Tödliche Kollision: War das Martinshorn eingeschaltet?

17.4.2018, 19:35 Uhr
Das Polizeiauto war Richtung Ammerndorf unterwegs, als es an der Abzweigung nach Lind den Mopedfahrer erfasste und dann gegen einen Audi prallte.

© ToMa Das Polizeiauto war Richtung Ammerndorf unterwegs, als es an der Abzweigung nach Lind den Mopedfahrer erfasste und dann gegen einen Audi prallte.

An dem Fall arbeiten derzeit die Nürnberger Verkehrspolizei und ein Sachverständiger, den die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth beauftragt hat. Wie bei jedem Verkehrsunfall mit tödlichem Ausgang wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, sagt Antje Gabriels-Gorsolke, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Zu der fatalen Kollision war es am Sonntag gekommen: Ein Streifenwagen der Polizeiinspektion Stein hatte den Mopedfahrer erfasst und war dann gegen einen entgegenkommenden Audi geprallt. Der 30-jährige Mopedfahrer verstarb noch an der Unfallstelle. Die Polizisten (30 und 22) und der Audi-Fahrer blieben äußerlich unverletzt.

Gabriels-Gorsolke betont: „Die Ermittlungen werden mit der gleichen Sorgfalt geführt wie immer.“ Dass ein Polizeiauto involviert war, spiele zunächst keine Rolle: „Es wird das gleiche Programm abgespult, wie es bei derartigen Fällen immer passiert.“

Wichtige Erkenntnisse erhofft sich die Staatsanwaltschaft vom Gutachter, der das Geschehen rekonstruieren soll. Helfen sollen ihm unter anderem Bilder vom Unfallort, die ein Polizeihelikopter aus der Luft machte, sowie das Obduktionsergebnis. Sachverständige könnten „unglaublich viel herausziehen“ aus der Spurenlage, sagt Gabriels-Gorsolke. „Das alles wird aber eine Weile dauern.“

Die Recherchen auf Polizeiebene wiederum – die Ergebnisse werden später der Staatsanwaltschaft übergeben – habe man „aus Gründen der Neutralität“ der Nürnberger Verkehrspolizei übertragen, so die Sprecherin. Man wolle vermeiden, dass die Fürther Verkehrspolizei gegen Kollegen aus dem Landkreis ermittelt.

Zu den offenen Fragen gehört die, ob das Martinshorn des Streifenwagens in Betrieb war, als der Unfall geschah. Eine 54-jährige Wintersdorferin, die in der Nähe des Unglücksorts wohnt und sich inzwischen als Zeugin bei der Polizei gemeldet hat, ist sich sicher, kein Warnsignal vernommen zu haben.

Den Zusammenstoß habe sie vom Garten aus gehört, sagte sie den FN, „das Quietschen der Bremsen und einen Knall“. Sie sei selbst Auto- und Motorradfahrerin und als Ersthelferin geschult. Deshalb sei sie rasch hingeeilt, um zu helfen, so die Anwohnerin. Als sie ankam, waren die Hilfsmaßnahmen aber schon angelaufen. Irritiert war die Frau, als sie in den ersten Presseberichten las, dass der Wagen mit Blaulicht und Martinshorn unterwegs war.

"Wir hätten es gehört"

Das sei in der Tat der Erkenntnisstand am Sonntagabend gewesen, bestätigte nun ein Polizeipressesprecher auf FN-Nachfrage. „Es ist eine gerade, offene Straße, das Martinshorn hört man bei uns immer sehr gut“, sagt indes die Frau aus Wintersdorf. „Wir saßen mit Nachbarn draußen beim Kaffee, wir hätten es gehört.“

Sollte das Martinshorn nicht eingeschaltet gewesen sein, wäre es für den Mopedfahrer ja viel schwieriger gewesen, das Auto zu bemerken, gibt die 54-Jährige zu bedenken. Man sei es dem Verstorbenen und seinen Angehörigen schuldig, den Hergang genau aufzuklären.

Tatsächlich macht es einen gravierenden Unterschied, ob das Martinshorn zu hören war und welche Ampel Grünlicht zeigte, erklärte ein Experte bereits am Montag auf Nachfrage unserer Zeitung: Polizisten müssen auf Fahrten zum Einsatz stets zwischen der Dringlichkeit und den Unfallgefahren abwägen und ihre Geschwindigkeit anpassen.


Nach tödlicher Kollision: Was darf die Polizei mit Blaulicht


Ist nur das Blaulicht angeschaltet, können sie weitaus weniger damit rechnen, dass die Verkehrsteilnehmer freie Bahn schaffen. Und selbst wenn sie mit vollen Sondernutzungsrechten, also Blaulicht und Martinshorn, fahren, so Gabriels-Gorsolke, „müssen sie Sorgfaltspflichten einhalten“.

Sollte es zu einem Verfahren wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung kommen, werde das Gericht prüfen müssen, was die in dieser Situation erforderliche Sorgfalt gewesen ist. Und ob der Fahrer alles getan hat, um diese einzuhalten.

Der Artikel wurde um 21.15 Uhr aktualisiert.

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