Supermarkt-Personal im Stress: "Am Sonntag ruhen wir uns aus"

21.3.2020, 16:30 Uhr
Supermarkt-Personal im Stress:

© Hans-Joachim Winckler

Immer wieder haben die Bundes- und die bayerische Landesregierung zur Besonnenheit gemahnt und darauf hingewiesen, dass die Grundversorgung mit Lebensmitteln und anderen wichtigen Produkten des täglichen Bedarfs zu jeder Zeit gewährleistet sein wird. „Wenn ein Regal mal kurzzeitig leer sein sollte, dann wird es schnell wieder aufgefüllt“, hat Ministerpräsident Markus Söder dieser Tage betont. 

Um der Bevölkerung die Angst vor Versorgungsengpässen zu nehmen, wurden außerdem die Ladenöffnungszeiten im Freistaat gelockert. Supermärkte und Lebensmittelgeschäfte dürfen werktags bis 22 Uhr öffnen und auch sonntags bis 18 Uhr aufmachen. Daran ändern auch die seit Freitagnacht geltenden Ausgangsbeschränkungen nichts.

Doch angesichts der Dauerbelastung, die ihr Personal zurzeit erlebt, lehnen die großen Supermarkt- und Discounter-Ketten derzeit die Sonntagsöffnungen ab und halten an den gewohnten Öffnungszeiten fest, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa zeigt. Dies geschehe zum Schutz der Belegschaft, der aktuell bereits ein enormes Pensum abverlangt wird, erklärten in den vergangenen Tagen bereits Sprecher für Rewe und seine konzerneigene Discount-Tochter Penny.

Gleiches ist aus den Führungsetagen von Edeka und dem zugehörigen Discounter Netto zu hören. „Schon jetzt sind viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Grenzen ihrer Belastbarkeit. Jetzt noch einen Tag länger zu öffnen, würde diese Situation weiter verschärfen", sagte ein Unternehmenssprecher der dpa. Die großen Discounter Aldi und Lidl verzichten ebenfalls noch auf Sonntagsöffnungen.



Auf ihren Facebook-Seiten und im Gespräch mit den FN werben auch hiesige Marktleiter um Verständnis dafür. „Wir sind unverändert von Montag bis Freitag jeweils 13 Stunden lang für unsere Kundinnen und Kunden da. Diese Zeit sollte ausreichend sein, um sich mit den nötigen Lebensmitteln zu versorgen", sagt etwa Stefan Landauer, Junior-Chef des Supermarktes Edeka-Landauer in Veitsbronn. Das Personal würde durch den aktuell enormen Kundenansturm ein gewaltiges Pensum leisten. Ihnen allen spricht der Junior-Chef ein großes Lob und seine Dankbarkeit aus. 

"Sonntag haben wir weiterhin geschlossen, um auch unseren Mitarbeitern etwas Ruhe bieten zu können. Das haben alle verdient", heißt es auf der Facebook-Seite des E-Centers Schätz in Fürth. Für den "unermüdlichen Einsatz und die Hilfsbereitschaft innerhalb des Teams" bedanke er sich bei jedem Mitarbeiter, betont der Chef. Um Verständnis bitten auch Edeka Dorok und das E-Center Schuler im Hornschuchcenter: "Zum Wohle unserer Mitarbeiter" dehne man die Öffnungszeiten nicht aus.

Gleiches gilt im Rewe-Markt in der Vacher Straße. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden die Regale derzeit unter Hochdruck immer wieder auffüllen, erzählt Manuela Balog, selbstständige Kauffrau vor Ort. Aus ihrer Sicht wäre es sogar vernünftig gewesen, die Öffnungszeiten noch zu verkürzen. „Die Menschen sollen doch aktuell möglichst zuhause bleiben und nicht bis 22 Uhr zum Einkaufen gehen. Montag bis Samstag von acht bis 18 Uhr würde völlig ausreichen, um sich zu versorgen“, meinte Balog auf FN-Nachfrage. 

Plexiglas-Scheiben zum Schutz

Derweil ist zu beobachten, dass viele Lebensmittelgeschäfte Maßnahmen ergreifen, um die Ansteckungsgefahr für Kunden und Mitarbeiter zu verringern. Mancherorts werden vor den Kassen Plexiglasscheiben zur Virus-Abwehr angebracht, beispielsweise im E-Center Schuler. Linien auf dem Boden markieren den empfohlenen Abstand von anderthalb Meter zwischen den Kunden in der Schlange. Dazu geben viele Märkte auf Social Media oder mit Aushängen direkt vor Ort Tipps für ein möglichst ansteckungsfreies Einkaufen, zum Schutz "unserer Helden vor Ort", wie es bei Edeka heißt: Kartenzahlung statt Bargeld, Husten und Niesen nicht in die Hand sondern in die Armbeuge und möglichst nicht in Gruppen zum Einkaufen gehen. Und: Sie bitten auch um Rücksicht in anderer Hinsicht: "Lasst uns respektvoll miteinander umgehen. Kauft nur die Mengen, die ihr wirklich (ver)braucht."

Charmant auf die Einhaltung dieser Verhaltensregeln zu achten, ist eine weitere Zusatzbelastung für das Personal vor Ort. Norma-Unternehmenssprecherin Katja Heck betonte: „Das Engagement aller unserer Mitarbeiter ist kaum in Worte zu fassen. Für die außergewöhnliche und tolle Einsatzbereitschaft, die unsere tollen Mitarbeiter seit Wochen an den Tag legen, kann man nur sagen: Danke, Danke, Danke – wir bei Norma sind stolz, solche Mitarbeiter zu haben!“

Deren Belastungsgrenze sei allerdings bald erreicht. Deshalb habe man sich auch bei der fränkischen Discounter-Kette dazu entschieden, zum Wohle der Belegschaft und zum Schutz vor Überlastung, die Öffnungszeiten vorerst nicht auszuweiten.

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