Vom Schmuckstück zum Schandfleck

7.11.2013, 22:00 Uhr
Vom Schmuckstück zum Schandfleck

© Hans-Joachim Winckler

Mit dem Freilegen der Fachwerkfassade hat der Altstadtverein 1979 eine seiner ersten Duftmarken gesetzt. Inzwischen trägt das am Gebäude angebrachte Vereinslogo kaum noch zum Renommee der Altbaulobby bei. Vereinschef Thomas Werner ist zutiefst unglücklich: Alle Bemühungen, die längst fällige Sanierung auf den Weg zu bringen, sind an der Kostenhürde gescheitert.

Dabei hatte der Verein über seine Architekten sogar ein fertiges Nutzungskonzept ausgearbeitet und Zuschüsse in Aussicht gestellt, wie er sie 1998 schon zur Renovierung des Nachbarhauses gewährt hatte. Verbittert bekennt auch Stadtheimatpfleger Alexander Mayer, dass sein wiederholter Einsatz für das prominente Baudenkmal vergeblich war. Dabei wäre es seiner Ansicht nach Sache der Stadtverwaltung, den Eigentümer in die Pflicht zu nehmen, nachdem an der Bushaltestelle bereits Ziegel vom Dach herabgefallen seien.

Doch die neue Leiterin der städtischen Gebäudewirtschaft, Christine Lippert, schränkt ein: Bei einem Ortstermin habe man keine sicherheitsgefährdenden Zustände entdecken können und „zum Aufhübschen“ könne die Behörde Hauseigentümer nun mal nicht zwingen. Lippert: „Wenn die Hausbesitzer nicht wollen, können wir wenig tun.“ Lediglich die zerbrochenen Fenster müssen nun zur Unfallverhütung repariert werden.

Weil der Schandfleck jedoch eine städtebaulich prominente Stelle beansprucht, will sich die Amtsleiterin noch nicht geschlagen geben. Auch Kamran Salimi, Vorsitzender des Vereins „Wir sind Fürth“, sieht den Verfall mit Missbehagen und möchte an die Eigentümer herantreten.

Brauerei-Projekt

Eine interessante Nutzungsmöglichkeit hatte dabei der Fürther Herbert Galster bereits vor einiger Zeit entwickelt. Er wollte in dem mit altem Braurecht belegten Baudenkmal eine Privatbrauerei etablieren. Nachdem die Eigentümer auf seinen Vorschlag jedoch nicht eingegangen sind, hat er sich nach anderen Objekten umgesehen. Fündig geworden ist er — durch einen Artikel in den FN darauf aufmerksam gemacht — im ehemaligen, seit Jahren leerstehenden Gasthaus „Wolfsschlucht“ nahe der Billinganlage. Gemeinsam mit zwei Brauexperten, einem Historiker und einem Geschäftsmann arbeitet er nun am Aufbau einer sogenannten Stillen Beteiligungsgesellschaft. Sie ist nötig, damit sich Bürger mit Beträgen ab 50 Euro an dem Projekt „Schlucht-Bräu“ beteiligen können.

Altstadtvereinschef Werner bedauert es sehr, dass die Brauerei-Idee am Marktplatz keine Resonanz gefunden hat. Dabei hätte er sich eine ergänzende Nutzung der oberen Etagen für Studentenwohnungen gut vorstellen können. Auch die Eigentümer sind auf Anfrage der Fürther Nachrichten über den Verfall alles andere als glücklich. Sie räumen ein, dass sie die Renovierung allein nicht stemmen können und hoffen, dass sich doch noch ein Kaufinteressent findet.

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