühlt sich SPD-Stadtrat Günter Witzsch übergangen. Obwohl er nach städtischen Richtlinien in allen wichtigen Angelegenheiten der Pflegschaft vorher hätte zu Rate gezogen werden müssen, habe er nur durch reinen Zufall von den Plänen der Umbenennung erfahren. „Weit hergeholt“ ist in seinen Augen die Assoziation des Namens mit dem rassistisch belasteten Völkischen.

Stifter der Volksbücherei war 1904 der jüdische Ehrenbürger Heinrich Berolzheimer. Die inzwischen von der Comödie Fürth als Mieter genutzte Volksbildungsstätte Berolzheimerianum hat der in Amerika erfolgreiche Bleistiftfabrikant aus Fürth nach amerikanischem Vorbild in seiner Heimatstadt etabliert.

Witzsch: „Bei meinen Gesprächen mit Nachfahren von Heinrich Berolzheimer ist ein Wunsch nach Umbenennung jedenfalls nicht andeutungsweise zum Ausdruck gekommen.“ Dagegen führt Büchereileiterin Christina Röschlein die Schauspielerin Paula Quast ins Feld, die bei einer Vorstellung von Stücken der jüdischen Dichterin Mascha Kaléko den Schauplatz namens Volksbücherei als Zumutung empfunden habe.

Überhaupt möglich wird die kürzlich im Kulturausschuss vorgestellte Namensänderung in Fürth, weil die dem Stadtarchiv angeschlossene ehemaligen Stadtbibliothek in Wissenschaftliche Bibliothek umbenannt worden ist. Hier wie bei der Volksbücherei soll die neue Bezeichnung den Zweck der Einrichtung besser herausstellen. Röschlein gibt zu bedenken, dass gerade Neubürger mit dem Namen Volksbücherei keine öffentliche Bibliothek in Verbindung bringen. Zudem sei die Einrichtung unter dieser Bezeichnung bei Suchabfragen schwer auffindbar. Nachdem sich auch andernorts Volksbüchereien in Stadtbibliotheken umbenannt hätten, sei der immer unpopulärere Name in Fürth zu einem fragwürdigen Alleinstellungsmerkmal geworden.

"Fruchtlose Debatten"

Dringender als „fruchtlose Umbenennungsdebatten“ braucht die Volksbücherei nach den Worten ihres Pflegers Witzsch allerdings „eine bessere Ausstattung mit Sachmitteln und Personal und den schon lange zugesagten Neuanstrich ihrer Gebäude“.

In diese Kerbe schlägt auch der Vorsitzende der CSU-Stadtratsfraktion, Dietmar Helm: „Statt die Einrichtung umzubenennen, sollten sich Stadtspitze und Schulreferent vielmehr Gedanken um die Ausstattung der Volksbücherei machen.“ Seit Jahren würden Anträge zur besseren Finanzausstattung für die Materialbeschaffung und Einrichtung von der Stadt Fürth zumeist abgelehnt. Die Diskussion um einen neuen Namen lenkt in Helms Augen vom tatsächlichen Bedarf ab. Aus Sicht der CSU macht vor allem ein zeitgemäßes und breiteres Angebot und ein ansprechendes Äußeres die Fürther Volksbücherei für die Bevölkerung attraktiv. „Deshalb muss endlich auch der immer wieder versprochene und immer wieder verschobene Außenanstrich des Gebäudes zusammen mit der jetzt akut notwendigen Dachsanierung umgesetzt werden“, fordert der CSU-Fraktionsvorsitzende.

Wie Witzsch hat auch Helm kein Verständnis für das Argument, dass mit der Namensänderung der Makel des Völkischen beseitigt werden soll. CSU-Stadträtin Birgit Bayer-Tersch gibt zu bedenken: „Gerade aufgrund der jüngeren deutschen Geschichte wird zwischenzeitlich der Begriff Volk eher mit der Wir-sind-das-Volk-Bewegung in der früheren DDR in Verbindung gebracht.“ Über die Namensänderung soll nun im städtischen Finanz- und Verwaltungsausschuss beraten werden.

29 Kommentare