Veitsbronn: War die Trauerweide ein Risiko-Baum?

1.3.2021, 17:30 Uhr
Veitsbronn: War die Trauerweide ein Risiko-Baum?

© Foto: Tim Händel

Für Bürgermeister Marco Kistner steht fest: Die Fällung war unvermeidlich. "Das Risiko hätte niemand guten Gewissens tragen können." Anders sah das Gemeinderat Wolf-Dieter Hauck (WBH). Mit seinem Rettungs-Vorschlag befasste sich der Ausschuss für Umwelt-, Verkehr- und Gemeindeentwicklung aber nicht mehr.

Seit August war der Dorfplatz gesperrt. Der Grund: Astbrüche. 2018 und im vergangenen Jahr seien Holzstücke aus der Krone gefallen, einmal stürzten die Trümmer sogar auf die Sitzgelegenheiten unter dem Baum, erinnert sich Kistner und meint mit Blick auf die benachbarte Eisdiele: "Wir hatten riesiges Glück, dass dabei niemand verletzt wurde."

Mehrheit für Fällung

Im November vergangenen Jahres hatte der Ausschuss mit klarer Mehrheit beschlossen, die Weide fällen zu lassen. Nicht einigen konnte sich das Gremium seinerzeit, wie die Ersatzpflanzung aussehen sollte; das stand nun auf der Tagesordnung. Hauck hatte damals der Fällung zwar ebenfalls zugestimmt, aber nur unter der Maßgabe, dass mehrere Bäume dafür gesetzt würden.

Seine Argumente:Der Platz heize sich durch die Versiegelung und die ihn umgebenden Häuser stark auf. Für Abkühlung könnten nur mehrere Bäume mit entsprechend viel schattenspendender Blattmasse und hoher Verdunstung sorgen.

Experten empfahlen mehrere Bäume

Dafür plädierten auch zwei Experten: Drei Bäume hatte Stadtplaner Matthias Rühl vorgeschlagen. Kreisgartenfachberater Lars Frenzke empfahl "die Pflanzung einer Baumgruppe statt eines Einzelbaumes".

Vier Alternativen lagen den Gemeinderäten vor: drei Silberlinden, die den Dorfplatz einrahmen sollten; das Trio als Baumgruppe im Inneren des Platzes; ein Einzelbaum nahe des Standortes der Weide oder die Umgestaltung ihres Stumpfes zu einer Baumskulptur.

Letzter Rettungsversuch

Die Entscheidung für einen einzelnen Baum fiel schließlich, wie bereits berichtet, mit den Stimmen des Bürgermeisters und der CSU-Vertreter sowie eines Gemeinderats der SPD. Dagegen votierten Jörg Lehnberger (SPD), Kai Wiesemann (WBH) und Hauck, der noch einen letzten Rettungsversuch gestartet und vorgeschlagen hatte, die Weide nicht zu fällen, sondern sie lediglich stark zurückzuschneiden. Außerdem sollten drei weitere Bäume auf dem Platz gepflanzt werden.

Doch damit befassten sich die Gemeinderäte nicht mehr. Nachdem vorher der Beschluss gefallen war, "kam mein Antrag gar nicht zur Abstimmung", schreibt Hauck den FN. Ein Vorgang, der ihn sehr verärgert habe.

Kein "wirklicher Antrag"

Bürgermeister Kistner sagt, er hätte den Vorstoß des WBH-Gemeinderates nicht als "wirklichen Antrag" eingestuft. Außerdem: Die Entscheidung, die Weide entfernen zu lassen, sei im November mit sechs zu zwei Stimmen gefallen. Alle Vorbereitungen waren deshalb getroffen, der Hubsteiger bestellt.

Das Thema habe in der vergangenen Woche auch nicht auf der Tagesordnung gestanden, die Zielrichtung lautete vielmehr: "Was pflanzen wir?" Eine etwas größere Linde soll es nun werden, die der Lions-Club Cadolzburg mitfinanziert.

Den Baum kappen

Nur ein Baum – für Hauck mit Blick auf den Kampf gegen den Klimawandel ein Unding. Er glaubt zudem, dass von einer auf zwei oder drei Metern gekappten Weide keine Gefahr mehr ausgegangen wäre. Den Fällungsbeschluss hätte der Ausschuss ja zurücknehmen können.

Für Marco Kistner stellte Haucks Vorschlag jedoch keine echte Alternative dar. Eine "Kopfweide", meint der Bürgermeister, sorge nicht für einen ausreichenden Schattenwurf. In Sachen Weide habe die Gemeinde außerdem zuvor sehr viel unternommen: starker Rückschnitt, Erhöhung der Inspektionsintervalle. Trotzdem kam es zu den besagten Vorfällen.

Klimaschutz und mehr

Doch warum ersetzen den Altbaum jetzt nicht drei neue Exemplare? Im Sommer 2019 hatte der Gemeinderat schließlich einstimmig festgelegt, bei sämtlichen Beschlüssen die Auswirkungen bezüglich der globalen Erwärmung künftig mit sehr hoher Priorität zu berücksichtigen. Die CSU hatte damals den Antrag der WBH sogar noch ergänzt. Man solle neben dem Klimaschutz auch "weitere umweltrelevante Auswirkungen" bedenken, hieß es.

Im Fall des Dorfplatzes, das sagt jetzt der Bürgermeister, sei "die ökologische Schiene auch wichtig, aber nicht der einzige Punkt". Zu berücksichtigen sind beispielsweise die Bedürfnisse des Zenngrundorchesters, das beim Summerend Open Air Platz für sein Zelt braucht. Sicherheitsabstände seien dabei einzuhalten. Und auch die von den Kindern geschätzte Rutsche soll bleiben.

Thema Ersatzpflanzungen im Gemeinderat

Beendet ist das Kapitel damit aber nicht: Auf Antrag der SPD soll sich der Gemeinderat erneut mit dem Dorfplatz befassen: Drei Silberlinden sollen dort als Ersatz für die Weide gepflanzt werden.

Schließlich, schreibt Jörg Lehnberger, bestehe bei den Fachleuten Einigkeit darüber, dass die ökologische Wertigkeit eines alten Baumes durch die Neupflanzung eines Jungbaumes nicht ausgeglichen wird. Auf die Entscheidung darf man gespannt sein.

3 Kommentare