Vacher Linde beendet Dornröschenschlaf

5.9.2012, 09:00 Uhr
Vacher Linde beendet Dornröschenschlaf

© Mark Johnston

Zusammen mit der 1710 gegründeten Mühle vis-à-vis wird ein schmuckes Ensemble künftig den Blick auf sich ziehen. Für das Baudenkmal Brückenstraße 11 und 11a wird es allerdings auch höchste Zeit. Die Spuren eines jahrzehntelangen Verfalls waren zuletzt immer weniger zu übersehen. Im Zuge der jetzt in Angriff genommenen Generalsanierung werden hier acht Eigentumswohnungen entstehen. Drei im seit sechs Wochen eingerüsteten Ziegelbau aus der Zeit um 1800, fünf im einige Jahrzehnte älteren Altbau, dem ehemaligen Gasthaus Zur Linde.

Saniert wird das Ensemble von Spezialisten, die sich unter anderem mit dem Aufmöbeln des historischen Stadlerhofs am Grünen Markt einen Namen gemacht haben: Eva-Maria Schäfer-Mattischeck und Claus-Peter Bernhardt. Beide leben selbst in Baudenkmälern in der Fürther Altstadt. Schon vor zwei Jahren haben sie das historische „Doppelhaus“ an der Vacher Regnitzbrücke von einer Münchner Bank erworben. Den Tipp gab ihnen damals der Stadtheimatpfleger Alexander Mayer.

Was sie reizte, war das besondere Flair der Gebäude am Fluss mit einem vier Meter hohen ehemaligen Tanzsaal, Stuckdecken und typisch fränkischem Steildach. Die Planung war nicht einfach und hat viel Zeit in Anspruch genommen.

Eine besondere Herausforderung stellt schon die Wärmedämmung der Gebäude dar. Weil außen nichts verändert werden soll, bleibt nur die Innendämmung. Eine 20 Zentimeter starke Mineralsteinschicht vermindert Energieverluste durch die Wand. 20 Zentimeter stark ist auch die neue Dachdämmung. Eine ebenfalls gedämmte neue Bodenplatte und dreischichtige Isolierglasfenster sollen in Kombination mit einer modernen Zentralheizung für ein Wohnklima sorgen, das dem Neubaustatus entspricht. Der Backsteinbau soll im April nächsten Jahres bezugsfertig sein, das ältere Nebengebäude Ende 2013.

Flucht aus der Stadt

Nicht nur als Wirtshaus ist die Vacher Linde in die Ortsgeschichte eingegangen. Denn nach 1941 hat Max Grundig aus Furcht vor Angriffen auf Fürth seinen Betrieb von der Schwabacher Straße 1 (heute beherbergt die Adresse ein Obst- und Gemüsegeschäft) nach Vach verlagert. Im ehemaligen Tanzsaal, in der Kegelbahn und im Rückgebäude produzierte er nach Informationen des Stadtheimatpflegers neben Trafospulen auch Rüstungsgüter im Auftrag von AEG: Kreiselmotoren für Raketen, Zünder für Torpedos und für die Langstreckenrakete V1. Auch im Gasthaus Roter Ochse war, so Mayer, eine Grundig-Produktionsstätte untergebracht. Der Firmenchef wohnte in diesen Tagen ebenfalls in Vach, in einem nach seiner auffällig gefärbten Dachrinne „Blaurinnenhaus“ genannten Gebäude. Fremdarbeiter, die Grundig damals beschäftigte, waren in einer nahen Baracke untergebracht.

Nach dem Krieg sicherte die Trafoproduktion dem Unternehmen solide Gewinne. Weil die Elektrizität im Großraum unterschiedliche Spannungen aufwies, brannten Trafos — etwa nach Umzügen — reihenweise durch.

Erfolglose Versuche, das Gasthaus Zur Linde wieder aufzumöbeln, hat es in der Vergangenheit immer wieder gegeben. Davon zeugen zahlreiche Spuren im Gebäude. So wurde fast die gesamte Installation entfernt.

Abgesehen von einer zum Ort hin gelegenen kleinen Grünzone mit Ahornbaum verfügt das Baudenkmal kaum über sogenannten Umgriff. Ein Grund, weshalb sich die Stadt die paar Quadratmeter nicht sichern konnte, die eigentlich für den nördlich des neuen Brückenschlags geplanten Fußgänger- und Radlersteg nötig gewesen wären. Deshalb muss die Stegposition nun geringfügig verändert werden, so dass die Kommune ohne Grunderwerb auskommt. Der Brückenbau soll im kommenden Jahr in Angriff genommen werden. Weil Einsturzgefahr besteht, kann die alte Vacher Regnitzbrücke nur einspurig von Pkw befahren werden.

 

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